Kritik – Seite 6 – Jazzclub Biberach e.V.

25.09.2020: Cornelius Claudio Kreusch

Begeisterung trotz Distanz mit reduziertem Publikum im Jazzkeller

Saisonauftakt macht Hoffnung und gibt neuen Mut

BIBERACH – Nach einleitenden Dankesworten des Künstlers für den Mut von Veranstalter und Publikum, nach der langen pandemiebedingten Auszeit im Rahmen des vom Land Baden-Württemberg geförderten „Kultursommer 2020“ wieder den kulturellen Neueinstieg zu wagen, vorsichtig und unter verantwortungsvoller Beachtung eines aufwändigen Hygienekonzeptes wieder aus dem „social distancing“ hervorzukriechen und in die unverzichtbare Präsenzkultur zurückzukehren, begann das erste Konzert des Jazzclubs seit Anfang März mit dem Finalisten des ersten internationalen Biberacher Jazzpreises 1990, dem international renommierten Münchner Ausnahmepianisten und Weltbürger Cornelius Claudio Kreusch.

Nicht wie angekündigt mit einem Paukenschlag sondern mit einem nachdenklich und verhalten, ja fast zögerlich auftretenden, feinfühlig modellierten Thema, charaktervoll und gestaltkräftig in einer freien Improvisation verarbeitet, eröffnete Cornelius Claudio Kreusch einen Parforceritt durch ein breites stilistisches Spektrum von Jazz und Weltmusik. Unter dem Motto „Heart & Soul“ entfaltete sich in der entspannten, stimmungsvollen Wohnzimmeratmosphäre des auf Teelichtstärke verdunkelten Jazzkellers mit zunehmender Dynamik ein intensiver Kommunikationsprozess zwischen Künstler und Publikum. Wie durch eine lebensrettende Bluttransfusion bekam das bleiche Gespenst der musikalischen Live-Kultur dank des kraftvollen Lebenssaftes des sprühenden Münchner Energiebündels CCK wieder Farbe und Substanz und begann hoffnungsvoll zu pulsieren. Und auch umgekehrt schien die begeisterte Publikumsreaktion den Künstler sichtlich zu stimulieren. Durch seine spontanen Anmoderationen gelang es ihm, unterstützt durch die räumliche Nähe, ein durch sein Spiel vermitteltes Urvertrauen aufzubauen und so einen direkten Kanal zum Innersten seiner Zuhörer zu legen. Diese schienen befreit aufzuatmen und wie ein Schwamm das lange Vermisste aufzusaugen.

Dabei machte es Cornelius Claudio Kreusch seinen Zuhörern durchaus nicht leicht. Seinen unnachahmlichen Personalstil zu fassen, die komplexen, oft auch von Brüchen durchzogene Strukturen zu verfolgen, das Nebeneinander hochvirtuoser Passagen, die auch den geübten Zuhörer schwindlig werden lassen und solchen Stellen, die in ihrer schlichten Eindringlichkeit unmittelbar überzeugen, erfordert permanente Aufmerksamkeit. Andererseits wirken gerade dadurch seine abwechslungsreichen Kompositionen wie ein Fitnessprogramm für das musikalische Erleben, wie eine Frischzellenkur für die ausgedörrten Seelen. Und genau das funktioniert eben nur im lebendigen Miteinander. That’s live, that’s Jazz.

Wer im „Ping Pong Finale“ des ersten Sets schmunzelnd die ins Flügelinnere gelegten Tischtennisbälle unter den synkopierten Akzenten emporspringen sah oder deren charakteristisches Murmeln unter tremolierenden Pianissimo-Akkorden vernommen hat, fühlte sich unvermittelt in die Jugendjahre des genialen Pianisten zurückversetzt, in die Zeit in der das Stück entstand. Einer Zeit in der die Freiheiten des Jazz noch mit jugendlicher Unbekümmertheit einhergingen, unter dem Stichwort „Aleatorik“ experimentierfreudig eine Zufallsmusik in der Tradition eines John Cage generierten und durch die Verwendung der runden Plastikbällchen nach dem Zufallsprinzip (lat. alea = Würfel) eine musikalische Quadratur des Kreises bewirken sollten. Kreusch hat, neben den sich übereinander türmenden, klangmächtigen Akkorden und den rasanten, mitunter aberwitzig virtuosen Sechzehntelketten, sich eben jene spielerische Frische und Spontaneität bewahrt, welche einer überbordenden Dramatik und Schwere ihren Platz zuweist und damit den gereiften Musiker auszeichnet.

In diese Kategorie fielen auch Stücke wie „Funky Monkey“ aus dem zweiten Set, in denen sich Kreusch unter dem Motto „Here & Now“ in witziger Analogie auf allseits bekannte Standards, wie etwa auf den „Pink Panther“ von Henry Mancini, bezog. Die charakteristischen Quintparallen mit ihrem auftaktigen Beginn und die aus tiefer Lage chromatisch ansteigende Basslinie waren gerade noch erkennbar, jedoch verdichtet, überzeichnet, parodiert und karikiert. Der ursprüngliche Swingcharakter blitzte innerhalb der kraftvoll zupackenden Funky-Rhythmen in einzelnen Improvisationsschnipseln immer wieder durch, gelegentliche Walkingbässe taten ein Übriges zur augenzwinkernden Spielfreude. Der Saisonauftakt des Jazzclubs hielt angesichts dieser ästhetischen Urgewalt nicht nur was er versprach, er setzte einen neuen Höhepunkt in einer schwierigen Zeit und machte Hoffnung und gab neuen Mut.

Text und Fotos: H. Schönecker

06.03.2020: Torsten Zwingenberger Berlin 21

BERLIN 21 trifft auf begeistertes Biberacher Publikum

BIBERACH – Die Triobesetzung von Torsten Zwingenbergers Dreamteam BERLIN 21, angetreten mit vollem Einsatz und voller Energie traf beim Freitagskonzert des Jazzclubs auf ein erwartungsvolles und schnell auch voll begeistertes Publikum im vollbesetzten Jazzkeller. Zwingenberger zeigte sich beeindruckt von der stattlichen Publikumskulisse und bedankte sich in seinen einführenden Worten beim „todesmutigen“ Biberacher Publikum für das, in Coronazeiten nicht unbedingt selbstverständliche, überaus zahlreiche Erscheinen. Der veranstaltende Jazzclub hatte am Eingang auf Empfehlung der LIVEKOMM einen Aushang mit Verhaltens- und Warnhinweisen des Robert-Koch-Institutes angebracht, die auch brav befolgt wurden.

Nach einem gefälligen Opener im Easy-Listening-Stil des Pop- oder Smooth-Jazz ging das Trio in gelöster Stimmung mit Vehemenz zur Sache. Mit Ausnahme der Zugabe gab es im gesamten Programm nur Eigenkompositionen der drei Musiker zu hören. Gleichwohl war die stilistische Vielfalt enorm. Programmatische Aspekte darstellender Musik, wie eine anfahrende Dampflokomotive (Bright Ride) oder die faszinierende Klangwelt der afrikanischen Savanne – in einer fast 20minütigen „symphonischen Dichtung“ eingefangen (Nice Day) – standen neben vertrackten Rhythmen in ungewohnten Taktarten oder plastischen Melodien mit intensiver Ausdruckskraft. Solistische Exerzitien in stupender Technik und höchster Virtuosität standen neben dichten, strukturell vielschichtigen Abschnitten voller Leidenschaft und emotionaler Eindringlichkeit. Den Spagat stilistischer Brückenschläge zwischen Nordmazedonien und Südostafrika (Zimbaterranean) oder Ausflüge in die Karibik (Povo Nuovo), in den Klezmer oder nach Hinteranatolien bewältigte das bestens eingespielte Trio mühelos und ohne hörbare Nahtstellen. Die Spielfreude aller Musiker war mit Händen zu greifen.

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14.02.2020: Cathy Rocco featuring Patrick Bianco

Swingender Mainstream lockt viele Fans in den Biberacher Jazzkeller

New Yorker Jazzikone Cathy Rocco hält nur ein Set durch

BIBERACH – Zum Ende ihrer Europatournee lockte die renommierte US-Sängerin Cathy Rocco mit ihrer international besetzten Begleitband um den italienisch-schweizerischen Altsaxophonisten Patrick Bianco, den Pariser Pianisten Vincent Bourgeyx und den beiden Österreichern Bernd Reiter, als Organisator der Tour am Schlagzeug und dem Wiener Philipp Zarfl als neuer Stern am Kontrabasshimmel zahlreiche Gäste zum Freitagskonzert des Jazzclubs.

Nach einem fulminanten ersten Set mit eindrucksvollen Interpretationen berühmter Songs von Nat „Cannonball“ Adderley und aus dem Great American Songbook musste die Band jedoch zeigen, dass sie auch ohne ihre agile Frontfrau bestehen kann.

Für die kreativen Arrangements der Songs zeichnete der mitgereiste Ehemann und Manager der Künstlerin, Joseph Donofrio, verantwortlich. Eigens für die Tournee auf die spezifische Bandbesetzung eingerichtet, hieß das für die Musiker zunächst einmal ganz präzise nach Noten zu spielen, synchrone Breaks und rasende Unisonoketten, überraschende Einschübe und Brüche in der ursprünglichen Formarchitektur, verfremdete Harmonien und vertrackte Rhythmen in schnellem Wechsel zu meistern. Umso befreiter konnten sie dafür in ihren Improvisationen aufspielen. Der Freiraum hierfür war großzügig bemessen und es spricht für die Professionalität der Musiker, dass sie diesen mit prallem, intensivem Leben erfüllten.

Als Primus inter Pares erwies sich dabei der die aktuelle Pariser Jazzszene eindrucksvoll vertretende Vincent Bourgeyx. Der erste Student, der mit dem Preis des Billboard Magazins ausgezeichnet wurde, lebte lange Zeit in den USA und in Japan. Auf allen namhaften Festivals präsent, musizierte er mit vielen Jazzgrößen, unterrichtete am Koyo Konservatorium in Kobe, Japan, komponiert Filmmusik und lebt seit einigen Jahren wieder im alten Europa, wo er die Pariser Jazzszene aufmischt. Bourgeyx, neben dem modernen Swing auch vernehmlich durch den russischen Komponisten Skriabin inspiriert, lieferte trotz einer starken Erkältung fast schon beiläufig atemberaubende Soloeinlagen in geradezu kosmischen Dimensionen. Überaus abwechslungsreiche Einfälle, glasklare, perlende Tongirlanden, mächtige Akkordtürme in stimulierenden Synkopenrhythmen, im Wechsel mit einer hochsensiblen Begleitung und prägnanten Unisonopassagen boten swingenden Mainstream vom Allerfeinsten.

Der gefeaturete Altsaxophonist Patrick Bianco lieferte vor allem im zweiten Set, nachdem die Frontfrau erkältungsbedingt bedauerlicherweise aufgeben musste, seine Meisterstücke ab. Mit zwei Eigenkompositionen, „Samba de Colores“ und „In front and behind the horizont“ zauberte er nicht nur beseelte Melodien sondern blies auch einen frischen Wind zwischen die, ob des Ausfalls der Sängerin betrübten Zuhörer. Cathy Rocco, deren Großvater – wie sie in ihrer Anmoderation verriet – aus Köln am Rhein stammt, hatte noch zum Ende des ersten Sets mit einer gegen den Strich gebürsteten Version des Standards „Autumn leaves“ von Johnny Mercer einen Meilenstein gesetzt. Außer dem Text und einigen wenigen charakteristischen Motivsprengseln sowie, wenigstens innerhalb der verbliebenen Versatzstücke, originalen aber doch gehörig substituierten Harmoniefolgen blieb dabei kein Stein auf dem anderen. Das war wahrlich keine verklärte Vergangenheit sondern gelebte Gegenwart, wieder erstanden aus Ruinen. Der altüberkommene Titel wurde so zum Humus für das Neue, welches auf dem fruchtbaren Boden glänzend gedieh. Umso trauriger, dass nach diesem Highlight die Stimme der Sängerin nicht mehr mitmachen wollte.

In einer launigen Ansprache warf der Organisator der Tour und quirlige Drummer Bernd Reiter nach ihrem Ausfall das Ruder herum und leitete in einen spontanen, vielleicht etwas blueslastigen zweiten Teil über. Mit viel Platz für Solo-Improvisationen, hier kam auch der Wiener Bassist Philipp Zarfl zu seinen Meriten, zeigten die vier Musiker nach einem rund zweieinhalbstündigen Programm, nicht zuletzt auch noch mit einer Zugabe über „Mercy, mercy, mercy“ von Joe Zawinul, dass Spontaneität im Jazz noch immer die Hauptsache ist.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

07.02.2020: Miles & More

Zum Auftritt der Local Heroes von „Miles & More“ im Jazzkeller gibt es leider keinen Pressenachbericht zum Hörgenuss des Abends. Aber Wolfgang Volz hat mit seiner Kamera die Atmosphäre bestens eingefangen:

02.02.2020: Hardt Stompers | Jazz-Frühschoppen

Hardt Stompers erfinden neue Band-App

Wohlfühlatmosphäre im Biberacher Dixieland

BIBERACH – Die traditionellen Jazzstile nehmen bei den Jazzbibern traditionell keinen sehr breiten Raum ein. Umso erfreulicher ist es, dass der meist etwas älteren Fangemeinde mit dem Jazz-Frühschoppen zum Auftakt des Veranstaltungsjahres im stimmungsvollen Ambiente des Jazzkellers doch ein Event der Spitzenklasse aus diesem Genre geboten wird. Mit den „Hardt Stompers“ hat eine über die Landesgrenzen hinaus bekannte New Orleans Jazzband im 40. Jahr ihres Bestehens in runderneuerter Besetzung jetzt ihre Biberach-Premiere gegeben und den Jazzkeller in ein Dixieland verwandelt.

Bei einem Sektfrühstück, bei Brezeln, Weißwurst und Weißbier konnten die Gäste zweieinhalb Stunden lang gediegenem Jazz aus der alten Schule lauschen, über die launigen Moderationen und Witze des singenden Trompeters Günter Friedhelm schmunzeln oder auch mal herzhaft lachen und sie konnten tatsächlich auch manch Neues über die alte Musik erfahren. In der klassischen Musik erscheint es den meisten Hörern völlig selbstverständlich, dass die alten Stücke mit jeder Neuinterpretation auch immer wieder neu erstehen und aus der Gegenwart heraus neu gedeutet werden. Viele der größten Komponisten, allen voran Bach, Mozart und Beethoven, waren bekannt und wurden von ihren Zeitgenossen bewundert und geschätzt als große Improvisatoren. Nicht zuletzt deshalb gilt selbst im Bereich der klassischen Musik der Begriff sklavischer Werktreue längst als entsorgt.

Umso erfreulicher ist es daher, wenn sich auch im Bereich der weitgehend improvisierten Jazzmusik die Traditionen nicht verhärten und bloße Coverversionen die Vergangenheit einfrieren und verklären wollen. Da wo Formabläufe, Melodien und Harmoniefolgen nur lockere Anhaltspunkte liefern und selbst Texte nicht mehr sakrosankt sind, da beginnt auch die alte Musik zu leben und neue Frische auszustrahlen. Was Wunder, wenn die Hardt Stompers aus diesem Geist heraus etwa den Oldie über „Alexanders Ragtimeband“ in „Alexanders Band App Song“ verwandeln und in einer brillanten Transkription mit witzigen und zeitgemäßen, mitunter gar zeitkritischen Texten versehen. Angesichts solcher Innovationen darf man auch auf die im Jubiläumsjahr entstehende vierte CD gespannt sein.

Die sechs Pfundskerle aus dem ganzen Ländle scheuten auch nicht davor zurück, karibisches Flair in ihre Cocktails zu mixen oder im Stile einer mexikanischen Mariachi-Band mit „Mama Inez“ über „Antibes“ und „Trinidad“ nach „Panama“ zu tanzen. Die Improvisationen klangen dabei immer spontan und authentisch und selbst die virtuoseren Soli – vor allem in der überaus agilen Holzbläserabteilung des Heidelbergers Manfred Schütt – wirkten immer organisch, niemals aufgesetzt oder als bloß äußerliche Zutat zum Selbstzweck eingesetzt. Die raue Kratzstimme und das expressive Trompetenspiel von Louis Armstrong wirkten in der Verkörperung durch Günter Friedhelm verblüffend echt, Wolfgang Schenk entlockte seiner Posaune selbst in der Sopranlage noch samtweiche Töne. Bedenken, dass aufgrund rasend schneller Passagen der Zug heiß laufen könnte, erwiesen sich als grundlos. Im fliegenden Wechsel zwischen Kontrabass und Tuba fand Karl-Otto Schmidt immer den richtigen Groove. Dabei wurde er trefflich unterstützt durch den stilsicher singenden und swingenden Peter Maisenbacher an Banjo oder Gitarre sowie durch den, keinem musikalischen Spaß abgeneigten Drummer Frank Richling. Nachdem keine Weißwurst das Konzertende überlebte, ging nach dem Zugaben-Set die Veranstaltung für viele der zufriedenen Besucher nahtlos in den Nachmittagskaffee über.

Text und Fotos: H. Schönecker

31.01.2020: Jakob Manz Project

Umjubelte Jazzpreisträger geben spektakuläres Konzert

Das „Jakob Manz Project“ entfesselt gewaltige Leidenschaften.

BIBERACH – Fast zwei Jahre dauerte es, bis es dem Planungsteam des Jazzclubs endlich gelang, die viel gefragte Siegerformation des internationalen Biberacher Jazzpreises 2018 auf die Bühne des Jazzkellers zu bekommen. Dicht gedrängt und voller Erwartung harrten Besucher aus nah und fern auf das „Saxophon-Wunderkind“, dem es damals bei starker Konkurrenz gelungen war, mit seinen zarten 16 Jahren sowohl den 1. Preis als auch den Publikumspreis abzuräumen.

Erkennbar gereift und mit noch größerem Ideenreichtum aber mit derselben jugendlichen Kraft und Leidenschaft ging das Quartett beherzt zur Sache. Nach dem fulminanten Opener folgten Schlag auf Schlag vielgestaltige und eindrucksvolle Eigenkompositionen vor allem vom Pianisten Hannes Stollsteimer und vom vielfach preisgekrönten Bandleader Jakob Manz.

Titel wie „Captan Kan“, „Arabian Islands“ oder „Eyes Up“ sorgten in ihrer musikalischen Gegensätzlichkeit für Abwechslungsreichtum und Spannung. Trotz ihrer strukturellen Dichte kam die Expressivität dabei nicht zu kurz, trotz knackiger Beats und dichten, hochdifferenzierten Rhythmen vom Schlagzeug (Paul Albrecht) traten immer wieder auch sensible und transparente Abschnitte auf und trotz aller Virtuosität und beherzt zupackender Dynamik kamen auch die lyrischen Aspekte zu ihrem Recht. Trotz aller Ernsthaftigkeit kam auch der Humor, wie etwa in „Maltes Mops“, keinesfalls zu kurz.

Die einzige Coverversion des Abends war Herbie Hancocks „Watermelon Man“ vor der Pause – trotz erheblicher Verfremdung von einem kundigen Gast erkannt – und es spricht für die hohe Qualität der Eigenkompositionen, dass diese daneben keinesfalls blass aussahen. Nach zweieinhalb Jahren Bandgeschichte des „Jakob Manz Project“ wird in den nächsten Wochen die erste eigene CD produziert und im Juli in einem Releasekonzert im Stuttgarter Jazzclub BIX vorgestellt. Einen ersten Vorgeschmack darauf konnte das immer wieder in lange Beifallsstürme ausbrechende Biberacher Publikum bei diesem Konzert exklusiv erleben.

Einen ganz besonders nachhaltigen Eindruck hinterließ eine frühe Komposition von Jakob Manz. In seiner Anmoderation gestand er, anlässlich seiner damals vom Onkel spendierten Konfirmationsreise von Dettingen nach Frankfurt am Main erstmals in Kontakt mit einer großen Anzahl von Obdachlosen im und vor dem Bahnhofsgebäude geraten zu sein. Unter dem Eindruck dieser deprimierenden, ja schockierenden Erfahrung entstand mit „Desperation & Hope“ eine pittoreske Komposition mit programmatischen und darstellerischen Elementen, die buchstäblich unter die Haut ging und in ihrer Eindringlichkeit betroffen machte.

Wie vulkanische Eruptionen erklangen danach weitere Titel über „Bombylius“ aus der Gattung der „Wollschweber“ (vom Bassisten Frieder Klein am 6saitigen E-Bass), „Thunderbird“, „Zap Z“ oder „Fug Light“ bevor eine wunderbare Zugabe „How High Is The Sky“ den Abend in weiten Spannungsbögen und dem Hauch unendlicher Weiten beseelt ausklingen ließ.

Text und Fotos: H. Schönecker