Jazzclub Biberach e.V.

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Der Biberacher Jazzpreis ist ein international ausgeschriebener Preis für den Jazznachwuchs.

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Im Archiv finden Sie Ankündigungen und Kritiken von fast allen Konzerten seit der Jahrtausendwende.

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Duo Gehring / Klüglich

Am 16.06.2023 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung
In einem abwechslungsreichen Konzertabend erkunden die Stuttgarter Sängerin Juliane Gehring (zumindest Schwäbin) und der in Biberach aufgewachsene Pianist David Klüglich (mit original Wieland-Gymnasium-Abschluss) das musikalische Spannungsfeld zwischen Heimat und Fremde, Tradition und Moderne. Ob ihre Melodien nun aus heimischen oder fernen Volksweisen stammen, sich in unter den Jazz-Standards finden lassen oder direkt in den Köpfen der beiden Musiker entstehen: in jedem Fall sind sie abwechslungsreich und stimmungsvoll arrangiert, mit einer ganz speziellen Mischung aus Jazz, Klassik, Weltmusik und viel eigenem Charakter. Raum für Improvisation, Humor und ein frischer Blick auf die Musik versprechen dem Publikum einen spannenden Hörgenuss, bei dem Liebhaber unterschiedlichster Musikrichtungen auf ihre Kosten kommen.

Juliane Gehring (voc)
David Klüglich (p)

28.04.2023: Steffen Dietze

„Nocturne“ oder die „Ode an das Alleinsein“

Steffen Dietze – Piano Solo: Hallo Heimat – Hallo Jazz!

BIBERACH – Die während des Lockdowns entstandene und bei RoGo Music verlegte CD „Nocturne“ des Biberacher Pianisten und Multitalents Steffen Dietze nahm in einer Live-Präsentation den größten Teil des ersten Sets seines Solokonzertes beim Jazzclub Biberach im Rahmen der Konzertreihe zu den baden-württembergischen Heimattagen ein. Nach einer einleitenden, innigen Hommage an seine anwesende Frau entführte ein längeres Medley mit tiefsinnigen Titeln aus dieser jüngsten CD mit mehr oder weniger schönen Träumen, Albträumen und Nachtgedanken aller Art in eine ebenso facettenreiche wie hoch individualisierte Klangwelt. Eine Welt, in der das Alleinsein nicht gleichbedeutend mit einsam sein muss. Eine Welt, in der Alleinsein vor allem mit „bei sich selbst sein“ umschrieben ist.

Schwebende, impressionistische Passagen wechselten mit kernigen Bassfiguren, Akkordbrechungen und Arpeggien mit kurzen Melodiefloskeln, kurzen Fill-ins und rhythmisierten Voicings.  Immer wieder entfalteten sich auch gestaltkräftige Melodielinien, charakteristische Formabläufe wurden deutlich und strukturierten die vielschichtigen, oft aphoristischen Ideen des Komponisten. Besonders in den eher melancholisch entrückten Abschnitten ließ sich, nach Aussage einiger Besucher, die stressige Arbeitswoche entspannt zurückgelehnt optimal ausklingen. Viele der andächtig lauschenden Besucherinnen und Besucher taten dies auch mit geschlossenen Augen, was sie aber nicht davon abhielt, zwischen den Stücken lang anhaltenden Beifall zu spenden. Nach einem eher zupackenden „Blues für Rolf“, demselben auch zugeeignet, gab es eigens für die erst wenige Wochen alte und beim Konzert ebenfalls anwesende Enkeltochter, eine neue, liebevoll ausgestaltete Komposition mit dem Titel „Sophie“ zu hören. Für besonders empfindliche Ohren leicht getrübt durch den leider nicht ganz sauber gestimmten Kawaiflügel.

Kompositionen aus Dietzes erster CD “Tangram”, neben dem Titelsong besonders eindrucksvoll auch die Nummer „Rush Hour“, gab es im zweiten Set außerdem noch eine Reihe von Coverversionen zu hören. Im Pop oder im Laienbereich erklingen Coverversionen meist als wenig eigenständige Imitationen des Originals mit denen der Nachahmer ein Stück vom großen Kuchen abhaben möchte. „Moonriver” von Henry Mancini, „Love is a losing game“ von Amy Winehouse oder auch „My Valentine“ von Paul McCartney waren bei Dietze aber ganz jazztypisch nur die Ideenlieferanten für eigene kreative Exerzitien, stimmungsvolle Aphorismen, Motivbausteine oder strukturierende Akkordfolgen für eigenständige Improvisationen.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

Isolde Werner’s Free Folk – Nachholtermin

Am 23.06.2023 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach
(c/o Bruno-Frey-Musikschule, Wielandstraße 27, 88400 Biberach an der Riß)

Beschreibung
Nachholtermin für das am 17. März krankheitsbedingt ausgefallene Konzert!

In ihrem im Herbst 2017 gegründeten Projekt vereint die mittlerweile in Ulm lebende Sängerin und Gitarristin aus der Region alles, was ihr thematisch als Musikerin wichtig ist: da ist zum einen die Lust an der freien Improvisation, dem „Creative Playing“, das zusätzliche Räume öffnet für spielerische Interaktion, zum anderen die Liebe und der besondere Bezug zu alten Folksongs und schönen Jazz-Tunes, die sie zeitgenössisch unkonventionell arrangiert und in Teilen auskomponiert hat. Beides wird mit einer starken Band bestehend aus dem amerikanischen Bill Elgart sowie den beiden Stuttgartern Karoline Höfler, Kontrabass und Günter Weiss, E-Gitarre, auf das Spannendste miteinander verwoben. Schon mehrfach im Biberacher Jazzclub mit Konzerten und Workshops vertreten, dürfte es besonders spannend sein, ihre stilistische Entwicklung seit den Anfängen im „Two Star Orchestra“ Ende der 1980er-Jahre zu verfolgen.

21.04.2023: Jochen Feucht Quartett

Jochen Feucht Quartett trifft Publikumsgeschmack

Empfindsame Weltmusik abseits „kultureller Aneignung“

BIBERACH – Die Erfolgsserie der Biberacher Jazzkonzerte im Rahmen der diesjährigen Heimattage Baden-Württemberg setzte sich mit dem begeisternden Auftritt des Jochen Feucht Quartetts im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschule ungebrochen fort. Das für feinsinnigen und unterhaltsamen modernen Kammerjazz gefeierte Trio um den in Biberach geborenen und aufgewachsenen Saxofonisten und Komponisten Jochen Feucht trat dabei erstmals zusammen mit einem Perkussionisten, dem international gefragten Hans Fickelscher aus Stuttgart, auf. Unterhaltsam gestaltete sich der Abend auch durch die entspannte Moderation und gelegentliche Anekdoten des Bandleaders aus seinen Biberacher Jugendjahren.

So erinnerte sich Jochen Feucht dankbar an den damaligen Direktor der Musikschule Peter Marx, der ihm vertrauensvoll einen Schlüssel zu den Bandproberäumen im damals noch auf dem Nachbargrundstück zur alten Musikschule stehenden „Weißen Haus“ aushändigte, obwohl er selbst gar nicht an der Musikschule unterrichtet wurde. Dies ermöglichte ihm erst – anders als dies in seinem begrenzten Zuhause möglich war – stundenlanges, ungestörtes Üben und legte damit die Basis für das spätere Musikstudium und eine steile Karriere als Komponist und Jazzmusiker.

Überwiegend mit den Eigenkompositionen seiner letzten CD „Light Play“, durch die erweiterte Percussion gewissermaßen ausgemalt und auf Hochglanz poliert, durchstieß das Quartett problemlos die Komfortzonen der Zuhörer und erreichte unmittelbar deren Innerstes. Harmonie und Ausgeglichenheit des Feng Shui, vielleicht auch der fernöstlichen Herkunft von Feuchts Ehefrau geschuldet, manifestierten sich in der, den Grenzen von Raum und Zeit enthobenen schwebenden Leichtigkeit, dem „Light Play“ seiner Musik. Die schwebenden Klänge von Dizzy Krischs Vibraphon, die Schwebungen der Doppelsaiten der 12saitigen Akustikgitarre von Günter Weiss, die schwebenden Cymbel- und Glöckchenklänge aber auch der Einsatz einer flaschenförmigen, variantenreich und volltönenden UDU- oder IBO-Drum sowie weiteren Instrumenten aus der afrikanischen Trommeltradition, erweiterten das traditionelle westliche Klangspektrum in Richtung einer offenen, dabei die Tradition und Würde des Originals achtenden und einbeziehenden „Weltmusik“, die selbstverständlich in keinster Weise mit „kultureller Aneignung“ zu tun hat. Hier trifft sich die „Weltmusik“ auch mit dem Jazz, dessen Kern ja in der Adaption unterschiedlicher Stile und deren individualisierter und vor allem improvisierter künstlerischen Umsetzung und Wiedergeburt besteht.

Wie weit der künstlerische Horizont sich mit und durch Jochen Feuchts Musik erweitert, wird exemplarisch an den Titeln „Mimas“ und „Gold Sun“ deutlich. Der innerste Saturnmond, benannt nach dem griechischen Giganten „Mimas“, ist ein graublauer Eismond mit einer Durchschnittstemperatur von knapp -200 °C und kommt musikalisch ebenfalls sehr unterkühlt des Weges. Einige tausend Grad heißer ist die gerne mit den Farben Gelb und Gold assoziierte Sonne. Mit deren temperamentvollen musikalischen Umsetzung zum Finale des Konzertes wurde es auch dem Publikum deutlich wärmer, und es belohnte das Quartett mit nicht enden wollendem Applaus.

Text und Fotos: Helmut Schönecker