Jazzclub Biberach e.V.

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23.05.2025: Joo Kraus Quintett

Ausverkauftes Konzert des Joo Kraus Quintetts beim Biberacher Jazzclub

Fulminanter Höhepunkt der Frühjahrs-Konzertreihe

Wer das Glück hatte, noch ein Ticket für das Joo Kraus Quintett zu ergattern, wurde mit dem fulminanten Höhepunkt der Frühjahrs-Konzertreihe im Biberacher Jazzclub belohnt. Dem ausverkauften Haus wurde eine Bandbreite an Klängen und Musikstilen geboten, die man ohne Übertreibung einzigartig nennen darf. Die fünf mit allen musikalischen Wassern gewaschenen Vollblutjazzer übertrugen ihre unbändige Spielfreude auf das Jazzpublikum, welches aus dem Hören und Staunen nicht mehr herauskam. Wer Joo Kraus‘ variantenreichem Trompetenspiel und seinem groovigen Gesang lauscht, merkt recht bald, welches urgewaltige musikalische Potenzial sich hier seinen Weg bahnt. Garniert von launigen Ansagen führt Joo die Band durch ein musikalisches Kaleidoskop der Sonderklasse, egal ob sphärisch entrückt (Hurricane in My Livingroom), ausgelassen funky (Chaka Boom Tic Toc), oder dramatisch rockig (Back to Hell). Egal ob pur oder elektronisch bearbeitet, niemals aufdringlich oder entrückt, fein melodisch arrangiert, da war für jeden was dabei. Und wer meint, kontemporärer Jazz fordert komplizierte Akkordfolgen, wird bei „Hope“ eines Besseren belehrt. Auch einfache „Turn-Arounds“ bieten genügend Material zu feinster Improvisation. Die hört man, keinesfalls zu oft, von den herausragenden Bandmitgliedern, denen es ebenso gelingt, im Tutti einer Bigband das Wasser zu reichen. Neben Joo Kraus brillieren Ralf Schmid am Piano/E-Piano und Jo Ambros an der E-Gitarre. Beiden Ausnahmekünstlern gelingen neben der rhythmischen Basisarbeit ausdrucksstarke Soli, welche ihre instrumentale Kunst meisterhaft unterstreichen. Souverän bedient Veit Hübner den im Jazz wenig gehörten „Five-String-Kontrabass“ und erweitert sein Instrument damit gelegentlich in die hochtönende Soloklasse. Torsten Krill entlockt den Drums sowohl die leisen Nuancierungen als auch knackige Rock Beats. Doch alles überstrahlt Joo Kraus‘, auch mal digital verfremdet, Trompetenklang und Stimme, egal ob swingend gesungen oder im rasanten Scat. Reich an Ideen wird der Coversong „Smooth Operator“ durch seinen Sprechgesang zum Jazztitel geadelt. Herb Alpert widmet er im „Tijuana-Trumpet-Stil“ mit „Alpert Drive“ als Verbeugung vor seinem Vorbild und seinem Publikum die erste von zwei Zugaben. Mit dem ruhigen „Estate“ (ital. Sommer) entlässt er seine rundum begeisterten Zuhörer musikalisch in denselben.

Text: Günter Friedhelm
Fotos: Birgit Kiene

09.05.2025: Lukas Mohl Trio

Krachender Paukenschlag der jungen Jazz-Generation

Lukas Mohl Trio – Sternstunde des neuen Jazz

BIBERACH – Die Live-Präsentation der ersten CD „Speaking From The Heart“ des jungen Komponisten und Pianisten Lukas Mohl im Freitagskonzert des Biberacher Jazzclubs ging vor ausverkauftem Haus unmittelbar unter die Haut. Auch wenn die lokale Fangemeinde und angereiste Verwandtschaft des gebürtigen Untersulmetingers nicht mit Vorschusslorbeeren geizte, konnten die von Mohl mit einleitenden Worten erläuterten Stücke ästhetisch unmittelbar überzeugen. Bereits vor Abschluss seines Bachelor-Studiums in den Niederlanden schaffte es der aufstrebende junge Künstler mit seinem Album in die CD-Reihe „Next Generation“ des Magazins „JazzThing“ aufgenommen zu werden. Sein Weg führt ihn vom Gastspiel in der alten Heimat nun weiter zum Master-Studium nach Bern und wohl bald auch auf die Konzertbühnen der Welt.

Bezeichnenderweise ist sein ehemaliger Dozent für Komposition an der UdK im niederländischen Arnheim, Jasper Somsen, jetzt Mitglied von Mohls Klavier-Trio und spielt auf seinem Kontrabass mit sichtlicher Begeisterung die Kompositionen seines ehemaligen Schülers. Und die haben es durchaus in sich. Ein vielschichtiges Feuerwerk an Einfällen umschreibt das kreisende Suchen nach einer stimmigen Kernaussage. Natürlich lebt manches vom experimentellen Charakter oder dient der Klangerweiterung des Instrumentes (präparierte Klaviersaiten à la John Cage), was für den Jazz jedoch kein Nachteil sein muss. Die überwiegend von einer eher „fröhlichen“ Melancholie durchzogenen Stücke wirken oft impressionistisch, verträumt und nachdenklich, sind aber auch in den eher lyrisch-kontemplativen Teilen voller Leidenschaft und von einer mit Händen zu greifenden Spielfreude durchwirkt.

Den Zuschnitt seiner Stücke erklärte Mohl in Analogie zu einem Vortrag in freier Rede, der sich lediglich an einer Stichwortliste orientiert um nichts Wichtiges zu vergessen und in der Spur zu bleiben. Nach seinem Musikverständnis kennzeichnet eine abwechslungsreiche Mischung aus klar konturierten, auskomponierten Teilen und freieren Improvisationsteilen einen lebendigen Jazz, der auch und gerade in der Interaktion mit Mitmusikern und Publikum seine Spontanität und Überzeugungskraft gewinnt.

Der aus Südkorea stammende Schlagzeuger Min Won, seit Beginn seines Studiums in Freundschaft mit Lukas Mohl verbunden, prägte durch sein äußerst farbiges Schlagzeugspiel das kollektive Zusammenwirken in enger Verzahnung mit seinen Mitmusikern. Gekennzeichnet eher durch klangliche, tonmalerische und ungewöhnlich ausdrucksstarke Elemente in freier Rhythmik als durch vorgefertigte Standard-Patterns, wechselte er nahtlos zwischen hochsensibler Begleitung und feinsinnigen solistischen Einlagen. In Verzückung versunken schien er in einem eigenen Universum zu verweilen, quasi telepathisch mit einem gehörigen Maß an Empathie mit den Mitspielern verbunden.

In Mohls Stücken spiegeln sich in bester Tradition seine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen im Spannungsfeld zwischen der ländlichen Heimat und einer komplexen urbanen Erlebniswelt sinnfällig wider. In „Twilight Cruise“, der letzten Seefahrt eines Schiffes vor dem Abwracken, dominieren Melancholie und Retrospektive, in „The Soul At 3 A.M.“ umschreibt er das unablässige nächtliche Kreisen der Gedanken um eigentlich völlig nebensächliche Dinge des Alltags, die sich dadurch aber übermächtig in den Vordergrund drängen und einen vom Schlafen abhalten. Eine Reise zu den Eltern seines Schlagzeugers Min Won nach Südkorea und die dortige Speisenfolge inspirierten ihn zu dem völlig kontrastierenden Stück „Palate Cleanser“, zu Deutsch „Gaumenreiniger“. Dieser wird gerne zwischen den Hauptgängen gereicht und dient auch als Appetitanreger. Musikalisch wirkte das klanglich, dynamisch und strukturell völlig andersartige Stück als „Game Changer“, öffnete die Ohren, bot willkommene Ausblicke und Auswege aus der ansonsten eher tiefsinnig, melancholisch oder impressionistisch unbestimmten, schwebenden Charakteristik der Kompositionen. Mit dem Stück „Ouroboros“, dem altägyptischen Symbol einer Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt und damit den ewigen Kreislauf des Lebens symbolisiert, wendet sich das musikalische Geschehen danach aber gleich wieder den nachdenklichen, grüblerischen, suchenden Perspektiven der Musik zu. Das begeisterte Publikum schloss sich bereitwillig dem an und spürte wohl auch die Ernsthaftigkeit der ästhetischen Sinnsuche. Langanhaltender Applaus, eine Zugabe, ein glückselig und zufrieden wirkendes Lukas Mohl Trio und ebensolche Veranstalter beschlossen einen runden Konzertabend.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

Schwarz-Weiß-Galerie: Wolfgang Volz