Kritik – Seite 3 – Jazzclub Biberach e.V.

06.10.2023: Henning Dampel Trio

Henning Dampel Trio beim Biberacher Jazzherbst

Blendend aufgelegtes Piano-Trio im Jazzkeller

Im Rahmen des diesjährigen Biberacher Jazzherbsts bot sich die Gelegenheit, an zwei Tagen hintereinander bemerkenswerte Piano-Trios im Jazzclub Biberach zu hören. Den Auftakt machte am Freitag, den 6. Oktober, das Henning Dampel Trio im Biberacher Jazzkeller.

Drei blendend aufgelegte Musiker aus der näheren Region mit dem Bassisten Andreas Schnell aus Untersulmetingen, dem Drummer Bernward Schäfer aus Ochsenhausen und dem Pianisten Nils Henning Dampel aus Ulm unterhielten ihre Zuhörer mit variantenreichen Eigenkompositionen und – teils übermütig verfremdeten – Standards der Jazzliteratur. Und da wurden viele Erwartungen erfüllt; wollte man eine musikalische Reise begleiten, wurde man mit Salsa „Cuban Run“ und Bossa-Nova „Red Bossa“ nach Kuba und Brasilien entführt. Dazu hätte ein Caipirinha gepasst, um ihn zu elegisch atmosphärischen Kompositionen wie „Atmo“ oder „Relax“ in aller Ruhe zu genießen. Der folgende modern interpretierte Funk mischte sich mit Swing aus den 40ern zum „Happy Waltz“ im Dreiviertel-Takt mit balladenartigen Stücken wie „Left or Right“. Bemerkenswert die in präziser Zwiesprache in hochkomplexen Unisono-Passagen zwischen Piano und Bass gespielten Patterns, virtuos gespielt von Andreas Schnell auf dem wohltemperierten Violin-Bass. Amüsant am Rande war die Beobachtung seiner Bewegungen, für Bassisten eher ungewöhnlich, aber bezeichnend für den tänzerischen Drive dieser Truppe. Überzeugend auch das variantenreiche Spiel von Drummer Bernward Schäfer, der dem klassischen Drumset ohne Sticks mit seinen Slaps und Tips perkussive Congaklänge vom Feinsten zu entlocken weiß. Henning Dampel am Piano führte nicht nur amüsant durchs Programm, sondern vermochte mit seinen dynamisch und melodiös vorgetragenen Eigenkompositionen eine bunte Palette von zeitgemäßem Jazz in den Jazzkeller zu zaubern.

Der Abend endete mit begeistertem Applaus für die Band. Ein Wermutstropfen war die überschaubare Publikumsresonanz, das Trio hätte allemal einen besser gefüllten Jazzkeller verdient.

Text: Günter Friedhelm, Fotos: Wolfgang Volz

22.09.2023: Hardt Stompers

Traditioneller Saisonauftakt – Jazz und Heimat – Teil 2

Hardt Stompers in überschäumender Spiellaune

BIBERACH – Die Traditional Jazz Band aus dem Ländle, mit ihrem Bandleader, Conférencier, Trompeter und Sänger Günter Friedhelm aus Bad Schussenried bestritt den Saisonauftakt zum Herbstprogramm des Jazzclubs in allerbester Spiellaune. Obwohl das Konzert im Jazzkeller am ersten verregneten Herbsttag des Jahres nicht alle Fans aus der guten Stube locken konnte, tat dies der Stimmung keinen Abbruch. Die Gute-Laune-Musik aus den Anfängen der Jazzhistorie funktioniert offenkundig nicht nur im Festzelt, auf Partys oder beim Frühschoppen.

In seiner launigen Anmoderation, augenzwinkernd angereichert durch eine kabarettreife Gesellschaftskritik im Stile des „Derbleckens“ auf dem Nockherberg, rechtfertigte der Frontmann mit den bajuwarischen Wurzeln und der Louis Armstrong-Stimme die „kulturelle Aneignung“ des Jazz, der ja seit Jahren auch in Biberach eine neue Heimat gefunden hat. Der „kulturbürokratischen Auflage“ des „Ministeriums zur Vermeidung kultureller Aneignung“, nur noch einen „traditionellen“ Jazztitel im Konzert spielen zu dürfen, entging die Band listig durch eine Fülle von Zugaben.

Und tatsächlich fanden sich reihenweise Musiknummern aus den archaischen Anfängen des Jazz in den amerikanischen Südstaaten vor weit über hundert Jahren im Konzertprogramm der Hardt Stompers. Weiße, schwarze, kreolische, karibische Einflüsse in Ragtime, Blues, Dixieland oder Calypso flossen, ganz nach dem Vorbild der ursprünglichen Melange dessen, was eben heute Jazz heißt, organisch zu einer munter groovenden Wohlfühlmusik zusammen. Und tatsächlich entspricht genau dies auch den Intentionen der Jazz-Avantgarde unserer Zeit, vielleicht vom reinen Wohlgefühl abgesehen, welches eher in der Popmusik zuhause ist. Die improvisatorische Auseinandersetzung mit den vielfältigen Stilen und Erscheinungen der Gegenwart geht jedoch im Jazz – damals wie heute – über eine schlichte Neuinterpretation von Cover-Songs weit hinaus. Das Original wird rücksichtslos zerlegt, gegen den Strich gebürstet und spielerisch wieder neu zusammengesetzt. Im Grunde wie beim Legospielen mit neuer oder gleich ganz ohne Bauanleitung. Geradezu genial geschah genau dies in dem neu komponierten bzw. getexteten „Fernsehturm Shuffle“ zu Ehren des Stuttgarter Funkturms, der just im Geburtsjahr des Trompeters fertiggestellt wurde. Solchermaßen verstanden wirkt Tradition, ganz im Sinne von Igor Strawinsky, als „lebendige Kraft, welche die Gegenwart anregt und belebt“.

Die sechs gestandenen Musiker, die unlängst ihr 40jähriges Bühnenjubiläum mit der neuen CD „When My Dreamboat Comes Home“ feierten, haben dabei durchaus unterschiedliche Zugangsweisen und Charakteristiken entwickelt und ausgebaut. Der meist im Hintergrund in der Akkordbegleitung dienende Banjospieler Peter Maisenbacher blühte regelrecht auf, wenn er seinen sonoren Bluesgesang mit der Gitarre begleiten durfte. An Klarinette, Sopransaxophon, Querflöte und Gesang fand Manfred Schütt auch in den virtuosesten Passagen immer den passenden Sound während der Youngster Frank Richling in ausgedehnten und mit viel Sonderapplaus bedachten Schlagzeugsoli seine Erfüllung fand. In monolithischer Erdschwere trug Karl-Otto Schmidt an Tuba und abgespecktem Kontrabass die fundamentale Verantwortung in der launigen Truppe. Der „Ländle-Jazzer“ Wolfgang Schenk hatte am meisten Spaß, wenn im wilden Portamento der Zug seiner Posaune heiß lief und Günter Friedhelm bringt in Stimm- und Kornettklang offenkundig ein Armstrong-Gen zum Einsatz.

Nach der letzten von vielen Zugaben ließ sich ein erstes Fazit aus der Konzertreihe anlässlich der Biberacher Heimattage ziehen: „Jazz und Heimat“ gehen genauso zusammen wie „Jazz und Tradition“. Der Jazz ist schon vor vielen Jahren nicht nur in Biberach angekommen, sondern er hat hier eine neue Heimat weit jenseits nur oberflächlicher „kultureller Aneignung“ gefunden.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

23.06.2023: Isolde Werner’s Free Folk

„Isolde Werner’s Free Folk“ – Quartett auf kreativer Sinnsuche

BIBERACH – Zum Nachholtermin des im März krankheitsbedingt ausgefallenen Konzertes fand sich eine durchaus überschaubare Besucherzahl im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschule ein. Diese bestand zu einem überwiegenden Teil aus erklärten Fans der Musikerinnen und Musiker aus Stuttgart und Ulm. Zeitgenössisch unkonventionell und in kreativer Offenheit gingen Isolde Werner (nebst Stimme und Gitarre mit einem bunten Sammelsurium an mehr oder weniger gewohnten Instrumenten) und ihre Stuttgarter Mitstreiterin Karo Höfler am Kontrabass, Günter Weiss an der Gitarre sowie der Wahlulmer Amerikaner Bill Elgart am Schlagzeug die stilistisch vielseitigen Stücke an. Der im Bandnamen implizierte „Free Folk“ erwies sich dabei allerdings als Stecknadel im Heuhaufen und die anvisierte, spielerische Interaktion erwies sich zumindest anfänglich noch als etwas zäh.

Diverse Blech- und Metallteile, Klappern, Rasseln, Kerzenständer, Stäbchen, Röhrchen, Schüsselchen und Schachteln, zusammengeknülltes Papier aber auch die heute obligatorischen elektronischen Helferlein, Synthi, Sampler und Loopmaschinen zur meist assoziativen Klangentfaltung boten für deren Protagonistin eine enorme logistische Herausforderung. Bei den erstaunten Zuhörern sorgten sie hingegen für manche überraschenden und unterhaltsamen Effekte sowie verbreitetes Schmunzeln, gelegentlich auch bei den Mitmusikern.

Mit einer „Unterwassermusik“ begann das kreative Spiel der farbigen Klänge. Aus einem diffusen, frei improvisierten Intro unter Vermeidung jeglicher Strukturen entwickelten sich nach und nach konkrete Akkordstrukturen, Grooves und Melodiefloskeln, die sich schließlich in einer kurzen, gesungenen Melodie wiederfanden. Assoziationen an die musikalische Darstellung der „Genesis“, etwa aus Haydns „Schöpfung“, wo die sanft brodelnde Finsternis über den Flächen der Tiefe lag, bevor Gott, der Herr, endlich in strahlendem Dur für Licht und Ordnung sorgte, waren wohl gewollt. Es folgten eine Reihe „gegen den Strich gebürstete“ Arrangements älteren und neueren Datums aus Jazz, Rock und Pop sowie Eigenkompositionen von Isolde Werner, bevor der unter anderem von Frank Sinatra und Ella Fitzgerald gesungene Song „Like Someone in Love“ in frischer Neuauflage den ersten Teil beschloss.

Mit Beginn des zweiten Sets trat dann aber schließlich der „Free Folk“, zunächst in Gestalt der „Musikanten aus dem Schwabenland“ in Erscheinung, vom Publikum allerdings erst nach etwas Hilfestellung durch die Bandleaderin erkannt. Der stimmungsvollen Vertonung von Emily Dickinsons Gedicht vom „Sunset in a Cup“ durch Isolde Werner folgte ein beziehungsvolles „Deja Vu“ und schließlich eine freie Paraphrase über den uramerikanischen Folksong „Home on the Range“. Zumindest Bill Elgart dürfte dabei heimatliche Gefühle entwickelt haben. Im zweiten Teil immer freier und überzeugender aufspielend beschloss das Quartett mit Günter Weiss‘ zupackend und beherzt groovender Komposition „Synergy“ schließlich den offiziellen Teil. Mehrere Zugaben, darunter Bill Evans „Time remembered“ wurden gerne gegeben und trösten hoffentlich das Publikum über die konzertante Sommerpause im Jazzkeller hinweg.

Text und Fotos: Dr. H. Schönecker

16.06.2023: Duo Gehring / Klüglich

Zusatzkonzert „Feels like home“ in der Heimattage-Konzertreihe:
Duo Gehring/Klüglich überrascht und überzeugt rundum
BIBERACH – Kurzfristig als zusätzliches Konzert in die Konzertreihe der Heimattage des Jazzclubs aufgenommen, wartete das Duo mit der Stuttgarterin Juliane Gehring und dem in Biberach aufgewachsenen David Klüglich im Jazzkeller mit Teilen des Programmes seiner im Juli anstehenden Masterprüfung in Klavierimprovisation an der Musikhochschule Freiburg auf. Nach seinem Lehramtsstudium mit Musik und Physik setzt er als einer der ersten Studenten dieses künstlerisch ausgerichteten Aufbau-Studiengangs in stilübergreifender Klavierimprovisation neue Maßstäbe.
Im Spannungsfeld zwischen Heimat und Fremde, Tradition und Moderne boten die für das Programm ausgewählten Titel aus Folklore, aus Jazz, Soul, Klassik oder Weltmusik ein farbiges Kaleidoskop an stilistischer Vielfalt. In dezenter Expressivität sang sich Juliane Gehring mit ihrer professionell ausgebildeten und gleichermaßen sympathisch und natürlich wirkenden Stimme, ohne kapriziös zu wirken in die Herzen des beifallsfreudigen Publikums. Mit einer lyrisch-empfindsamen, an die Ausdruckstiefe romantischer Kunstlieder erinnernden Interpretation überraschten und überzeugten die beiden jungen Künstler ihr durchaus fachkundiges Publikum auf Anhieb.
Facettenreich, kammermusikalisch transparent und höchst einfühlsam wurden folkloristische Elemente, darunter auch die augenzwinkernd in einem größeren Opus versteckte Biberacher Hymne „Rund um mich her“ oder ein schwedisches Volkslied über ein halb volles oder je nach Sichtweise auch halb leeres Glas, auf einer musikalischen Weltreise in einen Personalstil eingewoben, der auch weitere Elemente etwa aus den Genres Jazz und Soul organisch einbinden konnte.
Dazu wirkten die kleinen Accessoires, wie der Einsatz einer gut gestimmten Klangschale, Gehrings mal zarter, fast verhauchter und obertonlastiger, mal aber auch kräftig, herzhaft und fast maskulin wirkender Gesang oder Klüglichs gelegentlicher Wechsel zu seinem Herzensinstrument, dem Violoncello, nicht nur auflockernd, sondern buchstäblich wie das Tüpfelchen auf dem „i“.
Entrückte Verzückung mit einem Touch Esoterik standen neben versunkener Kontemplation oder humorigen Mitmachstücken – die Vorübung mit dem Publikum in Sachen „Handclapping“ dazu klappte auf Anhieb, der Übergang zum lang anhaltendem Schlussapplaus ebenso.
Wer nach typischen Jazzstandards wie ”Autumn in New York”, “One way ticket” oder “You’d be so nice to come home to”, inspirierenden Eigenkompositionen wie “Feuergeister“ oder „Waldwege“ (mit Anklängen an Nat King Coles „Nature Boy“) noch nicht genug Jazz oder jazzaffine Musik gehört hatte, kam mit den beiden Zugaben (Norah Jones – „Don’t know why“ aus dem Album „Come Away With Me“ und „Silence“ von Charlie Haden und Chet Baker) vollends auf seine Kosten. Das junge quirlige Duo mit seiner taufrischen Musik hat sich in Biberach offenkundig viele neue Fans erworben, die gerne auch noch länger zugehört hätten und die beim nächsten Gastspiel sicherlich viele Freunde mitbringen werden.
Text und Fotos: Dr. H. Schönecker

28.04.2023: Steffen Dietze

„Nocturne“ oder die „Ode an das Alleinsein“

Steffen Dietze – Piano Solo: Hallo Heimat – Hallo Jazz!

BIBERACH – Die während des Lockdowns entstandene und bei RoGo Music verlegte CD „Nocturne“ des Biberacher Pianisten und Multitalents Steffen Dietze nahm in einer Live-Präsentation den größten Teil des ersten Sets seines Solokonzertes beim Jazzclub Biberach im Rahmen der Konzertreihe zu den baden-württembergischen Heimattagen ein. Nach einer einleitenden, innigen Hommage an seine anwesende Frau entführte ein längeres Medley mit tiefsinnigen Titeln aus dieser jüngsten CD mit mehr oder weniger schönen Träumen, Albträumen und Nachtgedanken aller Art in eine ebenso facettenreiche wie hoch individualisierte Klangwelt. Eine Welt, in der das Alleinsein nicht gleichbedeutend mit einsam sein muss. Eine Welt, in der Alleinsein vor allem mit „bei sich selbst sein“ umschrieben ist.

Schwebende, impressionistische Passagen wechselten mit kernigen Bassfiguren, Akkordbrechungen und Arpeggien mit kurzen Melodiefloskeln, kurzen Fill-ins und rhythmisierten Voicings.  Immer wieder entfalteten sich auch gestaltkräftige Melodielinien, charakteristische Formabläufe wurden deutlich und strukturierten die vielschichtigen, oft aphoristischen Ideen des Komponisten. Besonders in den eher melancholisch entrückten Abschnitten ließ sich, nach Aussage einiger Besucher, die stressige Arbeitswoche entspannt zurückgelehnt optimal ausklingen. Viele der andächtig lauschenden Besucherinnen und Besucher taten dies auch mit geschlossenen Augen, was sie aber nicht davon abhielt, zwischen den Stücken lang anhaltenden Beifall zu spenden. Nach einem eher zupackenden „Blues für Rolf“, demselben auch zugeeignet, gab es eigens für die erst wenige Wochen alte und beim Konzert ebenfalls anwesende Enkeltochter, eine neue, liebevoll ausgestaltete Komposition mit dem Titel „Sophie“ zu hören. Für besonders empfindliche Ohren leicht getrübt durch den leider nicht ganz sauber gestimmten Kawaiflügel.

Kompositionen aus Dietzes erster CD “Tangram”, neben dem Titelsong besonders eindrucksvoll auch die Nummer „Rush Hour“, gab es im zweiten Set außerdem noch eine Reihe von Coverversionen zu hören. Im Pop oder im Laienbereich erklingen Coverversionen meist als wenig eigenständige Imitationen des Originals mit denen der Nachahmer ein Stück vom großen Kuchen abhaben möchte. „Moonriver” von Henry Mancini, „Love is a losing game“ von Amy Winehouse oder auch „My Valentine“ von Paul McCartney waren bei Dietze aber ganz jazztypisch nur die Ideenlieferanten für eigene kreative Exerzitien, stimmungsvolle Aphorismen, Motivbausteine oder strukturierende Akkordfolgen für eigenständige Improvisationen.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

21.04.2023: Jochen Feucht Quartett

Jochen Feucht Quartett trifft Publikumsgeschmack

Empfindsame Weltmusik abseits „kultureller Aneignung“

BIBERACH – Die Erfolgsserie der Biberacher Jazzkonzerte im Rahmen der diesjährigen Heimattage Baden-Württemberg setzte sich mit dem begeisternden Auftritt des Jochen Feucht Quartetts im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschule ungebrochen fort. Das für feinsinnigen und unterhaltsamen modernen Kammerjazz gefeierte Trio um den in Biberach geborenen und aufgewachsenen Saxofonisten und Komponisten Jochen Feucht trat dabei erstmals zusammen mit einem Perkussionisten, dem international gefragten Hans Fickelscher aus Stuttgart, auf. Unterhaltsam gestaltete sich der Abend auch durch die entspannte Moderation und gelegentliche Anekdoten des Bandleaders aus seinen Biberacher Jugendjahren.

So erinnerte sich Jochen Feucht dankbar an den damaligen Direktor der Musikschule Peter Marx, der ihm vertrauensvoll einen Schlüssel zu den Bandproberäumen im damals noch auf dem Nachbargrundstück zur alten Musikschule stehenden „Weißen Haus“ aushändigte, obwohl er selbst gar nicht an der Musikschule unterrichtet wurde. Dies ermöglichte ihm erst – anders als dies in seinem begrenzten Zuhause möglich war – stundenlanges, ungestörtes Üben und legte damit die Basis für das spätere Musikstudium und eine steile Karriere als Komponist und Jazzmusiker.

Überwiegend mit den Eigenkompositionen seiner letzten CD „Light Play“, durch die erweiterte Percussion gewissermaßen ausgemalt und auf Hochglanz poliert, durchstieß das Quartett problemlos die Komfortzonen der Zuhörer und erreichte unmittelbar deren Innerstes. Harmonie und Ausgeglichenheit des Feng Shui, vielleicht auch der fernöstlichen Herkunft von Feuchts Ehefrau geschuldet, manifestierten sich in der, den Grenzen von Raum und Zeit enthobenen schwebenden Leichtigkeit, dem „Light Play“ seiner Musik. Die schwebenden Klänge von Dizzy Krischs Vibraphon, die Schwebungen der Doppelsaiten der 12saitigen Akustikgitarre von Günter Weiss, die schwebenden Cymbel- und Glöckchenklänge aber auch der Einsatz einer flaschenförmigen, variantenreich und volltönenden UDU- oder IBO-Drum sowie weiteren Instrumenten aus der afrikanischen Trommeltradition, erweiterten das traditionelle westliche Klangspektrum in Richtung einer offenen, dabei die Tradition und Würde des Originals achtenden und einbeziehenden „Weltmusik“, die selbstverständlich in keinster Weise mit „kultureller Aneignung“ zu tun hat. Hier trifft sich die „Weltmusik“ auch mit dem Jazz, dessen Kern ja in der Adaption unterschiedlicher Stile und deren individualisierter und vor allem improvisierter künstlerischen Umsetzung und Wiedergeburt besteht.

Wie weit der künstlerische Horizont sich mit und durch Jochen Feuchts Musik erweitert, wird exemplarisch an den Titeln „Mimas“ und „Gold Sun“ deutlich. Der innerste Saturnmond, benannt nach dem griechischen Giganten „Mimas“, ist ein graublauer Eismond mit einer Durchschnittstemperatur von knapp -200 °C und kommt musikalisch ebenfalls sehr unterkühlt des Weges. Einige tausend Grad heißer ist die gerne mit den Farben Gelb und Gold assoziierte Sonne. Mit deren temperamentvollen musikalischen Umsetzung zum Finale des Konzertes wurde es auch dem Publikum deutlich wärmer, und es belohnte das Quartett mit nicht enden wollendem Applaus.

Text und Fotos: Helmut Schönecker