09.05.2025: Lukas Mohl Trio – Jazzclub Biberach e.V.

09.05.2025: Lukas Mohl Trio

Krachender Paukenschlag der jungen Jazz-Generation

Lukas Mohl Trio – Sternstunde des neuen Jazz

BIBERACH – Die Live-Präsentation der ersten CD „Speaking From The Heart“ des jungen Komponisten und Pianisten Lukas Mohl im Freitagskonzert des Biberacher Jazzclubs ging vor ausverkauftem Haus unmittelbar unter die Haut. Auch wenn die lokale Fangemeinde und angereiste Verwandtschaft des gebürtigen Untersulmetingers nicht mit Vorschusslorbeeren geizte, konnten die von Mohl mit einleitenden Worten erläuterten Stücke ästhetisch unmittelbar überzeugen. Bereits vor Abschluss seines Bachelor-Studiums in den Niederlanden schaffte es der aufstrebende junge Künstler mit seinem Album in die CD-Reihe „Next Generation“ des Magazins „JazzThing“ aufgenommen zu werden. Sein Weg führt ihn vom Gastspiel in der alten Heimat nun weiter zum Master-Studium nach Bern und wohl bald auch auf die Konzertbühnen der Welt.

Bezeichnenderweise ist sein ehemaliger Dozent für Komposition an der UdK im niederländischen Arnheim, Jasper Somsen, jetzt Mitglied von Mohls Klavier-Trio und spielt auf seinem Kontrabass mit sichtlicher Begeisterung die Kompositionen seines ehemaligen Schülers. Und die haben es durchaus in sich. Ein vielschichtiges Feuerwerk an Einfällen umschreibt das kreisende Suchen nach einer stimmigen Kernaussage. Natürlich lebt manches vom experimentellen Charakter oder dient der Klangerweiterung des Instrumentes (präparierte Klaviersaiten à la John Cage), was für den Jazz jedoch kein Nachteil sein muss. Die überwiegend von einer eher „fröhlichen“ Melancholie durchzogenen Stücke wirken oft impressionistisch, verträumt und nachdenklich, sind aber auch in den eher lyrisch-kontemplativen Teilen voller Leidenschaft und von einer mit Händen zu greifenden Spielfreude durchwirkt.

Den Zuschnitt seiner Stücke erklärte Mohl in Analogie zu einem Vortrag in freier Rede, der sich lediglich an einer Stichwortliste orientiert um nichts Wichtiges zu vergessen und in der Spur zu bleiben. Nach seinem Musikverständnis kennzeichnet eine abwechslungsreiche Mischung aus klar konturierten, auskomponierten Teilen und freieren Improvisationsteilen einen lebendigen Jazz, der auch und gerade in der Interaktion mit Mitmusikern und Publikum seine Spontanität und Überzeugungskraft gewinnt.

Der aus Südkorea stammende Schlagzeuger Min Won, seit Beginn seines Studiums in Freundschaft mit Lukas Mohl verbunden, prägte durch sein äußerst farbiges Schlagzeugspiel das kollektive Zusammenwirken in enger Verzahnung mit seinen Mitmusikern. Gekennzeichnet eher durch klangliche, tonmalerische und ungewöhnlich ausdrucksstarke Elemente in freier Rhythmik als durch vorgefertigte Standard-Patterns, wechselte er nahtlos zwischen hochsensibler Begleitung und feinsinnigen solistischen Einlagen. In Verzückung versunken schien er in einem eigenen Universum zu verweilen, quasi telepathisch mit einem gehörigen Maß an Empathie mit den Mitspielern verbunden.

In Mohls Stücken spiegeln sich in bester Tradition seine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen im Spannungsfeld zwischen der ländlichen Heimat und einer komplexen urbanen Erlebniswelt sinnfällig wider. In „Twilight Cruise“, der letzten Seefahrt eines Schiffes vor dem Abwracken, dominieren Melancholie und Retrospektive, in „The Soul At 3 A.M.“ umschreibt er das unablässige nächtliche Kreisen der Gedanken um eigentlich völlig nebensächliche Dinge des Alltags, die sich dadurch aber übermächtig in den Vordergrund drängen und einen vom Schlafen abhalten. Eine Reise zu den Eltern seines Schlagzeugers Min Won nach Südkorea und die dortige Speisenfolge inspirierten ihn zu dem völlig kontrastierenden Stück „Palate Cleanser“, zu Deutsch „Gaumenreiniger“. Dieser wird gerne zwischen den Hauptgängen gereicht und dient auch als Appetitanreger. Musikalisch wirkte das klanglich, dynamisch und strukturell völlig andersartige Stück als „Game Changer“, öffnete die Ohren, bot willkommene Ausblicke und Auswege aus der ansonsten eher tiefsinnig, melancholisch oder impressionistisch unbestimmten, schwebenden Charakteristik der Kompositionen. Mit dem Stück „Ouroboros“, dem altägyptischen Symbol einer Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt und damit den ewigen Kreislauf des Lebens symbolisiert, wendet sich das musikalische Geschehen danach aber gleich wieder den nachdenklichen, grüblerischen, suchenden Perspektiven der Musik zu. Das begeisterte Publikum schloss sich bereitwillig dem an und spürte wohl auch die Ernsthaftigkeit der ästhetischen Sinnsuche. Langanhaltender Applaus, eine Zugabe, ein glückselig und zufrieden wirkendes Lukas Mohl Trio und ebensolche Veranstalter beschlossen einen runden Konzertabend.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

Schwarz-Weiß-Galerie: Wolfgang Volz