Archiv – Seite 4 – Jazzclub Biberach e.V.

Lukas Mohl Trio

Am 09.05.2025 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Der aus Laupheim stammende Pianist und ehemalige Schüler von Joe Fessele studierte in den Niederlanden Musik. Vom bodenständigen, oberschwäbischen Kleinstadtleben geprägt, erfuhr Lukas Mohl in den weltoffenen urbanen Zentren Hollands mit ihren unzähligen neuen Einflüssen und Erfahrungen eine musikalische und kulturelle Erleuchtung. Interessante Kollegen und charismatische Freunde trugen zur Erweiterung seines künstlerischen Horizontes bei und inspirierten ihn neben seinem Klavierspiel auch zu Kompositionen angesiedelt im Spannungsfeld zwischen entspanntem Lebensrhythmus auf dem Land und der Hektik und Aufregung einer Großstadt. Seine Sicht der Dinge und seine Emotionen artikulieren sich in einem komplexeren künstlerischen Ausdruck, wobei es sein erklärter Wunsch ist, nicht nur Neues zu schaffen, sondern auch diese musikalischen Ansichten und Bestrebungen mit anderen zu teilen. Lukas Mohls Musik wird von Freunden und Zuhörern als herzensnah und bewegend beschrieben, da er „die Essenz echter Emotionen und persönlichen Ausdrucks einfängt“. Mit Jasper Somsen (Kontrabass) und dem Koreaner Min Won (Drums) hat er gerade in Hilversum eine neue CD unter dem Titel „Speaking From The Heart“ produziert, die er gerne auch in seiner alten Heimat vorstellen möchte.

Lukas Mohl – Piano
Jasper Somsen – Kontrabass
Min Won – Drums

www.lukasmohl.com

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

Foto: Anna Perger

11.04.2025: Ray Gallon Trio (mit Finn Wiest)

Musikalische Grüße aus der Welthauptstadt des Jazz

Ray Gallon Trio mit deutschen Young Lions

BIBERACH – Mit dem seit drei Jahren in New York lebenden Jazzschlagzeuger Finn Wiest aus Biberach und Jakob Obleser am Kontrabass hatte der renommierte New Yorker Jazzpianist Ray Gallon auf seiner Deutschlandtournee zwei junge Ausnahmetalente im Gepäck. Das bereits seit Wochen ausverkaufte Konzert im Jazzkeller konnte die Erwartungen mehr als erfüllen. Unter der dezenten Regie und einer launig-entspannten Moderation des routinierten Jazzcollege-Professors, nach einer knappen Begrüßung in drolligem Deutsch, natürlich auf Amerikanisch gehalten, liefen die Protagonisten zur Hochform auf. Rasante Up-Tempo Stücke, stimmungsvolle Jazz-Balladen, blueslastige Nummern, allesamt klar durchstrukturiert und dabei locker swingend und groovend, in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen auskomponierten und improvisierten Teilen ließen nichts anbrennen.

Mit einer Reminiszenz an Duke Ellingtons „Drop Me Off In Harlem“ aus dem Jahr 1933, setzte das Eröffnungsstück von Ray Gallons aktueller CD „Grand Company“ gleich zum Auftakt des ausverkauften Jazzkonzertes einen Markstein seines ästhetischen Anliegens und Empfindens und definierte gleichzeitig den Ort des künstlerischen Geschehens. Harlem, der quirlige Stadtteil New Yorks, aus dem seit Jahrzehnten immer wieder neue künstlerische Ideen sprudeln, ist „Hot Spot“ und „Melting Pot“ des Jazz, New York, der „Big Apple“, seine Hauptstadt. Ganz klar dem Swing und der Tradition verpflichtet aber auch offen für neuere und neueste, stark bebop-affine Einflüsse, spielte Gallon virtuos mit dem Sujet, entlockte ihm ganz neue Facetten, zertrümmerte das Überkommene und generierte daraus eine neue, zeitgemäße Form des Jazz. Die stilistische Offenheit und starke Differenziertheit seiner Kompositionen und Arrangements werden vor allem zusammengehalten durch elaborierte, synkopisch rhythmisierte und farbig harmonisierte, zerrissen wirkende Strukturelemente, in welchen die melodischen Fragmente des Originals versteckt sind. Fröhliches, vorösterliches Ostereiersuchen für die eingefleischten Jazzfans, die mit dem Original vertraut sind, für ungeübte Hörer durchaus eine Herausforderung.

Die weiteren Titel der neuen CD waren überwiegend Eigenkompositionen, teilweise inspiriert durch persönliche Erlebnisse, die Ray Gallon in seinen Moderationen als Verständnishilfe knapp erläuterte. Manche Nummern waren dabei eher programmatisch zu verstehen, ein pittoresker Wasserfall auf Hawaii rauschte im Glissando über die Tastatur, andere Titel (Zombette) führten mit Ganztonskalen aus der Tonalität heraus oder spielten auf „aus den Fugen geratene“ Strukturen an (Out of Whack) und waren unverkennbar mit Hintergedanken auf die aktuelle amerikanische Politik und Gesellschaft versehen. Wiederkehrendes Element und Kennzeichen von Gallons Personalstil waren jedoch metrisch vielschichtige, von Pausen durchsetzte, komplexe Rhythmen, vielfach in unsymmetrischen, zusammengesetzten Taktarten, gerne in ostinaten, vamp-artige Begleitstrukturen und Patterns eingebettet und durch kürzere oder längere Improvisationen verbunden und aufgelockert.

Dass diese vermeintliche Zerrissenheit als Spiegel unserer Gegenwart in einem kleinen, für eine kurze Tournee ad hoc zusammengestellten Ensemble völlig synchron verläuft und dabei noch munter groovt, setzt eine außergewöhnlich hohe Meisterschaft und Virtuosität der Mitspieler voraus. Waren es bei dem aus Marbach stammenden Jakob Obleser vor allem die rasanten Walking-Bässe, glänzte der junge Ex-Biberacher Weltklasse-Drummer Finn Wiest durch kleinsträumige, feinsinnig differenzierte, sich niemals wiederholende, in höchster Präzision und enger Interaktion mit den Mitspielern eingebundene, filigrane Rhythmen, die in ihrer dezenten Virtuosität dem Meister am Kawaiflügel kaum nachstanden. Von diesem Finn Wiest wird auch künftig noch zu hören sein.

In der Gewissheit, sich am musikalischen Puls der Zeit zu befinden, geizte das begeisterte Publikum nicht mit Applaus, genoß aber auch die ruhigen, entspannten Momente in den wenigen Balladen, blueslastigen oder von relaxten, lateinamerikanischen Rhythmen geprägten Stücken. Diese vermittelten in all dem Trubel die Hoffnung auf bessere Zeiten mit dem Wissen, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde. Hoffnung, die sich in der kulturellen Vielschichtigkeit und Komplexität unserer Zeit versteckt und die geduldig auf fröhlich-zuversichtliche Ostereiersucher und steigende Aktienkurse wartet.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

Ray Gallon Trio (mit Finn Wiest)

Am 11.04.2025 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Als ehemaliger Pianist der Bigband von Lionel Hampton spielte der New Yorker Jazzpianist – seit 35 Jahren eine tragende Säule der New Yorker Jazzszene – seither mit Topmusikern wie Dizzy Gillespie, Les Paul, der Mingus Bigband, er war Begleitmusiker u.a. von Chaka Khan, Jon Hendricks, als Solist oder auch im Duo mit Peter Washington unterwegs. Außerdem ist er ein gefragter Studiomusiker und Pädagoge. Seine tiefe Beziehung zum Swing hebt ihn von anderen ab. Im November 2022 veröffentlichte er sein letztes Album „Grand Company“ mit den Jazzlegenden Ron Carter und Lewis Nash. Auf seiner Deutschlandtour präsentiert das Ray Gallon Trio die Kompositionen dieses Albums, die äußerst frisch klingen, jedoch gleichzeitig tief in der Tradition verwurzelt sind und dem Bebop-Genre zuzuordnen sind. Mit dem aus Biberach stammenden jungen Jazzschlagzeuger Finn Wiest, der seit seinem Master-Abschluss in New York lebt, und mit dem Stuttgarter Jakob Obleser am Kontrabass, tourt Ray Gallon dieses Frühjahr durch Europa und macht dabei natürlich auch Halt bei den Jazzbibern. Die zahlreichen heimischen Fans von Finn Wiest, Abitur am Wieland-Gymnasium Biberach und ehemaliger Schüler von Markus Merz, dürften sich jedenfalls auf den vielfach preisgekrönten Fremdenlegionär aus New York freuen.

Ray Gallon – Klavier & Komposition
Jakob Obleser – Kontrabass
Finn Wiest – Schlagzeug

https://raygallon.com

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

28.03.2025: Manfred Junker Organ Trio

Manfred Junker Organ Trio lässt die Herzen aller Soundfetischisten höher schlagen

Ein Hochamt für alle Hammond-Fans im Jazzkeller

Bereits die angekündigte Trio-Besetzung aus einer originalen Hammond B3 Orgel mit einem Leslie-Tonkabinett (meisterhaft gespielt von Thomas Bauser), E-Gitarre (Komponist und Bandleader Manfred Junker) und Schlagzeug (eindrucksvoller Newcomer Nelson Briceño aus Costa Rica) ließ erahnen, was da auf die Zuhörer zukommt. Schon beim Betreten des Jazzkellers sorgte das etwas ramponierte Erscheinungsbild von Orgel und Verstärker beim Publikum für den wohligen Vintage-Effekt, neugieriges In-Augenschein-Nehmen aus der Nähe inbegriffen. Tiefes Durchatmen dann bei den ersten analogen Klängen, im Chorus oder Tremolo, entzücktes Aufatmen dann beim An- oder Auslaufen der rotierenden Lautsprecher. Dazu kamen ein hochkarätiges Equipment und ein entsprechend exklusiver Sound der halbakustischen Striebel-Gitarre und einem Black Hole Röhren-Amp. Der Vintage-Sound quasi zum Anfassen stimmte also von den ersten Klängen an, der swingende und groovende Rest erwies sich im Verlauf des Konzertes als ebenso stimmig. Dass der traditionelle Sound sich in neuen Kompositionen von Manfred Junker entfalten konnte, ist einerseits der Soundverliebtheit des Komponisten geschuldet. Andererseits wohl aber auch der stilistischen Verwandtschaft mit den traditionellen Stilen des Modern Swing. Bluesig, soulig mit einem Schuss „Psychedelic Rock“ oder „Electric Jazz“ aus den 60er und 70er Jahren ließ er die Neukompositionen durchaus geerdet und in der Tradition ruhend erscheinen. Neues aus dem Geist des Alten eben. Der Titel der vorgestellten CD „What’s Next?“ aber auch einzelne Songtitel wie „Where Do We Go?“ umschrieben damit ein ästhetisches Dilemma des Komponisten. Wie der Titel „Risky“ erahnen ließ, steht er möglicherweise vor der Frage, wohin das alles führt. Lohnt sich das Risiko zum wirklich „Neuen“, wenn man damit auch das finanzielle Risiko eingeht, mit avantgardistischen Eigenkompositionen beim Publikum keine Gefolgschaft mehr zu finden? Hat das Neue heute noch eine Perspektive? Die Nachfrage eines Besuchers in der Pause zwischen den Sets, ob das Trio nicht auch ein paar bekannte Standards spielen könnte, dürfte diese Bedenken bestärkt haben. Gleichwohl zeugte der kräftige Applaus, dass das Gros des Publikums nicht zurückgelassen wurde. Als „versöhnliche“ Zugabe für die Traditionalisten gab es noch Henry Mancinis „Moon River“ bei nicht weniger kräftigem Applaus.
Text und Foto: Helmut Schönecker

Manfred Junker Organ Trio

Am 28.03.2025 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Mit der 2024 erschienenen CD „What’s Next?“ des „Manfred Junker Organ Trios“ entwickeln die drei Musiker Ideen des erfolgreichen Programms „Look out!“ von 2018 folgerichtig weiter. Der in Konstanz lebende Manfred Junker ist für die Jazzbiber mit seinem bereits fünften Auftritt, zuletzt im Duett mit der amerikanischen Gitarrenlegende John Stowell, beileibe kein Unbekannter mehr. Seine Stücke bewegen sich zwischen raffinierter Komposition und ideenreicher Improvisation, wuchtiger Dichte und perlender Transparenz, lyrischer Melancholie und zupackendem Groove. Das Trio zelebriert seit Jahren ein abwechslungsreiches Programm voll unverkopfter Spielfreude und Musikalität im facettenreichen Line-up von Gitarre, Hammond B3 und Schlagzeug. In bisher 15 CD-Produktionen setzen Melodie und starke Grooves klare Wegmarken. Die Nachvollziehbarkeit für Kopf und Bauch ist für Junker dabei zwingend. Thomas Bauser unterrichtet Jazzklavier an der Musikhochschule Freiburg und hat ein Faible für die legendäre Hammond-Orgel B3. Nelson Briceño ist ein junger Drummer aus Costa Rica, der jetzt in Basel lebt. Nach seinem Studium in Costa Rica hat er an der Hochschule Basel seinen Master in Jazz Performance absolviert.

Manfred Junker (Gitarre)
Thomas Bauser (Hammond B3)
Nelson Briceño (Drums)

www.manfredjunker.com

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

Foto: Günther Henry Schulze

14.03.2025: Ania Paz Trio

Ania Paz Trio – Spaßmusik aus apartem Stilmix

Bezaubernde Melange aus kraftvollen Wurzeln gespeist

Aus afro-lateinamerikanischen Wurzeln gespeist, durch eine europäische Klassikausbildung und nordamerikanische Jazzeinflüsse geprägt und angereichert um avantgardistische und weltmusikalische Elemente, im Schmelztiegel Berlin zu einer schillernden Legierung zusammengebacken, traf die Musik des ungewöhnlichen Trios sofort den Nerv des beifallfreudigen Publikums im erneut ausverkauften Jazzkeller. Die peruanische Komponistin und Pianistin Ania Paz, die an der Universität der Künste in Berlin unterrichtet, stellte mit ihrer neuesten Produktion „Espacios“ ein originelles Konzept in einer stringenten Metamorphose zu einem überzeugenden Personalstil vor.

Neben ihrer eigenen, durch Herkunft, Leidenschaft, Ausbildung und Erfahrung geformten individuellen Musiksprache und ihrem zupackenden Klavierspiel konnte sie zwei stilistisch völlig eigenständige, ja disparate und dabei höchst kreative und virtuose Musiker in ihr Konzept einbinden und diesem damit eine enorme Durchschlagskraft verleihen. Mit Christoph Hillmann am Schlagzeug hat sie einen der besten seines Faches verpflichtet. Auf dem kleinen Jazzclub-Drumset, ergänzt um fünf, teils recht eigenwillige Becken, etwas Klein-Perkussion und einem Arsenal unterschiedlicher Stöcke und Schlägel erzeugte er ein hochdifferenziertes, wundervolles, nie aufdringliches ungewöhnlich farbenfrohes Klangbild mit stimulierenden Akzent-Rhythmen und frappierenden Soloeinlagen. Der Italiener Carmelo Leotta steuerte, teils etwas blueslastige, dabei überaus melodische Hochgeschwindigkeitskantilenen auf seinem Fretless Bass, dem bundlosen, „singenden“ E-Bass, zum Geschehen bei. Virtuose, teils mehrstimmige und von Flageolett-Tönen durchsetzte Improvisationen lockerten das Geschehen auf, differenziertes, hoch expressives Spiel mit Vibrato und Portamento, Slap-Einlagen, Lagenwechsel und einem hochpräzisen Timing konnten rundum überzeugen und begeistern.

Zusammengesetzte, unsymmetrische Taktarten, sich überlagernde Rhythmen, statische Ostinatoformen, vielfach variierte, folkloristische Themen aus verschiedenen Regionen Perus, jazztypische Vamps und Patterns, farbige Harmonien, strukturelle Vielschichtigkeit, farbige Klangexplosionen und viele weitere Gestaltungselemente klingen in Summe nicht nur kompliziert, das Resultat ist erwartungsgemäß eine schier unglaubliche Komplexität und Dichte. Dass diese komplexen Strukturen nicht konstruiert und abstrakt wirken, sondern eine unmittelbare Eingängigkeit, Überzeugungskraft und Tiefe entfalten, gehört zu den magischen Geheimnissen guter Musik.

Eine lebhafte Merengue aus der dominikanischen Republik führte die kurzweilige Performance zu ihrem finalen Kulminationspunkt und fuhr dem erhitzten Publikum gleichermaßen in die Beine, animierte zum Tanzen oder wenigstens zum Mitwippen. Wenn nur der Platz dafür vorhanden gewesen wäre …

Text und Fotos: Helmut Schönecker