Archiv – Seite 3 – Jazzclub Biberach e.V.

19.01.2024: Rebecca Trescher Quartett

Musikalische Grenzgänger zwischen Jazz und moderner Kammermusik

Rebecca Trescher Quartett wandelt abseits ausgetretener Pfade

BIBERACH – „Sometimes It’s Good to Walk Alone“ lautet eine der beim Freitagskonzert im Jazzkeller vorgestellten Kompositionen der in Tübingen geborenen Klarinettistin Rebecca Trescher. Unbeirrt und notfalls eben alleine geht diese denn auch souverän ihren eigenen künstlerischen Weg durch die „Silent Landscapes“, so der Titel ihrer neuesten CD, den sie in ihrem gut besuchten Konzert bei den Jazzbibern als „stilles Ländle“ übersetzte. Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jazzpreis 2022 für die „Komposition des Jahres“, seit 2022 im weltgrößten US-amerikanischen Jazzmagazin „Downbeat“ als „Rising Star“ gelistet und ebenfalls im Jahr 2022 als Gewinnerin des „Neuen Deutschen Jazzpreises“ überzeugt die an der Hochschule für Musik in Nürnberg zunächst klassisch als Musikpädagogin und danach in einem Masterstudium zur Jazzkomponistin ausgebildete Künstlerin auch international mit ihrem ganz eigenen Weg zur Musik.

Hochdifferenzierte, minutiös ausgearbeitete Kompositionen in kammermusikalischem Zuschnitt, durchsetzt mit spontanen Improvisationen bei deren immer wieder neuen Interpretationen in jazztypischer Interaktion mit dem, durch den hohen Anspruch zum aktiven Zuhören durchaus geforderten Publikum kennzeichnen das avantgardistische Œuvre von Rebecca Trescher. Hilfreich für ein tieferes Verständnis erweisen sich dabei so blumige Titel wie „Seeking Spider“. Die spinnenfüßige Leichtigkeit des flüchtigen Tierchens, im einleitenden Klavierpart spritzig und federnd in glasklar perlenden Tonkaskaden dargestellt von Andreas Feith, wird jäh unterbrochen und konterkariert durch krachend klatschende Geräuschklänge von Jan Brill am Schlagzeug (Biberacher Jazzpreis für beste Komposition 2014 mit dem Kölner Trio „Turn“), die sich im Verbund mit dem agilen Kontrabassspiel von Lukas Keller zu einem munteren Groove einer am Ende für die Spinne zum Glück vergeblichen Jagd des Kammerjägers entwickeln. Eine samtig weiche Klarinettenmelodie kontrastiert das hektische Geschehen, weckt Sympathie für das Krabbeltier und leitet zu einem spritzigen Unisono aller Beteiligten über, welches sich im weiteren Verlauf in einer freien, tonmalerischen Passage beruhigt, bevor die Jagd erneut weitergeht.

Aus seinem eigenen Debütalbum „Surviving Flower“ aus dem Jahr 2020 erklang neben Rebecca Treschers Stücken die gleichnamige Komposition des heute in Nürnberg als freischaffender Künstler lebenden Pianisten und Komponisten Andreas Feith. Der Steinway-Jazzpiano-Solowettbewerb-Preisträger erhielt 2017 unter anderem auch den bayrischen Kunstförderpreis und war 2020 Finalist des Neuen Deutschen Jazzpreises. Mit der zutiefst depressiven Niedergeschlagenheit einer im finsteren Armageddon erloschenen Welt empfing das Stück seine sichtlich berührten Hörer bevor sich in Form der aus der Asche des Niedergangs hervorbrechenden, überlebenden Blume neue Hoffnung regte und sich im emotional tief beeindruckten Publikum befreites Aufatmen einstellte. Am Ende gab es enthusiastischen Beifall, gerne gewährte Zugaben und CDs zuhauf.

Text und Fotos: Dr. Helmut Schönecker, Jazzclub Biberach

Rebecca Trescher Quartett

Am 19.01.2024 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Seit annähernd zehn Jahren gelingt der federführenden Komponistin und Klarinettistin Rebecca Trescher mit ihren Ensembles im wahrsten Sinne des Wortes Ausgezeichnetes: neue hörbare Horizonte, subtil verortet zwischen Jazz und zeitgenössischer E-Musik. Im Wechselspiel von Plan und Freiheit entstehen akustische Fahrten entlang Treschers sensibler Kompositionen. Dabei setzt die gebürtige Tübingerin musikalisch wie in der Besetzung ihrer Band auf Freigeist und Kombinationsgabe. Begleitet wird Rebecca Trescher von Andreas Feith am Piano, dem Bassisten Lukas Keller und dem Schlagzeuger Jan Brill. Dem Quartett gelingt es dabei, die Werke der Komponistin immer wieder einmal neu zu interpretieren und die Grenzen von Komposition, Improvisation und Interpretation neu ausloten.

Besetzung:

Rebecca Trescher (cl, bcl, comp)
Andreas Feith (p)
Lukas Keller (b)
Jan Brill (dr)

Foto: Dovile Sermokas

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

12.01.2024: Tuija Komi Quartett

Magische Momente mit Tuija Komi im Jazzkeller

Finnische Jazzdiva liefert charismatische Performance

BIBERACH – Nach dem heimatbezogenen Programm des Vorjahres öffnete sich bereits zum Auftakt der neuen Konzertsaison das Musikangebot des rührigen Biberacher Jazzclubs und damit auch die Wahrnehmung der heimischen Jazzfans wieder der ganzen stilistischen und internationalen Bandbreite des Jazz. Ausgestattet mit einer außergewöhnlich wandelbaren, gleichwohl sympathischen und unaufdringlich eindrucksvollen Singstimme vermag es die in München lebende Tuija Komi, die Stimmungen ihrer nordischen Heimat exemplarisch einzufangen und ihnen plastische Gestalt zu verleihen. Die finnischen, schwedischen oder auch englischen Texte verschmelzen organisch mit ihrer feinsinnigen Interpretation und der subtilen Begleitung ihres neuen Quartetts zu einer künstlerischen Einheit ungewöhnlicher Ausdruckstiefe die rundum überzeugen kann. Ihre originellen, überwiegend auf Deutsch gehaltenen Moderationen überbrücken mühelos die Distanz zum Publikum, die gemütliche Wohnzimmer-Atmosphäre und die räumliche Nähe im Jazzkeller tun ein Übriges zum allgemeinen Wohlbefinden.

Die solistisch vorgetragene Hommage an ihre alte, derzeit gerade ziemlich unterkühlte, nordische Heimat in „Land of the midnight sun“ vermochte es, den weiten nordischen Himmel, die im Frost erstarrte Landschaft und das Zwielicht der Polarnacht eindrucksvoll einzufangen. Ebenso wie das direkt vor der Pause erklingende, zauberhafte „The Music is the magic“ von Abbey Lincoln oder die farbig schillernden „Polarlichter“ vermochte es die, zusammen mit dem legendären, erst vergangenes Jahr verstorbenen Jazztrompeter Dusko Goykovich komponierte balkanische „Samba tzigane“ in besonderem Maße die Herzen und Augen der enthusiastischen Zuhörer zu öffnen. Fast noch mehr unter die Haut ging die frenetisch herbei geklatschte zweite Zugabe über „Tanzende Rentiere“ mit ihren frei improvisierten Anteilen im Stile des „World-Jazz“. Nur selten dürfte solch eine innige Liaison von Power und Sentiment zu finden sein wie in diesem nordischen Energiebündel.

Es war schwer, sich vorzustellen, dass irgend jemand Tuija Komis langjährigen, kongenialen und 2021 viel zu früh verstorbenen Pianisten Walter Lang vollwertig ersetzen könnte. Mit Stephan Weiser ist es ihr jedoch gelungen, einen äußerst feinfühligen Begleiter zu finden, der trotz seiner unzweifelhaft vorhandenen Virtuosität, diese nicht eigennützig in den Vordergrund stellt. Die neueren Stücke tragen in Zuschnitt und Harmonisierung überdies auch seine charakteristische Handschrift. Für Konstanz und Zusammenhalt sorgten in bewährter Weise Henning Sieverts am Kontrabass und Martin Kolb am Schlagzeug.

Text und Fotos: Dr. Helmut Schönecker

Tuija Komi Quartett

Am 12.01.2024 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Tuija Komi Quartett – Meet Me Under The Polar Lights

Wie keine andere bereichert Tuija Komi den klassischen Jazz-Gesang um Themen, Texte und Töne ihrer nordischen Heimat. Das finnische Energiebündel überzeugt auf vielen Ebenen. Ob mit ihrer Powerstimme, ihrem vielseitigen Gesangsstil und ihrem künstlerischen Gespür für Zwischentöne, Tuija Komi sucht bei ihren Songs schon immer die Nähe zu ihren nordischen und auch karelischen Wurzeln, was in ihrem neuen Konzertprogramm deutlich zu hören ist. Perfekt aufeinander eingestimmt spielen mit ihr im Quartett Henning Sieverts am Bass, Stephan Weiser am Piano und Martin Kolb als Drummer. Mit präzisem, federndem Timing zünden sie ein facettenreiches musikalisches Feuerwerk aus modernem Jazz, Pop, Tango und Weltmusik, das auch mal mit kantigen, archaisch-anarchistischen Klängen überrascht, sozusagen „Finest Finnish in Jazz“.

Tuija Komi (voc)
Henning Sieverts (b)
Martin Kolb (dr)
Stephan Weiser (p)

http://www.tuijakomi.de/

Foto: Dirk Schiff

Eintritt: 22 Euro, Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

Jazzclub Biberach: Konzertübersicht 2024

Übersicht über alle Veranstaltungen des Jazzclubs Biberach im Jahr 2024:

1. Halbjahr 2024 – Flyer            1. Halbjahr 2024 – Plakat

2. Halbjahr 2024 – Flyer            2. Halbjahr 2024 – Plakat

Details zu allen Veranstaltungen finden Sie unter „Archiv“ / „Ankündigungen“,
Kritiken zu den einzelnen Konzerten finden Sie unter „Archiv“ / „Kritiken“.


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Rootbears | Weihnachts-Jazz

Am 22.12.2023 um 20:00 Uhr

Ort: Biberach, Schützenkellerhalle

Beschreibung

Das Rootbears Weihnachtskonzert. Für nicht wenige Biberacher ist es als Auftakt für die Feiertage unverzichtbar. Seit mehr als 30 Jahren gestalten die fünf Musiker einen Abend für Familie, Freunde und Musikinteressierte, der in der Biberacher Musikszene seinesgleichen sucht. Handgemachter Jazz, witzige Einlagen, A-cappella-Gesang und jedes Jahr neue, teils absurde Überraschungen warten auf die Zuhörerinnen und Zuhörer.

Besetzung: Rüdiger Przybilla (sax), Hanspeter Schmid (tb), Magnus Schneider (acc, p), Martin Schmid (b), Thomas Kleinhans (dr)

Foto: Manfred Fakler

Eintritt: 16 Euro, ermäßigt 10 Euro