Zu dieser Jazzclub-Veranstaltung ist keine Kritik erschienen.
Kategorie: Kritik
02.02.2001: Duo Kappa Golz
Auftaktveranstaltung zu „The Art of the Duo“ im Jazzkeller
Duo Kappa-Golz hinter den Spiegeln
Zum zweiten Mal steht ein Halbjahresprogramm des Biberacher Jazzclubs unter einem Motto. Nach den “Piano Nights” im letzten Halbjahr 2000 heißt es jetzt „The Art of the Duo“ . Den Veranstaltungsreigen, in dem noch vier weitere Duos unterschiedlicher Besetzung und Stilrichtung folgen werden, eröffnete das in der Region nicht unbekannte Duo aus Rolf Richie Golz am Piano und Matthias Kappa an diversen Percussion-Instrumenten. Die beiden hatten sich vor Jahren im Studio Herzel bei je eigenen Aufnahmen kennen- und schätzen gelernt und beschlossen, ihre Ideen fortan gemeinsam in Musik zu setzen.
Vom verhaltenen Anfang bis zu den befreienden Zugaben lag bei dem Konzert im Jazzkeller eine typische Besetzungsproblematik aller Duos offen zutage. Die Interaktion mit dem immer gleichen Gegen- und Mitspieler setzt, vor allem in freieren, improvisatorischen Teilen ein blindes gegenseitiges Verständnis voraus, andernfalls ergeben sich Brüche und Lücken.
Kappa und Golz haben sich diese Arbeit beileibe nicht leicht gemacht und sie sind dabei auch sichtlich in Hitze geraten. Anstatt sich auf einen gemeinsam entwickelten Stil zu beschränken und stimmige, durchgängige Interpretationen davon zu liefern, haben sie sich im breiten Rund von Vergangenheit und Gegenwart eine eklektizistische Mischung aus Klassik, Pop und Rock aber auch Blues und Jazzelementen patchworkartig zusammengeklaubt und in einerseits frappierende andererseits aber bereits wieder erfrischende Konstellationen gebracht, die durch mitunter jedoch allzu gleichförmige ostinate Begleitformeln á la „Minimal Music“ nur lose zusammengehalten wurden.
Gerade in dieser unkonventionellen, auf den ersten Eindruck fast dilletantisch anmutenden Montage so gegensätzlicher musikalischer Schnipsel schien aber die eigentliche künstlerische Aussage des Duos zu liegen: der Klassik durch den Jazz einen Spiegel vorzuhalten, oder den Blues durch die Rockbrille zu betrachten. Im Lichte des einen wird das andere zur Parodie und umgekehrt. Der Titel der jüngsten gemeinsamen CD-Produktion des Duos „Spiegelbilder“ schien hier nicht nur im Blick auf die beiden sich gegenseitig widerspiegelnden Interpreten Programm zu werden. Denn nicht nur bei Alice beginnt hinter den Spiegeln das Wunderland, in dem alles so anders, so verdreht und verquer daherkommt, dass es gerade dadurch der Wirklichkeit einen Spiegel vorhält, auch Kappa und Golz gelingt es, das Gewohnte, Althergebrachte in eine Form zu bringen, die ein neues Licht darauf wirft, die neue unkonventionelle Hörweisen fordert und die Grenzen niederreißt um neue Perspektiven zu eröffnen.
Gez. Helmut Schönecker
14.01.2001: Dixieman Four
Zu dieser Jazzclub-Veranstaltung ist keine Kritik erschienen.
23.12.2000: Rootbears
Zu dieser Jazzclub-Veranstaltung ist keine Kritik erschienen.
09.12.2000: Candies ’n‘ Dandies
„Candys and Dandys“ mit Unterhaltungsshow im Jazzkeller
Girls, Girls, Girls & Boys, Boys, Boys
A cappella ist in. “Unplugged” ist in. Eine gute Bühnenshow ist in. Boys und Girls sind in. Und Pop ist sowieso immer in. Alle Ingredenzien zu einem ganz großen Knüller hatten sich also versammelt beim Konzert der „Candys and Dandys“ am Samstagabend im Jazzkeller. Ein nachmittäglicher Sonderauftritt auf dem Biberacher Christkindlesmarkt hat wohl ebenfalls seinen Teil dazu beigetragen das Publikum in Scharen anzulocken. Und niemand hatte es zu bereuen. Auch wenn Konzentration und Intonation im Verlauf des zweistündigen Auftritts der vier Damen und vier Herren doch merklich nachließen oder der Pianist der agilen Truppe gegen später seine Schäfchen nicht mehr an der rhythmischen Leine halten konnte, der Gesamteindruck war umwerfend.
Für jeden der sorgfältig ausgewählten Songs gab es eine eigene Choreographie und auch effektvolle Standbilder für die Fotografen wurden nicht vergessen. Gewürzt mit komödiantischen Elementen, die stellenweise gar an Szenen aus der „Commedia dell Arte“ erinnerten, entstand eine Art „Gesamtkunstwerk“ ganz eigenen Zuschnitts. Besonders der „Maskensong“ mit seinen roboterhaften Trippeleinlagen und den nach Vorbild des antiken Chores mit Halbmasken ausgestatteten Akteuren rief allgemeine Erheiterung hervor. Und auch wenn sich der Jazzanteil an dieser Unternehmung unter die kritische Marke zurückgezogen hatte, gab der Beifall und die drei erklatschten Zugaben dem Erfolgsrezept der „Candys and Dandys“ recht.
Ab und zu eine balladenhafte Einlage, mit durchaus anspruchsvollen, und auch schwierig zu singenden verqueren Farbharmonien aus der Jazzabteilung, ab und zu eine improvisiert wirkende Scat-Einlage und in der Hauptsache natürlich viel Pop – darunter auch so berühmte Evergreens wie „Girls, Girls, Girls“ von ABBA oder „Ein kleiner grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists – ergaben genau die Mischung, die ankommt. Die Assessoires, wie etwa die nahezu komplette Gärtnerausrüstung zur Kaktuspflege, aber auch witzig-unkonventionelle Arrangements und amüsante szenische Einlagen ließen das Original zumeist schnell vergessen. In Sachen Mimik und Gestik nehmen es die Candys und Dandys locker mit diversen Kabarettisten auf und Singen können sie auch besser.
Gez. Helmut Schönecker
10.11.2000: Martin Auer Quartett
Konzertbericht vom 10.11.2000
Martin Auer Quintett spielte NewComJazz im Biberacher Jazzkeller
Von intergalaktischen Almdudlern und französischen Hinterradlagern
An guter Laune, an kreativen Einfällen, an virtuosen Improvisationen und an begeistertem Applaus gab es wahrlich keinen Mangel beim Konzert mit dem Martin Auer Quintett im Biberacher Jazzkeller. Mit einer bis zum Bersten angefüllten Spielleidenschaft und motiviert bis in die Fußspitzen zauberten vor allem Martin Auer auf seiner Trompete und Florian Trübsbach auf Alt- und Sopransaxophon unerhörte Töne aus ihren Instrumenten. Während Martin Auer noch einige Takte Anlaufzeit benötigte bis die musikalischen Ideen frei strömten, fetzte der Gewinner des Biberacher Jazzpreises 1994 und bayrischer Staatspreisträger 2000, Florian Trübsbach, vom ersten Ton an den spärlichen Zuhörern auch ohne Verstärkung beinahe die Ohren weg. Immer auf hundert Prozent, selbst in Balladen drängend und intensiv, mit einer atemberaubend virtuosen Spieltechnik und einem emotionalen Ausdruck, der ihn alles um sich herum vergessen ließ, fand Trübsbach sofort den Zugang zum Publikum, den richtigen Ton ohnehin.
Fast ausschließlich mit überwiegend hochinteressanten Eigenkompositionen irgendwo zwischen Hard- und Neobop, Funk, Latin und Third Stream atmete jedes Stück eine Vitalität und Expressivität die beinahe greifbar den Raum füllte. Ob der Opener mit dem Titel „Enttäuschungen“ vergangene leidvolle Erfahrungen verarbeitete oder als zarte Kritik am nicht gar so zahlreich erschienenen Publikum zu verstehen, war blieb unbeantwortet. Die phantasievollen Titel wie „Intergalaktischer Almdudler“, „Hingehenkt“, „Fisadé“ oder „Hinterradlager“ fanden alle ihre musikalische Entsprechung in ebenso kreativen Arrangements und Improvisationen. Ohne Probe wirkte der „Ersatzmann“ für den kurzfristig ausgefallenen Schlagzeuger Bastian Jütte dennoch so sicher und überzeugend, ja inspirierend, dass keine Wünsche offen blieben. Freilich, kammermusikalischer Jazz, wie in der Vorankündigung zu lesen, war das nicht. Eine Vergeistigung oder auch nur eine Abstraktion auf ein höheres Reflexionsniveau war dieser Musik nicht abzugewinnen, dafür war einfach die Power und die Bodenhaftung zu groß. Höchstes musikalisches Niveau kann jedoch getrost bestätigt werden, auch ohne die Hintergrundinformation, dass der Drummer den Abend zuvor mit den Bamberger Symphonikern bestritt.