Archiv – Seite 8 – Jazzclub Biberach e.V.

Rebecca Trescher Tentett

Am 16.11.2024 um 20:00 Uhr

Ort: Biberach, Stadthalle

Beschreibung

Der Jazzclub Biberach e. V. präsentiert in seinem aktuellen Programmschwerpunkt „Ladies in Jazz“ das Tentett der Komponistin, Bandleaderin und Jurorin beim Biberacher Jazzpreis, Rebecca Trescher. Seit zehn Jahren leitet die Komponistin und Klarinettistin Rebecca Trescher ihr Tentett, mit dem sie sich einen hervorragenden Namen in der internationalen Jazz-Szene erspielt hat. So wurde die Musikerin etwa mit dem Deutschen Jazzpreis für Komposition des Jahres 2022 ausgezeichnet. Aktuell präsentiert sie ihr brandneues Album „Character Pieces“. Man spürt die außergewöhnliche freundschaftliche Energie dieses Ensembles, das einige der angesagtesten Musiker aus ganz Deutschland miteinander vereint und den Funken sofort aufs Publikum überspringen lässt. Die 35-jährige Bandleaderin präsentiert eines der innovativsten Projekte der gegenwärtigen Jazzszene.

Rebecca Trescher – Klarinette, Bassklarinette, Komposition
Julian Hesse – Trompete, Flügelhorn
Joachim Lenhardt – Tenorsaxophon, Klarinette, Flöte
Markus Harm – Altsaxophon, Klarinette, Flöte
Anton Mangold – Konzertharfe, Altsaxophon, Flöte
Juri Kannheiser – Cello
Andreas Feith – Klavier
Roland Neffe – Vibraphon
Christian Diener – Kontrabass
Silvio Morger – Schlagzeug
Friedrich Betz – Sound, Live-Abmischung

Weitere Infos und Tickets unter https://kulturkalender-biberach.reservix.de/…/group/470768

Eintritt: 29,50 Euro; Ermäßigung für Jazzclub-Mitglieder, Studenten und Inhaber der Kulturkarte

Foto: Sebastian Autenrieth

08.11.2024: Nicole Johänntgen Trio

Nicole Johänntgen geleitet durch das Labyrinth unserer Zeit

Experimenteller Jazz jenseits aller Plattitüden

BIBERACH – Die wahren Meister suchen stets die Herausforderung, die neuen Wege, das Risiko. So auch die vielfach ausgezeichnete Wahlschweizer Saxofonkoryphäe Nicole Johänntgen im vierten Konzert der erfolgreichen „Ladies in Jazz“-Konzertreihe des Jazzclubs. Die erste Herausforderung besteht bereits in der ungewöhnlichen Besetzung des Trios, ganz ohne Harmonieinstrument, nur mit Saxofon, Tuba und Perkussion. Die zweite Herausforderung liegt in dem künstlerischen Ansatz, allzu konventionelle Patterns konsequent zu vermeiden. Die dritte Herausforderung liegt darin, dem Publikum einen Weg durch das Labyrinth der Gegenwartskultur zu zeigen, einen Ariadnefaden für die Sinnsuche an die Hand zu geben. Dies auf experimentellem Weg, ohne Netz und doppelten Boden zu wagen, stellt dabei vielleicht die größte Herausforderung dar. Und zweifelsohne hat das internationale Trio all diese Herausforderungen gemeistert, ein rundum positives Lebensgefühl vermittelt, seine zahlreichen Biberacher Fans überzeugt, begeistert und mit gleich zwei Zugaben belohnt. Und auch der Verkauf der mitgebrachten CDs lief glänzend.

Weniger ist oft mehr. Eine ästhetische Einsicht, die in der Musikgeschichte immer mal wieder fruchtbar wurde. Vor rund hundert Jahren fanden die Komponisten einen künstlerischen Weg zurück von der überschäumenden Romantik und einem überbordenden Expressionismus. Die Reduktion auf das Wesentliche führte in der Dodekaphonie oder im kargen Neoklassizismus vor allem zu kleineren Ensembles. Schönbergs und Strawinskys Œuvre spiegeln diese Reduktion wieder und gipfeln gar im Minimalismus. Im Modern Jazz wurden die Ensembles als Reaktion auf die Swing- und Bigband-Ära ebenfalls wieder kleiner, kammermusikalisch transparent. Trotz gelegentlicher Anklänge an die Minimal Music geht Johänntgen nicht ganz so weit. Ihre eher rhetorisch und rhythmisch geprägte Motivik ist dazu viel zu expressiv, die kontrapunktische Verzahnung und Interaktion mit ihren Mitspielern viel zu intensiv, das spielerische Element viel zu ausgeprägt, die Improvisationen viel zu lebendig. Die klanglichen und rhythmischen Errungenschaften und Erweiterungen des Modern Jazz sowie dessen Multikulturalität hat sie dabei durchaus verinnerlicht. Skalen- und akkordbezogene Improvisationen werden weitgehend vermieden, Stimmung trefflich charakterisiert.

Rhythmisch geschärfte Unisonopassagen angereichert mit Multiphonics (gleichzeitiges Spielen und Singen in das Instrument) a la Albert Mangelsdorff auf Saxofon (Nicole Johänntgen) und Tuba (Jon Hansen) eröffnen den bunten Reigen, münden in dialogisierende, hochvirtuose Abschnitte, durchsetzt mit rhetorisch geprägten Phrasen und zusammengehalten durch sensibel groovende Rhythmuspatterns (David Staudacher). Das abwechslungsreiche Programm aus der letzten CD-Produktion „Labyrinth“ zieht das Publikum, beginnend mit dem Johänntgens Schweizer Wahlheimat gewidmeten „Lac Leman“, dem Genfer See, sofort in seinen Bann. Gelegentlich erklingende Kuhglocken aus dem Perkussions-Instrumentarium und vereinzelte „Muh-Rufe“ von der Tuba verstärken den helvetischen Eindruck. Eingestreute Songs, auch bereits vom demnächst erscheinenden neuen Album, ganz der Liebe gewidmet, lockern das Programm auf, führen durch das stilistische „Labyrinth“ unserer Tage, geben Einblicke in das, was die Komponistin derzeit vor allem beschäftigt: ihr vierjähriger Goldschatz Nenel. Ihm war nach „Pandeiro“, einem eindrucksvollen, hochdifferenzierten und heftig umjubelten Perkussion-Solo auf dem brasilianischen Tambourin, schließlich auch die zweite, ausdauernd herbeigeklatschte Zugabe gewidmet.

Text und Fotos: Helmut Schönecker

Nicole Johänntgen Trio

Am 08.11.2024 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Nicole Johänntgen ist in Biberach keine Unbekannte. Bereits zum vierten Mal gastiert die in der Schweiz lebende Saxophonistin und Komponistin im Jazzkeller und hat sich über die Jahre hier viele Fans erworben. Auf ihrem neuesten Album „Labyrinth“, Nummer 26 in ihrem umfassenden ?uvre, trifft die überaus rührige Saarländerin auf den Tubisten Jon Hansen und den Perkussionisten David Stauffacher. Live und vor Publikum für das Schweizer Radio SRF 2 eingespielt groovt das neue Album extrem frisch, experimentierfreudig und kraftvoll. Gefühlvoll, expressiv und virtuos führt Johänntgen das ungewöhnlich besetzte Trio an, entwickelt ungeahnte neue Möglichkeiten und löst scheinbare Widersprüche auf.

Nicole Johänntgen (Sax)
Jon Hansen (Tuba)
David Stauffacher (Percussion)

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

Foto: Daniel Bernet

18.10.2024: Monika Herzig’s Sheroes

Weibliche Jazz-Championsleague in bester Spiellaune
„Monika Herzig’s Sheroes“ gastieren auf ihrer Welttournee in Biberach
BIBERACH – Die neueste CD-Produktion von Monika Herzig’s Sheroes, „All In Good Time“, das vierte Album des Sextetts zur Feier des zehnjährigen Bestehens, steht seit 12 Wochen in den Billboard Jazz Charts der Vereinigten Staaten. Wer dort präsent und vor allem auch so lange präsent ist, ist ganz oben angekommen. Und dank der Spürnase der Programmverantwortlichen des Jazzclubs gab es jetzt die seltene Gelegenheit, im Rahmen der Reihe „Ladies in Jazz“, in einem Livekonzert an diesem unglaublichen Erfolg teilhaben zu dürfen. Der Biberacher Club findet sich damit auf der Tourliste der Sheroes in einer Reihe mit so renommierten Jazzclubs wie dem „Porgy & Bess“ in Wien oder auch dem „Ella & Louis“ in Mannheim. Zwischen zahlreichen Konzerten in den USA, Spanien, Österreich, Indien und Nepal war die oberschwäbische Kleinstadt einer der wenigen Anlaufpunkte in ganz Deutschland, am darauffolgenden Abend stand bereits Madrid auf dem Plan. Und obwohl die SHEroes – die weiblichen Heroes des Jazz – nur im Quartett antreten konnten, rissen sie die Biberacher Jazzfans im ausverkauften Jazzkeller buchstäblich vom Hocker.
In den Pausengesprächen überschlugen sich die begeisterten Kommentare im fachkundigen Publikum. Hatte der eine Jazzfan die beste Schlagzeug-Live-Darbietung überhaupt vernommen und konnte seiner Faszination über die eigens für die Tournee vom Broadway losgeeiste mexikanische Drummerin Rosa Avila kaum mit genügend starken Adjektiven Ausdruck geben, gefiel anderen Besuchern vor allem die Wiener Kontrabassistin Gina Schwarz, erst 2022 mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Ihr brillantes Bass-Spiel gleicht einem eleganten Tanz auf und mit dem fundamentalen Instrument, das bei ihr nicht nur verlässlich groovt und virtuos-raffinierte Improvisationen mit Charme gebiert, sondern trotz der tiefen Lage eine schwebende Leichtigkeit erzeugt, die in der Szene einzigartig ist. Neben der Bandleaderin Monika Herzig steuerte sie ebenfalls eigene Kompositionen zum Programm bei.
Dass die New Yorker Guggenheim-Stipendiatin Jamie Baum elf Mal in Folge jeweils für die „beste Flötistin des Jahres“ nominiert und dabei auch meist erste oder doch vordere Plätze erreichte, konnte derjenige erahnen, der ihr beim Spielen und Improvisieren aufmerksam zuhörte. Als einziges reines Melodieinstrument des Quartetts hatte die weitgereiste Dozentin der renommierten Manhattan School of Music und der New School in New York die melodische Hauptlast des Konzertes zu tragen. Auf ihren beiden Flöten deckte sie dabei ein so breites genreübergreifendes Spektrum an musikalischen Einfällen ab, dass es an nichts mangelte.
An Preisen und Auszeichnungen mangelt es der aus Albstadt stammenden Monika Herzig ebenfalls nicht. Nach 30 Jahren als promovierte Dozentin an der Indiana University und zahlreichen Preisen (DownBeat Magazin Awards; JazzWeek) für ihre Interpretationen (u.a. als Opener für „Power of Tower“, „Sting“ und „Yes“), Kompositionen („Just Another Day at the Office“ wurde sogar in die Jazz-Sammlung „New Standards“ aufgenommen) und Forschungsarbeiten (über David Baker und Chick Corea) übernahm sie vor zwei Jahren eine Professur für „Artistic Research“ an der „Jam Music Lab Private University“ in Wien. Dass unter all der Forschungsarbeit keineswegs ihre kompositorischen und pianistischen Fähigkeiten leiden, stellte sie im erneut ausverkauften Freitagskonzert des Jazzclubs eindrucksvoll unter Beweis. Die vorgestellten Kompositionen des neuen Albums „All In Good Time“, allen voran die gleichnamige Titelkomposition, weisen neben einer vielgestaltigen Melodik und Rhythmik eine Komplexität in Struktur und Harmonik auf, die, trotz ihrer Dichte, trotz ihres hohen künstlerischen Anspruchs und dem konsequenten Vermeiden gängiger Klischees einen unmittelbaren Zugang ins Innerste ihrer Zuhörer finden.
Leider nur eine Zugabe – die Weiterreise nach Madrid drängte –, dafür viele signierte CDs für viele begeisterte neue Fans und ein herzlicher Dank an die Organisatoren beschlossen einen grandiosen Konzertabend, der als Markstein in der jüngeren Veranstaltungsserie des Jazzclubs gelten darf.
Text und Fotos: Helmut Schönecker

Monika Herzig’s Sheroes

Am 18.10.2024 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Das bereits vierte Projekt unter dem Banner „Sheroes“, einer reinen Frauenband, die von der Pianistin, Komponistin und Arrangeurin Monika Herzig geleitet wird, ist gleichzeitig eine Feier zum 10-jährigen Bestehen der Gruppe und eine Hommage an deren Beständigkeit. 2014 hatte die aus Albstadt stammende Monika Herzig die Idee, weibliche Jazzmusikerinnen zusammenzubringen um auf der Bühne starke Vorbilder zu präsentieren und so mit Stereotypen aufzuräumen – ein Weg, der mittlerweile vielfach nachgeahmt wurde. Die verschiedenen Sheroes-Ensembles sind im Laufe der Jahre zu einer Art Großfamilie von Bandleadern geworden. „All In Good Time“ würdigt einige dieser ikonischen Komponisten und Musiker.

Nach ihrem Studium an der PH Weingarten und einem einjährigen Stipendium für ein Austauschprogramm in Alabama promovierte Herzig an der Indiana University und unterrichtete dort drei Jahrzehnte lang. Als Leiterin des Forschungskommittees „Jazz Education Network“ wurde Herzig 2022 Dekanin an der Fakultät für Musikpädagogik an der JAM MUSIC LAB Private University in Wien. Daneben trat und tritt sie in vielen renommierten Jazzclubs und auf unzähligen Festivals auf.

Jamie Baum (Flöte)
Monika Herzig (Piano)
Gina Schwarz (Bass)
Rosa Avila (Drums)

http://www.sheroesmusic.com/

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

11.10.2024: Virginia MacDonald Quintet feat. Stephane Belmondo

Virginia MacDonald Quintett sorgt erneut für eine volle Bude
Newcomer vs. Alte Hasen
BIBERACH – Im Rahmen der Konzertreihe „Ladies in Jazz“ lockte das Virginia MacDonald Quintett erneut zahlreiche Besucher in den Jazzkeller, die gemütlichen Bistrotische mussten zugunsten weiterer Sitzplätze weichen. Der Österreicher Bernd Reiter am Schlagzeug, Spiritus rector und Manager der Formation, in Paris lebender, ausgewiesener Kenner der internationalen Jazzszene und gewissermaßen Mentor der jungen kanadischen Klarinettistin hat mit der Zusammenstellung dieses Quintetts einen ausgesprochenen Glücksgriff getan. Obwohl der italienische Starbassist Aldo Zunino wegen eines Sehnenproblems kurzfristig durch Rudi Engel ersetzt werden musste, swingte die hochkarätig besetzte Truppe mit sichtlicher Spielfreude auf gleicher Wellenlänge und konnte damit rundum begeistern.
Überwiegend frisch aufpolierte Standards der Swing- und Bebop-Ära mit einem gehörigen Schuss Blues gemixt lieferten die Grundlagen für ausgedehnte, abwechslungsreiche Improvisationen. Der in Wien lebende Jazzpianist Oliver Kent steuerte am Kawaiflügel eine abwechslungsreiche, niemals aufdringliche Begleitung zum Geschehen bei, glänzte aber auch mit ausgedehnten Soloimprovisationen und großem Einfallsreichtum. Der mit allen Wassern gewaschene Pariser Startrompeter Stephane Belmondo zelebrierte seine Darbietungen und lieferte sich mit der hochvirtuos aufspielenden jungen „Rising Star“ – Klarinettistin Virginia MacDonald amüsante Dialogimprovisationen. Er reizte die Namensgeberin der Band immer wieder zu kreativen Höchstleistungen und gerierte sich als Primus inter pares. Mit der jugendlich spritzigen Virtuosität der Klarinettistin konnte oder wollte er zwar nicht mithalten, kompensierte dies aber durch expressive Leidenschaftlichkeit. Ausgedehnte, technisch brillante Schlagzeugsoli von Bernd Reiter lockerten das Gefüge auf und der emeritierte Bass-Professor der Würzburger Musikhochschule Rudi Engel forderte dem geliehenen Kontrabass bei seinen blueslastigen Improvisationen alles ab.
Reiters Idee, die junge hochbegabte Newcomerin Virginia MacDonald auf einer Europatournee mit erfahrenen Routiniers zusammenzubringen führte hier zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten und trug schmackhafte musikalische Früchte, die zwar nicht zur Avantgarde des Genres zählen jedoch eindeutig beim Publikum ankommen.
Text: Helmut Schönecker