Virginia MacDonald Quintett sorgt erneut für eine volle Bude
Newcomer vs. Alte Hasen
BIBERACH – Im Rahmen der Konzertreihe „Ladies in Jazz“ lockte das Virginia MacDonald Quintett erneut zahlreiche Besucher in den Jazzkeller, die gemütlichen Bistrotische mussten zugunsten weiterer Sitzplätze weichen. Der Österreicher Bernd Reiter am Schlagzeug, Spiritus rector und Manager der Formation, in Paris lebender, ausgewiesener Kenner der internationalen Jazzszene und gewissermaßen Mentor der jungen kanadischen Klarinettistin hat mit der Zusammenstellung dieses Quintetts einen ausgesprochenen Glücksgriff getan. Obwohl der italienische Starbassist Aldo Zunino wegen eines Sehnenproblems kurzfristig durch Rudi Engel ersetzt werden musste, swingte die hochkarätig besetzte Truppe mit sichtlicher Spielfreude auf gleicher Wellenlänge und konnte damit rundum begeistern.
Überwiegend frisch aufpolierte Standards der Swing- und Bebop-Ära mit einem gehörigen Schuss Blues gemixt lieferten die Grundlagen für ausgedehnte, abwechslungsreiche Improvisationen. Der in Wien lebende Jazzpianist Oliver Kent steuerte am Kawaiflügel eine abwechslungsreiche, niemals aufdringliche Begleitung zum Geschehen bei, glänzte aber auch mit ausgedehnten Soloimprovisationen und großem Einfallsreichtum. Der mit allen Wassern gewaschene Pariser Startrompeter Stephane Belmondo zelebrierte seine Darbietungen und lieferte sich mit der hochvirtuos aufspielenden jungen „Rising Star“ – Klarinettistin Virginia MacDonald amüsante Dialogimprovisationen. Er reizte die Namensgeberin der Band immer wieder zu kreativen Höchstleistungen und gerierte sich als Primus inter pares. Mit der jugendlich spritzigen Virtuosität der Klarinettistin konnte oder wollte er zwar nicht mithalten, kompensierte dies aber durch expressive Leidenschaftlichkeit. Ausgedehnte, technisch brillante Schlagzeugsoli von Bernd Reiter lockerten das Gefüge auf und der emeritierte Bass-Professor der Würzburger Musikhochschule Rudi Engel forderte dem geliehenen Kontrabass bei seinen blueslastigen Improvisationen alles ab.
Reiters Idee, die junge hochbegabte Newcomerin Virginia MacDonald auf einer Europatournee mit erfahrenen Routiniers zusammenzubringen führte hier zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten und trug schmackhafte musikalische Früchte, die zwar nicht zur Avantgarde des Genres zählen jedoch eindeutig beim Publikum ankommen.
Text: Helmut Schönecker