Archiv – Seite 78 – Jazzclub Biberach e.V.

Erste deutsche Stubenjazz Combo

Am 13.01.2012 um 20:30

Ort:

Beschreibung
Was in aller Welt ist „Stubenjazz“? Die um den Trompeter Michael T. Otto formierte Erste Deutsche Stubenjazz Combo steht für eine Stilrichtung des Jazz, die mit ungewöhnlicher Instrumentierung traditionelles Liedgut in ein originelles Jazzgewand aus Klängen des 21. Jahrhunderts hüllt. Die „Stube“ – ein „warmer Wohnraum“ wird dabei zum Symbol für die Kommunikation verschiedener Klangräume und das Verschmelzen epochaler musikalischer Grenzen.

Die Erste Deutsche Stubenjazz Combo kombiniert altbekanntes deutsches Volksliedgut mit Klängen des 21. Jahrhunderts. Da mag eine Posaune einer brünftigen Kuh huldigen oder ein Akkordeon jazzigen Läufen folgen, ein Maitanz entstehen um die fast atonalen Akkorde oder eine Nonne dem Kloster abschwören. Da werden Zeitsprünge vollführt und Klangräume verschoben. Die sechs Musiker hauchen schon fast vergessenen Melodien und Texten neues Leben ein. Lust und Können, Fantasie und Kreativität, Einfallsreichtum und Dynamik prägen die Konzerte der Combo.

So ungewöhnlich wie das Repertoire ist auch die Besetzung des sechsköpfigen Ensembles. Es ertönt die wundervoll schnörkellose Stimme von Junia Vent, mit leichtfüßigen Läufen am Knopfgriffakkordeon begleitet von Harald Oeler, dann sind da die mit leichter Hand gezupften Basssaiten eines Heiner Merk, die tiefgründigen Posaunentöne von Uli Binetsch, Michael T. Ottos satter Kuhlohorn-Klang; und schließlich setzt Johannes Deffner mit der Gitarre die passenden dynamischen Akzente.

Besetzung:
Junia Vent, Gesang
Michael T. Otto, Kuhlohorn, Komposition und Arrangement (Bandleader)
Uli Binetsch, Posaune
Johannes Deffner, Gitarre, Arrangement
Harald Oeler, Akkordeon
Heiner Merk, Kontrabass

www.stubenjazz.de

Eintritt 12 EUR / 9 EUR

Karten und Platzreservierungen: kasse@jazzbiber.de

Jazzclub Biberach: www.jazzbiber.de

23.12.2011: Rootbears

„Rootbears“ verbreiten musikalische Festfreude
Jazzkonzert im Schützenkeller-Saal bietet weihnachtliche Klänge der besonderen Art

Das Jazzkonzert der sechs „Rootbears“ am Tag vor Heiligabend hat in Biberach inzwischen fast Kult-Status. Selbst der Schützenkeller-Saal war am Freitag schon wieder zu klein. Schon gehen Planungsgedanken Richtung Stadt-, dann Donauhalle.
Die Kennung ihrer Unverwechselbarkeit: eine Föderation ausgeprägter Individualisten zu deren Schließanlage der Notenschlüssel passt. Stilsicherheit, Spielwitz, pulsierende Spontaneität, Qualität die mit souveräner Beiläufigkeit kredenzt wird. Nichts konnten 22 Jahre der Vitalität ihrer pulsierenden Boygroup-Dynamik anhaben. Würze durch Bonmot-Einwürfe in Leckerli-Qualität sind die Sahnehäubchen ihrer profilierten Bühnenpräsenz.
Ulrich Kuhn, mit ausgewachsenem Holzinstrument, vertrat diesmal Stammbassist Martin Schmid und begeisterte auf Anhieb. Perfekter Stallgeruch, kongeniale Vernetzung mit dem Habitus der Meute und Spielfreude brachte seine aufhorchenswerte Qualität zur Geltung. Christoph Reck (Gitarre), Hans-Peter Schmid (Posaune). Peter Schmidt (Schlagzeug), Magnus Schneider (Piano und Akkordeon) und Rüdiger Przybilla (Saxofon) schufen wieder ein packendes Programm, das trotz teils weihnachtsferner Thematik (Berlusconi) gediegenes Festgefühl nicht störte; schmackhaft angerichtet mit Schmiss, Latinwürze, einer Prise Elegie, Happening und dem bekanntem Gag-Pingpong nebst unvermeidlicher und unlösbarer Rätselfrage.
Profilstarke Arrangements, duo-, trio-, oder quartett-akzentuierte Präsentationen formten aparte Klangbilder. Dann wieder verströmte die Vollbesetzung ihr mitreißendes Sprühpotenzial. Bekannte Stücke wurden bärentypisch umgeschneidert: „Ihr Kinderlein kommet“ zum Beispiel durch Mollpassagen reizvoll „verschwermütigt“.
Das Bläserduo bestach im „Paarlauf“ durch Akkuratesse im Dialog, dann durch temporeiche Echoeffekte. Die Posaune zeigte strömende Wärme, gespürvollen Ansatz und gekonntes Pianissimo. Mit eruptiven Improvisationen und fetzigen Kapriolen riss der Saxofonist vom Hocker und brillierte als verruchter Barsänger.
Exakter Einsatz von Synkopen zog sich wie ein liebgewordener Sprachstil durch viele Passagen. Erneut zeigten die Bären mit „Oh des wär schee“ choreographie-verstärkt ihre Vokalisten-Qualitäitm Stil von „Rißtal-Harmonists“.
Bei „Tochter Zion“ spielte jeder tapfer ein ihm fremdes Instrument als ob er es könne. Der Gitarist heizte seine selbst gebauten Instrumente zu voller Klangblüte hoch, griff bestechende Harmonien, ließ Läufe funkeln. Piano und Akkordeon zeigten per Könnerhand bestechende Klangflüsse, quirlende Girlanden, rhythmisches Klangbett. Das von Haus aus brave Akkordeon hörte man hemmungslos swingen. Freude kam auf, wenn der Gast Bassist Zupf-Orgien zelebrierte und das Funkeln seiner Augen die Finger begleitete.
Der Schlagzeuger konnte zu einem temperamentvollen Solo überredet werden und gab dem Team mit unaufdringlicher aber bestimmender Technik sichere Tempi und packenden Drive. Erst nach der zweiten Zugabe, der einkerzig flambierten, piano unterplätscherten „Stille Nacht-Paraphrase“ der Posaune ging man „bärenbeschwingt“ nach Hause.

Dieter Schefold

09.12.2011: Jazzchor Konstanz

Jazzchor Konstanz im Jazzkeller Biberach

Entfesselte Choristen aus Konstanz in Feierlaune

Wenn eines unabdingbar ist, bei einem Chor, der sich mit so kniffligen Dingen wie Jazz befasst, dann ist es die Freude an dieser lebendig groovenden Musik, an der harmonischen und rhythmischen Präzision ihrer Ausführung oder an einem stilistischen Parforceritt durch das gesamte 20. und 21. Jahrhundert. Und selbstverständlich sind Noten, wie meist im Jazz, auch im Jazzchor nicht gerade angesagt. Schon gar nicht, wenn die Disziplin der Ausführung auf intensive Probearbeit schließen lässt. Jedenfalls gingen die rund 20 Kompositionen alle problemlos auswendig.

Der Jazzchor Konstanz hat unter der sensiblen Leitung von Martin Rodler und begleitet durch Uli Stier (Saxophon) und Jürgen Waidele (Klavier) bei seinem Konzert im Jazzkeller Biberach ein volles Haus völlig in seinen Bann geschlagen. Mit Highlights der Jazzmusik von Burt Bacherach (Close to you) und Irving Berlin (Blue Skies) über Lennon/MacCartney (Norwegian Wood), Tower of Power (Diggin on James Brown) und Stevie Wonder (Don’t you worry) bis Joe Zawinul (Birdland) zauberten die Badener ein Feuerwerk der guten Laune in die trübe Vorweihnachtszeit. Selbst vor einigermaßen vertrackten Instrumentaltiteln wie „Take Five“ konnten die entfesselten Choristen nicht die Finger lassen. Von stilsicheren Improvisationen durch Saxophon und Klavier aufgelockert, meist in voller Chorstärke, aber auch im Trio oder im Sextett, in vielfältig wechselnden Besetzungen ging der Konzertabend äußerst kurzweilig und unterhaltsam vorüber. Nicht zuletzt einer launigen Moderation durch einen der Tenöre zu verdanken, der auf sympathische Weise unverbindlich verbindende Worte zwischen den einzelnen Titeln fand, war das Stimmungsbarometer den ganzen Abend auf ein Hoch eingestellt.

Ja, schon, manchmal war die Grenze zum allzu schmalzigen Schmachtfetzen in Sichtweite, die Grenzen zum Pop zuweilen fließend. Die augenzwinkernde Selbstkritik und vor allem die immer wieder aufleuchtenden Jazz-Licks von Jürgen Waidele, der übrigens auch als veritabler, lebenserfahrener Jazzsänger durchgehen kann, sowie Uli Stier mit seinen raumgreifenden Improvisationen sorgten jedoch immer wieder für die erforderliche, jazzige Bodenhaftung.

„Mas que nada“, was soll’s, Spaß und Begeisterung bei Ausführenden und Publikum waren, nicht nur in dem gleichnamigen Latin-Jazz-Titel von Jorge Ben Jor, enorm. Zwei fetzige Zugaben und danach noch eine Jam-Session in voller Setlänge gaben Zeugnis über eine durchaus glückliche Konstellation: Badener und Schwaben, Chor und Jazz, Konzert und Partystimmung. Hätte der Bus der munteren Truppe nicht noch die letzte Fähre über den Bodensee erreichen müssen, hätte vielleicht erst der Morgenkaffee dem lustigen Treiben ein Ende gesetzt.

Gez. Schönecker

11.11.2011: Beat Kaestli & Trio

Jazzkeller Biberach

Far From Home – Mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks in den Sonnenaufgang

BIBERACH – Nein, eines hat er in den 18 Jahren, die er nun schon in New York weilt bestimmt nicht verlernt. Die Präzision eines Schweizer Uhrwerkes durchpulst die Musik des Schweizer Ausnahmesängers Beat Kaestli trotz der vielfältigen stilistischen Einflüsse, die mittlerweile seinen Personalstil kennzeichnen. Gleich dreisprachig (Deutsch, Englisch, Schwyzerdütsch) führte Kaestli amüsant und kurzweilig durchs Programm. Beim Konzert im Biberacher Jazzkeller hat er trotz seiner Hommage an das europäische Lied mehr als nur einen Hauch der großen weiten Welt unters Publikum gebracht. Intonation und Timing waren perfekt, die Arrangements ausgefeilt, bestens einstudiert und auch von seinem gut aufgestellten Begleittrio absolut professionell interpretiert und aufgeführt. Vor allem der Pianist und Wahl-New Yorker Tino Derado glänzte dabei mit vielseitigen Improvisationen.

 

Offenbar hat den eloquenten Schweizer Monolithen auch das amerikanische Tagesgeschäft, das ihn zur musikalischen Umrahmung von Einweihungsfeierlichkeiten im Guggenheim-Museum oder anderen herausragenden gesellschaftlichen Events führt, noch nicht so weit abgeschliffen, dass er – zumal auf der Jazzspielwiese Europas – nicht auch eigene, ja sogar bisher unveröffentlichte Einblicke in sein künstlerisches Schaffen geben würde. Das Biberacher Publikum war ihm dankbar dafür. Am meisten Spaß schien das dafür auch reichlich mit Applaus belohnte Quartett aber mit vielfach variierten populären Standards, meist aus der europäischen Songtradition zu haben. Hier durfte es schon mal eine spritzige Version von „Blackbird“ aus dem weißen Album der Beatles sein, oder auch die xte Auflage des Operettenschlagers „Softly, as in a morning sunrise“, vorgetragen mit dem pomadigen Schmelz eines argentinischen Tangosängers. Auch stimmungsvolle französische Chansons gewannen im amerikanischen Jazzidiom eine neue Bedeutung.

 

Virtuos schlüpfte Kaestli in immer neue Rollen und blieb dabei immer gefällig, unterhaltsam und doch er selbst. Vielleicht, da oder dort, zumal für eingefleischte Jazzfreaks, etwas zu unterhaltsam und wenig risikofreudig. Muss das Neue nicht manchmal auch verstören und aufrütteln? Natürlich wird sich, stromlinienförmig im Mainstream treibende, auf Hochglanz gebrachte Zweckmusik leichter ihren Platz erobern als das verstörend Unübliche, es gilt ja, im Geschäft zu bleiben. Das beste Gericht wird jedoch, wenn die richtige Würze fehlt, bei aller Romantik als zu fade empfunden. Dessen ungeachtet erklatschte sich das begeisterte Publikum gleich zwei Zugaben, die erste davon war dann auch glücklicherweise nochmal richtig pikant gewürzt und rückte das Bild auch für den Berichterstatter wieder gerade. Kaestlis weiterer Weg auf der Tournee nach Mittel- und Südamerika wird sicher ein großer Erfolg werden.

 

Gez. Dr. H. Schönecker

 

 

 

08.10.2011: Miles & More feat. Sam Maitland

Deutsch-englisches Jazzprojekt mit „Miles & More“

Sam Maitland verbreitet viel Spaß mit Smooth Jazz

Im Rahmen der englischen Woche haben Jazzclub und Kulturamt einen deutsch-englischen Konzertabend organisiert. „Miles & More“, eine Biberacher Formation um den Bad Waldseer Saxophonisten Michael Dümmler und dem seit einigen Monaten in Biberach weilenden englischen Profimusiker Sam Maitland, bereits bekannt durch seine jüngste CD-Produktion „Ich bin ein Biberacher“, hielten das zahlreich erschienene Publikum bei bester Laune.

Sympathisch moderiert durch Sam Maitland, der mit seiner samtweichen, dabei aber sehr modulationsfähigen und ausdrucksstarken Stimme vom ersten Moment an die Herzen der Zuhörer erreichte, erklangen überwiegend Eigenarrangements bekannter Jazzstandards. Ohne Berührungsängste, auch nicht vor sehr bekannten Titeln, aber auch völlig ohne falsches Pathos kamen die Stücke mit großer Selbstverständlichkeit zum Publikum rüber. Mitunter stand das Gefühlsbarometer auf „Hotelbar nach Mitternacht“, gelegentlich war auch der unverstellte Zugriff einer engagierten Schülerband zu spüren, meist aber stand die künstlerisch ambitionierte Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Sujet im Vordergrund. Hier haben sich offenkundig fünf Jazzliebhaber gefunden, von denen im Biberacher Raum künftig wohl noch häufiger die Rede sein wird.

Michael Dümmler an Es-Alt und Sopransaxophon konnte mit einem stilsicheren Timing, frischen Improvisationen und expressivem Sound überzeugen. Piano, Kontrabass und Schlagzeug agierten flexibel und banddienlich mit einem Groove, der intensive Probearbeit im Vorfeld und gemeinsame Wellenlänge verriet. Vor allem vom Pianisten kamen dabei aber auch ungewohnte Licks und Patterns, die erfrischend anders wirkten und trotz Mainstream-Ausrichtung auf neue Wege zum Altbewährten verwiesen.

Trotz überaus bekannter Titel, wie „Take Five, Satin Doll, Autumn leaves, Misty oder auch Night & Day“ und selbst vor Stings „Englishman in New York“ hatte man keinen Respekt, kam durch den bandspezifischen Zugriff keinesfalls Langeweile auf. Zwei begeistert herbei geklatschte Zugaben rundeten einen entspannten, unterhaltsamen Abend ab.

Gez. Helmut Schönecker