Anne Czikowsky Quintett im Jazzkeller
Souverän umgesetztes innovatives Konzept mit unterkühltem Bluesfeeling
BIBERACH – Die vielfach preisgekrönte Anne Czikowsky hatte mit ihren vier renommierten Mitstreitern in Biberach wohl nicht ihren allerbesten Tag erwischt. Keine der Einzelleistungen bot Anlass zur Kritik, ganz im Gegenteil. Jedes der Bandmitglieder war über jeglichen musikalischen Zweifel erhaben, lieferte hochklassige Solodarbietungen oder banddienliche Begleitstrukturen in großer Perfektion. Besonders Andy Hermanns Improvisationen am Klavier waren reichhaltige musikalische Preziosen, auch Martin Wiedmann (Gitarre) konnte gefallen. Die Fülle musikalischer Ideen, die stilistische Bandbreite der musikalischen Einfälle und die souveräne Perfektion ihrer Umsetzung, das innovative vokal-instrumentale Bandkonzept, die üppige Zuschauerkulisse mit vielen erwartungsvollen Fans – vor allem für die beiden gebürtigen Biberacher in der Formation, Andreas Hermann (Piano) und Matthias Daneck (Drums) war dies geradezu ein Heimspiel – eigentlich waren die besten Voraussetzungen für ein großartiges Konzertevent gegeben.
Woran es dann tatsächlich lag, dass sich das Publikum einfach nicht so richtig entflammen ließ, das Quintett nicht wirklich befreit aufspielen und die emotionale Handbremse lösen konnte, das lässt sich nicht leicht beantworten. Die verblüffende Virtuosität und Intonationssicherheit noch in den schnellsten Bebop-Passagen, die eloquente Sprachgewandtheit und der Variantenreichtum im Scat-Gesang bei der gefeierten Sängerin und Gewinnerin des baden-württembergischen Jazzpreises beeindruckten ungemein, ohne dabei jedoch restlos zu überzeugen. Die meisterliche Beherrschung der äußeren Form fand allzu oft keine inhaltliche Entsprechung, der musikalische Motor lief rasant aber im Leerlauf, es entstand der für unsere Zeit so typische „rasende Stillstand“.
Es gab jedoch auch erfreuliche Ausnahmen. Die Eigenkompositionen von Axel Kühn (Kontrabass) oder Matthias Daneck hatten Ausstrahlung und konnten überzeugen. „Now and Then“ von Matthias Daneck entwickelte klanglich und rhythmisch eigenständige, plastische Strukturen, die durchaus emotionalen Tiefgang besaßen. Mehr jedenfalls, als die gecoverten Versionen vieler blueslastiger Kompositionen, die auf der neuen CD des Quintetts im Frühjahr erscheinen sollen. Mit Text versehene Instrumental-Improvisationen mögen, vor allem im rasanten Bebop-Tempo, eine technische Herausforderung für jeden Sänger darstellen, wenn deren Beherrschung aber keinen künstlerischen „Mehrwert“ beinhaltet, bleibt es eine akademische Spielerei. Damit eine solche aber beim Publikum ankommt, muss sie vom Künstler überzeugend gelebt werden. Dies ist beim letzten Jazzclubkonzert leider nicht im vollen Umfang gelungen und dem überwiegend fachkundigen Publikum auch nicht verborgen geblieben. Dass die artig herbeigeklatschte zweite Zugabe mit Verweis auf die mitgebrachten CDs nicht gewährt wurde, war da wohl nur das i-Tüpfelchen auf einer konzertanten Pflichtübung, die es nicht vermochte, den Funken der Begeisterung überspringen zu lassen und wohl auch verantwortlich dafür war, dass die im Gebinde mit Schoko-Nikoläusen angepriesenen CDs keinen Absatz fanden.
Schönecker