Archiv – Seite 5 – Jazzclub Biberach e.V.

Ania Paz Trio

Am 14.03.2025 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Zeitgenössischen Latin Jazz präsentiert die an der Universität der Künste in Berlin unterrichtende peruanisch-spanische Pianistin und Komponistin mit ihrem Trio. Sie ist für ihr zupackendes Spiel und den modernen Sound in einer originellen Fusion afro-lateinamerikanischer Stile bekannt. Nach einer erfolgreichen Karriere in Lateinamerika und den Vereinigten Staaten lebt sie seit 2021 in Berlin. Ihre jüngste Produktion „Espacios“ erhielt glänzende Kritiken als „eine Klangexplosion aus lateinamerikanischer Vitalität, Passion und der Freiheit im zeitgenössischen Jazz“ oder als „ein energetisches und fesselndes Musikerlebnis, das Grenzen durchbricht“. Neben ihrer Lehrtätigkeit tritt Ania Paz regelmäßig und mit großem Erfolg als Pianistin auf internationalen Festivals auf, zuletzt in Kalifornien, in Guadeloupe, in Mexiko und Argentinien. Anlässlich des Internationalen Jazztages der UNESCO wurde sie für ihre Arbeit zur Förderung des Dialogs zwischen Kulturen durch Jazz ausgezeichnet. In ihrem Trio ergibt sich eine dynamische Zusammenarbeit mit Christoph Hillmann am Schlagzeug und Carmelo Leotta am Kontrabass. Hillmann gilt als einfühlsamer, detailreich agierender und druckvoll swingender Multistilist zwischen Weltmusik, verschiedenen Jazztraditionen und Avantgarde, Leotta hat sich die Vielfalt der musikalischen Strömungen Jazz, Blues, Elektronik und Weltmusik zu eigen gemacht hat.

Ania Paz (p, comp)
Carmelo Leotta (b)
Christoph Hillmann (dr)

www.aniapaz.com

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

Foto: Christoph Hillmann

21.02.2025: Let’s Duett

Hans, der Schafbock als Schlitzohr auf Freiersfüßen
Let’s Duett – Premiere beim Jazzclub Biberach
Den Aufnahmen der ersten CD am Nachmittag folgte ein proppenvolles Abendkonzert im Jazzkeller. Jubelnde Fans und Partystimmung trugen ein sympathisches und gut aufgelegtes Duo aus Julia Dorn (Gesang, Klavier) und Peter Bette (Kontrabass, Gitarre, Mundharmonika) unter dem Motto und Bandnamen „Let’s Duett“ zum Karrierestart buchstäblich auf Händen. Hans, der Schafbock, eine kompakte koreanische Rhythmusgruppe und das Abschiedskonzert der „Comedian Harmonists“ aus dem Jahr 1935 spielten dabei eine herausragende Rolle. Eingebettet in eingängige Ohrwürmer aus der Jazz-, Rock- und Popgeschichte der letzten 100 Jahre, waren es vor allem zwei Kompositionen, die aufgrund ihrer einfühlsamen Anmoderation einen besonderen Stellenwert einnahmen. Der R&B-Titel „Smooth Operator“ der englischen Sängerin Sade, welcher von einem Herzensbrecher handelt, wurde aufgrund aktueller Ereignisse kurzerhand Hans, dem Schafbock gewidmet. Wohl dem tiermedizinischen Hintergrund von Peter Bette zu verdanken, war die nette Geschichte von dem kürzlich für sechs Wochen angemieteten Schafbock „Hans“. Seinen Job, eine Herde junger Schafdamen zu befruchten, erledigte er binnen weniger Tage, sodass er in den verbleibenden Wochen seinen Erholungsurlaub genießen darf. Wer dem Originaltext des Sade-Titels folgte, kam aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus. Mit einem Minimum an Aufwand, so die deutsche Übersetzung, erzielte der aalglatte Loverboy ein Maximum an Vergnügen. Und Vergnügen war es auch, was das neu formierte Duo dem Publikum bereiten wollte und offensichtlich auch konnte. Der Wermutstropfen fiel am Ende. Die kürzliche Live-Premiere des Duos bei der Einweihung des Ulmer Einstein-Museums gebar die Idee des Songs, der als erste Zugabe erklang: „Morgen muss ich fort von hier“. Dies war 1935 der letzte Titel der „Comedian Harmonists“ vor ihrer Auflösung durch die Nationalsozialisten. Und auch Albert Einstein zog im Jahr 1935 nach Princeton, wo er in Freiheit weiterforschen konnte. Peter Bette stellte in subtiler Weise den systemischen Zusammenhang her und der langanhaltende Beifall ließ erahnen, dass auch dem Publikum die Parallelen zur Gegenwart bewusst geworden waren. Nach diesem Wermutstropfen führte jedoch die zweite Zugabe, „Beautiful Love“ von Wayne King, zu einem versöhnlichen Abschluss und verdeutlichte gleichzeitig die vermittelnde Aufgabe der „schönen Künste“.
Text & Fotos: Dr. Helmut Schönecker

Let’s Duett

Am 21.02.2025 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Nach den jazzigen Schwergewichten der letzten Konzerte möchte das neu formierte Jazz & Pop Duo „Let’s Duett“ aus der Ulmer Sängerin und Pianistin Julia Dorn und dem Kontrabass, Gitarre und Harmonika spielenden Peter Bette einen legeren Kontrapunkt setzen. In der minimalistischen Besetzung gilt es den Reiz und die Essenz aus den traditionellen Songs des „Great American Songbook“, beliebten Standards von Cole Porter und George Gershwin aber auch aus den Songs der Beatles, Sade, Paul Simon, Earth Wind & Fire oder Norah Jones herauszukitzeln. Julias ausdrucksstarke Stimme und Peters groovender Bass verwandeln die Pop Songs in jazzige, ohrwurmverdächtige Standards. Ihre hochgelobte Premiere feierten „Let’s Duett“ kürzlich bei der Einweihung des Museums „Die Einsteins“ im Ulmer Stadthaus. Ihre frisch am Nachmittag eingespielten Studioaufnahmen zelebrieren sie am Abend in einer Livedarbietung im Jazzkeller.

Julia Dorn – Gesang, Klavier
Peter Bette – Kontrabass, Gitarre, Harmonika

Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei, Reservierung und Spenden erwünscht.

Foto: Martin Rivoir

07.02.2025: The Rick Hollander Quartet

Zwischen pädagogischem Aberwitz und gepfeffertem Swing-Ragout
Rick Hollander Quartet zum Tourauftakt bei den Jazzbibern
BIBERACH – Übersichtlich aufgeteilt und meist durch ungeduldigen Zwischenapplaus unterbrochen kennzeichneten jeweils genau drei säuberlich getrennte Formteile jede Komposition des Abends. Zu Beginn stand jeweils eine, mit der ungekünstelten Naturstimme Hollanders fast unbegleitet gesungene Melodie, gefolgt von den auf der Steeldrum recht gleichförmig gehämmerten, zugehörigen Harmonien und nach einem Stellungswechsel des Bandleaders hin zu seinem angestammten Instrument, dem Jazzdrumset, eine gemeinsame Dekonstruktion der vorgestellten Bestandteile und deren improvisierte Neuorganisation in zumeist traditionellen Mustern: Walking Bass (Giampaolo Laurentaci), rasant swingende Achtel auf dem Becken, wilde, skalenorientierte Solo-Improvisationen, meist auf Tenor- oder Sopran-Saxofon (Herwig Gradischnig) oder halbakustischer E-Gitarre (Paul Brändle). Ob die Vorlagen nun von Neil Diamond, den Beatles oder gar von dem, im traditionellen Jazz schon recht ausgelutschten „Oh When the Saints“ stammten, zu Beginn jeder Interpretation stand quasi mottomäßig immer das einprägsame Thema, gewissermaßen zum Mitschreiben und mit erhobenem Zeigefinger präsentiert. Aufgepasst! Wer das vorgestellte Thema in der Improvisation wiedererkennt, bekommt die Eins. Den wissenden Blicken im Publikum nach zu urteilen, gab es viele Einsen.
Vereinzelt waren jedoch, ob der Mechanik des Konzeptes, vor allem bei der Vorstellung der Themen und Harmonien auch verdrehte Augen zu beobachten. Der versierte Jazzhörer fühlte sich über Gebühr bevormundet. Pädagogisch heruntergebrochen auf die Unterstufe, bestenfalls. Mit zunehmendem Fortgang des Abends rückten dann jedoch die aus der Dekonstruktion gewonnenen Filetstücke immer mehr in den ästhetischen Mittelpunkt des Geschehens. Als scharf gepfeffertes, meist swingendes oder beboplastiges Ragout, aus dem immer wieder Motive des Originals aufschienen, fand das künstlerische Kernstück des Quartetts, die spontane Improvisation im festen Formgerüst, doch seine Liebhaber. Das mit bravem Applaus auf jede der virtuosen Improvisationen reagierende Publikum begann eine muntere Interaktion mit den Improvisatoren und stachelte das anfangs noch etwas verhalten agierende Quartett zu immer ambitionierteren Leistungen. Trotz etwas mechanisch wirkendem Konzept war die Spielfreude des international renommierten und dennoch bodenständig gebliebenen Quartetts unverkennbar.
Text und Fotos: Dr. Helmut Schönecker

The Rick Hollander Quartet

Am 07.02.2025 um 20:30 Uhr

Ort: Jazzclub Biberach

Beschreibung

Nach einer erfolgreichen Japantournee ist das renommierte Quartett mit der eher seltenen Besetzung und dem unverkennbaren, melodiösen Stil 2025 wieder in Europa unterwegs und jetzt erstmals auch in Biberach. Im aktuellen Programm des weitgereisten amerikanischen Musikers aus Detroit vereinen sich Alt und Neu in einer Sammlung aus den beliebtesten Melodien der Welt, welche hoch emotional auf spannende und oft überraschende Art präsentiert werden, unterhaltsam, bodenständig, mitreißend. Herwig Gradischnig ist ein „Naturtalent“ als Tenorsaxofonist und als Frontmann der Gruppe. Er ist Dozent an der Wiener Privatuniversität JAM Music Lab. Gitarrist Paul Brändle aus Kempten bereichert die Band mit einem ausgeprägten Sinn für Harmonie und Melodie. Der aus Lecce, Italien, stammende Bassist Giampaolo Laurentaci ist die souverän antreibende Kraft des RHQ. Giampaolo besuchte das Prins Claus Conservatorium in Groningen, Holland, und die Escola Superior de Musica de Catalunya in Barcelona, Spanien, wo er einen Master-Abschluss erwarb. Ob am Schlagzeug oder an der Steeldrum, Bandleader Rick Hollanders differenziertes Spiel, sein breites Klangspektrum und die Vielzahl an zeitlosen Ideen machen den Sound der ganzen Band aus.

Herwig Gradischnig – Tenor Saxophone
Paul Brändle – Guitar
Giampaolo Laurentaci – Double Bass
Rick Hollander – Drums, Steel Drum, Vocals

https://www.rickhollanderquartet.com

Eintritt: 22 Euro, Jazzclub-Mitglieder 18 Euro, Studierende 10 Euro,
freier Eintritt für Biberacher Schülerinnen und Schüler

Foto: Feik

31.01.2025: David Helbock’s Random/Control feat. Fola Dada

David Helbock’s Random/Control mit Fola Dada im ausverkauften Jazzkeller

Lyrische Lautmalereien und moderner Groove mit Biss

BIBERACH – Quasi Unerhörtes erklang im völlig ausverkauften Freitagskonzert des heimischen Jazzclubs. Gedichte von Emily Dickingson und William Blake bis Erich Fried und Charlotte Forten Grimké, vertont und am Flügel zelebriert von David Helbock auf einer Parforcejagd durch das gesamte Klangspektrum des Instrumentes, stimmlich interpretiert von Fola Dada in einer Spanne von Body Percussion und Beatboxing über Sprechgesang zu Vokalise und expressivem Blues- und Jazzgesang in inniger Interaktion mit Andreas Broger an Querflöte, Bassklarinette, Sopran- und Baritonsaxophon, dessen Geräusche, Laute und Töne irgendwo zwischen heißer Luft, perkussiven Schnalzlauten und sonorem Wohlklang changierten.

Wie der Bandname bereits vermuten ließ, wurde all dies kontrolliert durch den Zufallsgenerator gejagt und mit der Anmutung des Experiments zum faszinierenden Erklingen gebracht, kontrolliertes Chaos sozusagen. Mit Hilfe elektronischer Helferlein wurde sogar die Raumakustik und der Klangraum variiert und kontrolliert, vom knackig trockenen Klang einer Besenkammer bis hin zu minutenlangen Delays sakraler Großbauten gab es alle Abstufungen. Augen- oder besser Ohrenfällig war hier etwas ganz Neues zu vernehmen: Ambitionierter Avantgarde-Jazz des 21. Jahrhunderts. Den Besuchern gefiel es, wie der tosende Applaus und mehrere Zugaben bewiesen.

Wäre der Multiinstrumentalist Johannes Bär am Konzertabend nicht mit Fieber im Bett geblieben, hätten die zahlreichen Besucher – die letzten mussten gar auf den Treppenstufen Platz nehmen – noch diverse Blechblasinstrumente, Trommeln und Mouth Percussion in einem ohnehin bereits dichten Dschungel aus Klängen und Effekten vernommen. Dass darüber auch Melodien, Harmonien und Rhythmen nicht gänzlich verloren gingen, war der intelligent berechneten Kontrolle der Sujets zu verdanken. So schimmerte trotz aller Verfremdung in „Like A Prayer“ doch noch Madonnas Original durch, dank natürlicher Stimmgebung und deutlicher Aussprache Fola Dadas waren die Texte der Gedichte zumeist gut zu verstehen und besonders in Erich Frieds „Freiheit“, die natürlich nicht „herrscht“, sowie in Grimkés „Digital Utopia“ von zwingender Eindringlichkeit und Expressivität, einen ordentlichen Schuss Zeit- und Gesellschaftskritik inbegriffen.

Dem Fehlen von Johannes Bär war es wohl auch zu verdanken, dass neben den klingenden Exponaten der brandneuen CD in der unfreiwillig reduzierten Besetzung auch einige Standards in kammermusikalischer Transparenz Eingang ins Programm fanden. „Round Midnight“ von Thelonious Monk oder „In A Sentimental Mood“ von Duke Ellington hatten, außerhalb umfänglicher Intros, Zwischenspielen und Endings, durchaus einen traditionellen Touch. Entschlackt von allzu konventionellem Beiwerk nahmen die Stücke dadurch eine zeitlose Frische an, erwachten gewissermaßen zu neuem Leben. Hier inspirierte die lebende Kraft der Tradition hörbar die Gegenwart und sei es mit der Intention, den melodiösen Aspekten des Jazz vielleicht auch in Zukunft wieder einmal etwas mehr Bedeutung zukommen zu lassen.

Text und Fotos: Helmut Schönecker