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17.06.2006: Joe Fessele „Until Summer“
12.05.2006: Christoph Dangelmaier Trio
E-Bass-Virtuose Dangelmaier beim Jazzclub Special
Klassischer Triojazz auf hohem Niveau
Einen bunten Cocktail an eingängig-unterhaltsamen Jazztiteln, Eigenkompositionen und Standards, in professioneller Zubereitung, je nach Bedarf gerührt oder geschüttelt, bekamen die zahlreichen Gäste beim Jazzclub Special am vergangen Freitag im Jazzkeller präsentiert. Als eines der Highlights im Halbjahresprogramm „Three4You“ angekündigt, konnte das Trio des Stuttgarter Bassvirtuosen Christoph Dangelmaier rundum begeistern.
Als besonderer Glücksfall für das Trio erwies sich die technisch brillante Pianistin Gee Hye Lee aus Korea, die mit der größten Selbstverständlichkeit auch die avancierteren Kompositionen eines Keith Jarrett oder Bill Evans, den führenden Pianostars des Modern Jazz nicht nur aufgriff und nachspielte, sondern auch die gestalterische Kraft besaß, daraus etwas Eigenständiges zu fertigen. Leider ließ ihr das im Übrigen durchaus ehrenvolle Bandkonzept der vollen Gleichberechtigung und die virtuose Präsenz ihrer Mitstreiter, neben dem Namensgeber am Kontra- oder E-Bass der ebenfalls aus Stuttgart stammende Jogi Weiss am Schlagzeug, nicht immer den nötigen Raum zur vollen Entfaltung ihrer Möglichkeiten. Andererseits ergaben sich neben enthemmten Soloimprovisationen auf diese Weise auch hochkomplexe Strukturen in polyphoner Dichte. Wo so viel geballte Energie auftritt, ist das Vorhandensein von Leitplanken zur Vermeidung klanglicher Exzesse unabdingbar. Dass daraus mitunter eine gewisse Gleichförmigkeit in den formalen Abläufen resultierte, hingegen nicht. Wo Standards nur noch als Steinbruch für melodisches oder harmonisches Abraummaterial betrachtet werden, deren genussvolle Filetierung zum Eigenwert gerinnt, macht sich oft eine inhaltliche Leere bemerkbar. Nicht so jedoch in der einem begeisterten Publikum gerne gewährten Zugabe „Autumn leaves“, in der Thema und Akkorde sich als Leitmotiv durch eine gänzlich neue Komposition hindurch zogen, in gewisser Weise dem Verfahren klassischer Variationenkompositionen vergleichbar. Engagierter, intelligent gemachter und abwechslungsreicher Modern Jazz, kein stilistisches Neuland aber lebendige Tradition in gediegener Ausarbeitung.
Gez. Dr. Helmut Schönecker
21.04.2006: indira Trio
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01.04.2006: Biberacher Jazzpreis 2006 (Konzert: Charlie Mariano/Dieter Ilg/Paul Shigihara)
Biberacher Jazzpreis 2006 mit Galakonzert am 1. April 2006 in der Stadthalle Biberach
Marianos Trio begeistert die Biberacher
BIBERACH – „Mumble Jumble“ heißen die Sieger des Biberacher Jazzpreises. Die Musikstudenten aus Köln, Berlin und Amsterdam hatten mit der reifsten Präsentation und einem zeitgemäß groovenden Sound die Jury auf ihrer Seite. Von Altmeister Charlie Mariano, der mit seinem Trio zur Preisvergabe spielte, erhielten sie die Siegerurkunde.
Von unserem Mitarbeiter Raimund Kast
Über 30 Bands aus Deutschland und der Schweiz hatten sich um den inzwischen zu den wichtigsten Auszeichnungen für junge Nachwuchsjazzer im deutschsprachigen Raum zählenden Preis beworben. Und wieder einmal hatten Musiker aus dem Talentschuppen von Peter Herbolzheimer die Nase vorn beim Biberacher Jazzpreis. „Mumble Jumble“ stellte mit dem Pianisten Sebastian Sternla, der auch die raffiniert-eingängigen Kompositionen der Band beigesteuert hatte, auch einen der reifsten Solisten des Abends und lag am Schluss eindeutig vorn – zumindest in den Augen der Jury. Denn das ist auch schon Tradition in Biberach: In der Publikumsgunst hatte mit dem Münchner Quartett „Etna“ und seinen eingängigen Soundcollagen eine andere Band knapp die Nase vorn. Die eigentliche Überraschung war das mit einer Wildcard als vierte Band mit in die Endausscheidung gerutschte Quartett „Salsaria“ aus Laup-heim. „Für ihr Alter sensationell“, urteilte die Jury über die im Durchschnitt 16 Jahre alte Schülerband um den talentierten Pianisten Lukas Brenner.
Ein Geschichtenerzähler
Bei der Preisvergabe zusammen mit Saxophon-Legende Charlie Mariano auf der Bühne stehen zu dürfen, war für die Laupheimer sicherlich der bisherige Höhepunkt ihrer musikalischen Laufbahn. Zuvor hatte er 82-jährige Mariano, der von Dizzy Gillespie bis zum United Jazz and Rock Ensemble so ziemlich mit allem gespielt hat, was im Jazz Rang und Namen hat, gezeigt, dass er nichts von seinem großen Können eingebüßt hat. Im Gegenteil: sein Spiel scheint immer besser und weiser zu werden. Noch immer überrascht er mit seinem klaren, akzentuierten Ton, der leicht und beweglich daherkommt, von melodischer Wärme geprägt ist. Mariano, das wurde erneut deutlich, ist ein Geschichtenerzähler, einer der die spröde Schönheit seines Altsaxophons voll auszukosten weiß. Sei es in Eigenkompositionen wie „Savannah Samurai“ oder in bewährten Standards wie „Good Bye Pork Pie Hat“, ein Stück, das in seiner traurig-stolzen Stimmung Mariano auf den Leib geschrieben scheint.
Mitgebracht hatte Mariano zwei exzellente Begleiter. Seit über 15 Jahren ist der Bassist Dieter Ilg fester Partner von Mariano in den diversen Duo- und Trio-Projekten Marianos und versteht sich blind mit dem Altmeister. Der Freiburger vermag es, jeden Ton seines Instruments auszukosten, den vollen runden Ton konsequent auszuloten. Hinzu kommt eine virtuose Fingerfertigkeit, die ihn unter den zeitgenössischen Jazzbassisten in Deutschland nahezu einzigartig macht.
Als dritter mit im Bunde: der in Tokio geborene, seit vielen Jahren in Köln lebende Gitarrist Paul Shigihara. Auch er einer, der wie Mariano auf unterschiedlichste musikalische Einflüsse verweisen kann, der zu einem eigenen, unverwechselbaren melodischen Sound und einer souveränen spielerischen Reife gefunden hat, bei der die virtuose Technik nur Mittel zum Zweck ist. Bewundernswert vor allem, wie er sich immer wieder mit Dieter Ilg zu spannungsreichen Dialogen zusammenfand, wie sich die kristallinen Strukturen seines Gitarrenspiels mit den warmen Basslinien Ilgs immer wieder eng verzahnten zu einem höchst eindringlichen musikalischen Ganzen.
Begeisterten Beifall gab es vom Publikum, und hätte nicht noch die Preisübergabe des Jazzpreises angestanden, wäre es sicherlich nicht nur bei einer Zugabe geblieben.
Schwäbische Zeitung Biberach 03.04.2006
31.03.2006: Immanuel Brockhaus „Injaztigator“
Innovatives Bandprojekt „INJAZTIGATOR“ im Jazzkeller
Auf neuen Pfaden zu alten Zielen
Mit einem hochinteressanten Bandkonzept an der Schnittstelle zwischen Musik, Bild und Sprache stellte sich Immanuel Brockhaus zum Auftakt der Veranstaltung BackHomeBiberach im Jazzkeller einem begeisterten aber leider nicht sehr zahlreichen Publikum vor.
Die vor zwei Jahren mit großem Erfolg ins Leben gerufene Vorabendveranstaltung zum internationalen Biberacher Jazzpreis bietet ein Forum für ehemalige Biberacher Jazzer, die nun in der Profiliga ihre Brötchen verdienen und es in der großen weiten Welt des Jazz zu Ruhm und Ehre gebracht haben. An das Auftaktkonzert, für welches dieses Jahr Immanuel Brockhaus mit seiner neuen Formation „INJAZTIGATOR“ verantwortlich zeichnete, schließt sich eine Jamsession mit weiteren „Local Heroes“ an, soweit die Theorie.
Doch erst das Erfreuliche. In den 60er Jahren hatte eine Spielart der Rockmusik als „Psychedelic Music“ im Umfeld der Flower Power Bewegung nach neuen Wegen zur Bewusstseinserweiterung durch Musik gesucht, Trance und Ambient als Techno-Spielarten haben bereits daran angeknüpft. Im Jazz war es vor allem die Fusion Bewegung, die diese Impulse aufgriff und weiterentwickelte. Schon früh wurde, etwa durch Andy Warhol, auch nach Visualisierungen dieser Ideen gesucht. Brockhaus knüpft jetzt mit seinem Konzept ebenfalls daran an und verbindet es darüber hinaus mit lyrischen Texten von Salinger, Bukowski, Ginsberg und anderen Autoren dieser Zeit. So entsteht ein multimediales Einkreisen des der Musik, der Kunst und der Lyrik gemeinsamen Gegenstandes, der künstlerischen Aussage in einer neuen Art von „Gesamtkunstwerk“ mit den Stilmitteln und Sounds des modernen „Electric Jazz“ und digitaler Bildbearbeitung. Die „Visuals“ wurden nach einer passenden Bilder- und Videovorauswahl des Komponisten Immanuel Brockhaus passend zu den einzelnen Kompositionen und Texten durch Peter C. Brand mittels Laptop und 2 Beamern auf zwei getrennten Projektionswänden präsentiert. Das Besondere daran war jedoch, dass die aus einer Überlagerung verschiedener Bilder, Videos und Texte mit wechselnden Bild-Effekten resultierenden Visualisierungen gewissermaßen so spontan und mit improvisierten Teilen durchsetzt war, wie die damit verbundene Musik. Die Belegung der Tasten eines MIDI-Keyboards mit untereinander kombinierbaren Bildern und Effekten ermöglichte dieses innovative Experiment, welches spontan überzeugen konnte. Samples von gesprochenen Originalzitaten schlugen eine weitere Brücke zwischen Musik und Sprache. Über alle diesen Innovationen soll aber nicht verschwiegen werden, dass eine hervorragend groovende Band mit Thomas Mäder (Saxophon), Pierangelo Crescenzio (Bass) und Andreas Schnyder (Drums) für eine spannende, energiegeladene Musik sorgte, die niemals Langeweile aufkommen ließ.
Das weniger Erfreuliche: Die erhoffte Jamsession kam aufgrund eines fehlenden Schlagzeugers und anderer unglücklicher Umstände dieses Mal leider nur beinahe zustande. Einige Musiker aus der regionalen Jazzszene zogen enttäuscht und unverrichteter Dinge mit ihren Instrumenten wieder ab, einige eigens angereiste Fans gingen nicht nur mit einem lachenden Auge nach Hause.
10.03.2006: Kuno Kürner Trio
Kuno Kürner Trio im Jazzkeller
Coole Impressionen in Jazz
Verhaltene Leidenschaft, kühle Distanziertheit und eine mitunter etwas linkische Moderation des Bandleaders schienen zunächst den Zugang zu der Bud Powell gewidmeten Bop-Musik des Kuno Kürner Trios zu verstellen. Das sachkundige Publikum im Jazzkeller reagierte demzufolge auch erst einmal abwartend und verhalten. Neben diversen musikalischen Untiefen, die eher Gefühle im Stile „Mitternacht im Ritz“ aufkommen ließen, lauerten dann aber unversehens auch perlende Miniaturen, reduziert auf ihre innermusikalische Kernsubstanz, die eben gerade nicht das unverbindlich oberflächliche Dahinplätschern des gelangweilten Bar-Pianisten widerspiegelten sondern die stilistische Vielfalt und ausgereifte Technik der großen Vorbilder Bud Powell, Art Tatum, Erroll Garner und vor allem seines mehrfach zitierten Klavierlehrers und Freundes Barry Harris wieder aufleben ließ.
Weit ausgreifende, einstimmige Melodielinien der rechten Hand in rasenden Achtelbewegungen, pointiert durch knappe, hochkomplexe Akkordtupfer in den synkopierten Rhythmen der linken Hand kombiniert mit einer höchst präzisen, fast schon spröden Anschlagstechnik versetzten die verzückten Zuhörer zurück ins New Yorker Minton’s der 40er und 50er Jahre des 20. Jahrhunderts, wo Bud Powell neben Charlie Parker und Dizzy Gillespie im neuen Bop-Idiom experimentierte.
Konzentriertes Hindurchhören vorausgesetzt, boten vor allem Kuno Kürner mit seiner stupenden Spieltechnik, anhaltender Unaufgeregtheit und Coolness aber auch der solistisch eher zu wenig geforderte Kontrabassist Christian Stock, in traumhaft sicherem Timing dezent von Walter Bittner an den Drums gestützt, filigrane Architekturen in einem wahren Mikrokosmos musikalischer Einfälle. Permanente rhythmisch-melodische Variationen im schnellen Lauf über den harmonischen Strukturen bekannter Standards gerieten zur Essenz eines herausragenden Klaviertrios des modernen Jazz.
Dass Kürners Improvisationen das Original meist gut durchschimmern ließen, seine Harmonik eher durch farblich-impressionistische Erweiterungen und weniger durch couragierte Substitutionen geprägt war und seinen Melodielinien die innere Zerrissenheit des bopgeprägten Jazz fast gänzlich abging führte allerdings auch zu dem angenehm gefälligen Gesamtcharakter einer Musik, die besonders in den sentimentaleren Titeln wie „Prisoner of Love“ oder in den diversen Gershwin-Titeln wie „I got rhythm“ viele Zuhörer ihren inneren Frieden finden ließen, in einem Modern Jazz in klassisch gemäßigter, impressionistisch übermalter Form a la Kuno Kürner.
