Mit Coltrane auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen
Katharina Maschmeyer Quartett in Topform
BIBERACH – Eingebettet in eine Reihe von Eigenkompositionen, die teilweise bereits beim letzten Biberacher Konzert des Quartetts 2013 ihre Uraufführung erlebten, stellte das „KA MA Quartett“ von Katharina Maschmeyer, unterstützt durch die indonesische Conga-Legende Nippy Noya, im Freitagskonzert des Jazzclubs sein im vergangenen Jahr veröffentlichtes Tribute-Album „A Love Supreme“ zu Ehren von John Coltrane vor. Wer ohne Reservierung zu dem spektakulären Konzert im Jazzkeller erschienen war, musste bereits vor Beginn mit einem der knappen Restplätze auf den Podesten und Treppenstufen vorliebnehmen.
John Coltranes berühmte viersätzige Suite „A Love Supreme“ markiert den Höhe- und Wendepunkt seines Schaffens und brachte ihn bekanntlich in die „Hall of Fame“ des Down Beat Magazins. Die intensive Emotionalität der mythischen Suite inspirierte bereits Carlos Santana und John McLaughlin, die darin eine universelle Tonsprache erkannten, in welcher „der Einzelne im Kollektiv aufgeht“. Dieser Leitgedanke hat wohl auch das „KA MA Quartett“ nach drei international gefeierten Studioalben dazu beflügelt, die bewunderte Vorlage des Ausnahmesaxophonisten Coltrane in einer eigenen Version in Form einer kultigen, limitierten Vinylauflage des Livekonzertes, aufgenommen in den renommierten Bauerstudios in Ludwigsburg, aufzulegen. Dessen Biberacher Liveversion übertraf in ihrer Intensität alle Erwartungen. Mit kraftvoller, kaum gebändigter Leidenschaft, markanten Grooves und äußerst druckvollen Patterns fetzte das Quartett den zahlreichen Fans die alles mitreißende Musik um die Ohren, welche vor allem im ersten Set die Gehörgänge erstmal ordentlich durchlüftete.
Eingeleitet von Kompositionen des funkensprühenden Gitarristen/Bassisten Nils Pollheide und des ebenso coolen wie hochvirtuosen Pianisten Philipp Rüttgers, der am Kawaiflügel, am Nordstage EX und am Synthesizer gleichermaßen brillierte, begann die Hommage an Coltrane in Anlehnung an Carlos Santana mit dem Pollheide-Stück „Universal Tone“. Es folgten die beiden ersten Sätze der Coltrane-Suite, das blueslastige „Acknowledgment“ (Anerkennung) und das eher leichtfüßig swingende „Resolution“ (Entschluss) bevor das, ob der für sensible Ohren mitunter schon grenzwertigen Lautstärke teilweise etwas gestresst wirkende Publikum in die wohlverdiente Pause entlassen wurde.
Nach derselben nahm das experimentelle Streben („Pursuance“) nach der universellen Musiksprache unter Einbeziehung lateinamerikanischer Stilelemente seinen Fortgang bevor im wieder leicht blueslastigen und melancholischen „Psalm“ der dramaturgische Höhepunkt und Abschluss der Suite erreicht wurde. Amen. Ja so sei es. Katharina Maschmeyer hat ihren Coltrane nicht nur verstanden sondern verinnerlicht und weiterentwickelt. Und vor allem bringt sie dies auch auf ihrem Tenorsaxophon, gelegentlich auch auf Bassklarinette oder Sopransaxophon in überzeugender Weise kraftvoll und in ungekünstelter Natürlichkeit an ihr Publikum. In gewissem Sinne ging nach dieser zentralen Suite aber auch ein Aufatmen durchs Publikum. Die dichtesten und damit auch für alle Beteiligten anstrengendsten Passagen des Konzertes waren gemeistert. Danach ging es erfreulicherweise deutlich leichtfüßiger weiter. Der Ausklang des Konzertes nach fast drei Stunden war mit Titeln wie „Early Bird“ oder „Spring Thing“ entspannter, durchweg transparenter, filigraner und eigentlich auch unterhaltsamer als das Coltrane gewidmete Hauptprogramm. Die Eigenkompositionen von Rüttgers, Pollheide und Maschmeyer brauchten sich dabei hinter den berühmten Vorlagen jedoch keineswegs zu verstecken. Für den nötigen Druck und Zusammenhalt sorgte, hier wie da, der präzise zupackende Drummer Jens Otto. Für die sensible, alles einbettende Matrix war Nippy Noya zuständig. Ihm war auch ein phänomenales Conga-Festival gleich nach der Pause zu verdanken.
gez. H. Schönecker