Archiv – Seite 77 – Jazzclub Biberach e.V.

15.11.2013: Fabro

Leichte Unterhaltungsmusik mit Esprit

BIBERACH – 20jähriges Bühnenjubiläum mit dem Flamenco-Jazz-Trio „FABRO“, das hieß im Biberacher Jazzkeller vor allem gefällige, abwechslungsreiche Unterhaltungsmusik, routiniert dargeboten mit gelegentlich besinnlich-meditativem Einschlag. Nach feurigem Flamencofeeling suchte man jedoch vergeblich. Daran konnten auch die typischen „Palmas“ nichts ändern. Durch die Eisele-Zwillinge aus Sigmaringen versiert umgesetzt, belebten die komplementärrhythmischen Klatschrhythmen  das musikalische Geschehen, ohne jedoch an diesem Abend wirklich zu zünden.

Durchaus lebhaft in den schnelleren Nummern, boten die Multiinstrumentalisten eine große klangliche und stilistische Vielfalt, abwechslungsreich und unterhaltsam. Vor allem Wolfgang Eisele, wahlweise an Sopran- oder Altsaxophon, Querflöte, Gitarre, selbstkonstruierter Bassdrum oder diversen Perkussionsinstrumenten, zeigte sich dabei als musikalisches Chamäleon.  Sein Bruder Harry am Flügel, auf einer Cajon sitzend und gelegentlich auch darauf spielend, hielt das musikalische Geschehen harmonisch und strukturell zusammen, lockerte es vereinzelt aber auch durch jazzige Improvisation auf.

Oliver Fabro, Namensgeber und musikalischer Kopf der Formation und nach mehreren gefeierten Auftritten in Biberach erklärter Publikumsliebling, steuerte, neben seinem virtuosen Gitarren- und Mandolinenspiel sowie einer fußbedienten Schellentrommel, die stilistisch vielfältigen Kompositionen bei. Keltische Einflüsse, wie in dem aus Nordwestspanien stammenden „Gaita“ , mittel- und südamerikanische Rhythmen, orientalische Melodik oder programmatische Aspekte, wie in der Flussgeschichte „El Rio“ nach dem Vorbild von Smetanas „Die Moldau“ verbinden sich mit Jazzeinflüssen zu einem mittlerweile gereiften, ja beinahe abgeklärt wirkenden Individualstil, der sich auch in der neuesten CD-Produktion „Primavera“ wiederspiegelt. Exotische Instrumente, wie der aus Südindien stammende „Ghatam“ – ein nach oben offener bauchiger Tonkrug – oder die türkische Darbuka  – eine tablaähnliche Trommel – öffnen ungewohnte Klangräume, die sich oft mit den traditionellen Flamenco-Rhythmen, etwa den Soleares zum typischen Fabrostil verbinden.

Wirklich in die Tiefe gingen aber besonders die langsamen Nummern. „Flor de luna“ entführte das überwiegend aus erklärten Fabrofans bestehende Publikum in weit entrückte Sphären tiefster Kontemplation. Erst Sekunden nach dem Verklingen der „Mondblume“ trauten sich die ersten Claqueure zum dann aber langanhaltenden Applaus. Schade eigentlich, dass nicht mehr solcher Stücke im Programm auftauchten, wirkten doch die schnellen Stücke mitunter etwas unscharf und beiläufig, die virtuosen Unisonolinien nicht immer ganz präzise und die Improvisationen oft etwas wenig inspiriert. Es blieb eine temperamentvolle, gute Unterhaltungsmusik mit Esprit zum entspannten Zuhören und Wohlfühlen.

 

Fabro

Am 15.11.2013 um 20:30

Ort: Jazzclub Biberach
(c/o Bruno-Frey-Musikschule, Wielandstraße 27, 88400 Biberach an der Riß)

Beschreibung
Flamenco-Jazz-Trio spielt seit 20 Jahren zusammen

Das Trio FABRO schafft seit nunmehr 20 Jahren mit der Verschmelzung von spanischen und südamerikanischen Musikstilen eine aufregende neue Instrumentalmusik. Lateinamerikanische Rhythmen, Jazz sowie Einflüsse aus keltischer Musik und der Klassik verleihen dem spanischen Flamenco in der Musik von FABRO ein neues Gesicht.

Die drei Musiker fügen dem traditionellen Flamenco-Instrument Gitarre sowohl Percussions und Palmas wie auch Saxophone, Querflöte, Mandoline und Klavier hinzu. Die Kompositionen stammen alle aus eigener Feder. Es entsteht eine zarte oder harte Sinfonie, welche durchaus als Weltmusik bezeichnet werden darf.

Zu hören ist diese Musik auch auf der fünften, der Jubiläums-CD „Primavera“ (FABRO Records, Bestellnummer: FA 1325; September 2013).

Besetzung:
Oliver Fabro: Gitarre, Mandoline, Bass, Komposition
Wolfgang Eisele: Saxophone, Querflöte, Gitarre, Palmas, Percussion
Harry Eisele : Piano, Keyboards, Palmas, Percussion

Eintritt: 15 EUR / ermäßigt 12 EUR
Karten & Platzreservierungen: kasse@jazzbiber.de
(Bitte bis spätestens 15:00 Uhr am Tag des Konzerts)

http://www.fabro.de/fabro-flamenco-jazz-trio.html

08.11.2013: Nicole Jo

„Nicole Jo“ trifft den Nerv des Publikums

BIBERACH – Im restlos gefüllten Jazzkeller ging beim Konzert von „Nicole Jo“ buchstäblich der Punk ab. Bereits vom ersten Titel an sprang der Funke über, die Begeisterung war mit Händen zu greifen, der Sound und das Bandkonzept stimmten, ebenso die Motivation der Musiker. Und ganz offenkundig trafen auch die Eigenkompositionen der Bandmitglieder beim Publikum auf offene Ohren. Der CD-Verkauf und die eingeforderten Autogramme beschäftigten die Musiker nach dem Konzert noch fast eine ganze Stunde lang.

Wie Nicole Johänntgen später dem Publikum gestand, war bereits die stimmungsvolle Anreise aus Zürich mit der Fähre über den Bodensee für sie ein gutes Omen. Das Ambiente und das begeistert mitgehende Publikum im Jazzkeller taten ein Übriges, und so bedankten sich die Musiker am Ende nicht nur mit mehreren Zugaben sondern auch durch überschwängliches Lob bei Publikum und Veranstaltern.

Die Arbeiten mit Loops und Patterns aus der elektronischen Workstation verbinden sich in der Elektro-Jazzszene meist mit gediegenen Sounds und sphärischen Klängen in einfachen Strukturen und mit noch einfacheren Motiven, oft im Stil der Minimal Music oder gar mit eingängigen Elementen aus der Popmusik. Eine echte Synthese der neuen Klanglichkeit mit originären Jazzelementen ist ziemlich selten. Genau in dieser Nische bewegen sich aber die ebenso temperamentvolle wie sympathische Bandleaderin an Sopran- und Altsaxophon und ihre musikalischen Mitstreiter. Die gepflegte ästhetische Klangkultur und das Experimentieren mit neuen Sounds und Spieltechniken verbinden sich bei „Nicole Jo“ mit hochvirtuosen und komplexen Improvisationen. Druckvolle Bässe und zupackende Grooves aus der Funk- und Fusion-Tradition treffen auf rasante Neobop-Unisono-Linien (Stefan Johänntgen), ausdrucksvoll „sprechende“ und sinnlich leuchtende Saxophonklänge wechseln mit wilden Schlagzeug- (Elmar Federkeil) oder Bass-Soli (Philipp Rehm).

So kamen etwa in dem flirrenden „Smells like spring“ eher Assoziationen zu Strawinskys „Frühlingsopfer“ und dem dort nach langem, harten Winter mit Brachialgewalt einbrechenden russischen Frühling auf, als zu dem eher lauen Beginn dieser Zwischenjahreszeit in unseren Breiten. In „Time“ wirbelte die kraftvolle Musik ihre willigen Zuhörer mit der Anziehungskraft eines „schwarzen Loches“ in das stilistische Füllhorn eines allumfassenden Jazz-Universums, aus dem es kein Entkommen mehr gab.

Begeistertes Johlen, anfeuernde Rufe und Pfiffe und der Wunsch vieler Konzertbesucher, diese Musik auch in gepresster Form mitzunehmen, waren die äußeren Zeichen für ein kollektives Erfolgserlebnis der Extraklasse. Schade nur, dass die neue CD erst in knapp einem Jahr auf den Markt kommt.

 

Dr. Helmut Schönecker

 

Nicole Jo

Am 08.11.2013 um 20:30

Ort: Jazzclub Biberach
(c/o Bruno-Frey-Musikschule, Wielandstraße 27, 88400 Biberach an der Riß)

Beschreibung
1998 wurde „Nicole Jo. needs 2B funky“ mit Stefan Johänntgen (keys), Christian Konrad (bass), Elmar Federkeil (dr) und Nicole Johänntgen (sax) im Saarland gegründet. Ihre Leidenschaft zur Musik spiegelt sich in den fünf CDs wieder, die sie in Eigenregie produzierten.

2009 vollzog sich ein Klangwechsel. Der eher an Fusion erinnernde Bandsound entwickelte sich zum sphärischen groove-orientierten rockigen Sound. Der Bandname änderte sich zu „Nicole Jo“. Ab April 2011 übernahm Philipp Rehm den Bass. Die Musiker beeindrucken durch ihr Können und die unbändige Spielfreude. Ihre Bühnenpräsenz lässt musikalische Grenzen aufbrechen, zieht junges wie auch älteres Publikum in den Bann, und wandert mit hypnotisierender Inbrunst durch Italien, Deutschland und die Schweiz.

Album «Go On» (2011)

Der sanfte Tanz schwebender Schneeflocken, die flirrende Luft eines verheißungsvollen Frühlingstages, das andächtige Ambiente eines Kirchenraums – betörende Klangbilder voller Ausdruckskraft und Sinnlichkeit. Entstanden sind Soundtracks für imaginäre Filme im Kopf der Zuhörer. Man sieht förmlich die Winterlandschaft vor sich, riecht den Duft des Flieders, hört den Hall des Gebetsraums.

Dabei nutzt die virtuose Instrumentalistin Nicole Johänntgen eine beeindruckend opulente Soundpalette. Ihr Saxofon seufzt und schreit, singt und flüstert, zetert und murmelt. Die Mitmusiker der gebürtigen Saarländerin und Wahlzüricherin folgen mit kongenialer Versiertheit. Stefan Johänntgen bringt am Piano erdige Hardbop-Läufe ins Spiel, schlägt am E-Piano zupackende Funk-Töne an und sorgt an der Orgel für schummrige Gospel-Akkorde. Christian Konrad setzt sich am Bass mit perkussiven Slap-Riffs ebenso brillant in Szene wie durch filigrane gitarristische Linien. Und Elmar Federkeil meistert am Schlagzeug ein breites Spektrum an Rhythmen – von straightem Swing über pulsierende Grooves und Latin-Rhythmen bis hin zu pointierten Rock-Akzenten.

„Nicole Jo“ überschreitet Grenzen zwischen den Genres. Folkloristische Ausflüge in zerklüftete Balkan-Melismatik, Gospel Balladen, Groove, Swing und energetische Ausbrüche in explosive Free-Jazz-Sphären. Die Musik schwebt, flirtet mit futuristischen Sounds, beschwört den alten Geist des Blues und nutzt die moderne Klangsprache des zeitgemäßen Neo-Bop. Der Sound von „Nicole Jo“.

Besetzung:

Nicole Johänntgen: Saxophon
Stefan Johänntgen: Klavier/Sounds/Loops
Philipp Rehm: Bass
Elmar Federkeil: Drums

Eintritt: 15 EUR / ermäßigt 12 EUR
Karten & Platzreservierungen: kasse@jazzbiber.de
(Bitte bis spätestens 15:00 Uhr am Tag des Konzerts)

http://www.nicolejo.de/

18.10.2013: Immigrants

Drei Immigranten aus Valence begeistern im Jazzkeller

Biberach (hbs) – Es mag abgedroschen klingen, aber der Auftritt der Valencer Band „Immigrants“ hat mal wieder überzeugend gezeigt, dass Musik Grenzen sprengen kann. Wenn nun also im Rahmen der Französischen Woche im Oberschwäbischen ein New Yorker, ein Pole und ein Franzose (noch dazu ein waschechter Valencer Jung) Chicago- oder Delta Blues spielen, und die Zuhörer begeistert klatschen, dann ist das doch schon ein bisschen Melting Pot, was sich da am vergangenen Freitag im gut besuchten Biberacher Jazzkeller abgespielt hat. Und wenn man bedenkt, dass der an diesem Abend vorherrschende Musikstil auch schon bald einhundert Jahre auf dem Buckel hat, war das Gebotene überhaupt nicht angestaubt. Auch klang die Musik des Trios aus Valence überhaupt nicht traurig, selbst wenn die näselnde Stimme von Tomek Dziano schon häufig voll den Blues drauf (oder drin?) hatte. Zudem überzeugte der gebürtige Pole als einfühlsamer Gitarrist, der auf seiner Epiphone wundervolle weiche Soli zauberte. Die rhythmische Grundlange dafür bereitete Mike Greene, den die Liebe vor rund 40 Jahren von New York nach Südfrankreich lockte, mit seinen akustischen Gitarren. Auch er ein hervorragender Sänger, der nicht allein mit Blues, sondern auch mit starkem Singer-Songwriter-Einfluss aufmerken ließ und diese Qualitäten bei einem Bob-Dylan Stück in Szene setzte. Bei seinen kurzweiligen, abwechselnd in Englisch und Französisch vorgetragenen Ansagen ließ Greene immer wieder sein Talent als Entertainer aufblitzen. Den bluesigen Sound vervollständigte mit seiner Bluesharp der glänzend aufgelegte Alain Michel, der mit seinen kraftvollen Soli immer wieder verdienten Szenenapplaus für sich einheimste.
Die drei Vollblutmusiker brachten ihre Qualitäten nicht nur in ihren Soli zum Ausdruck, sondern überzeugten vor allem als Team. Und belegten mit ihrem feinfühligen und filigranen Spiel die These, dass oftmals wenig mehr sein kann, und dass Lautstärke nicht alles ist. Mit der Auswahl ihrer Stücke boten die „Immigrants“ kraftvollen Blues, der zum Mitklatschen animierte, bis hin zu zarten, leisen Stücken, bei denen es im Raum mucksmäuschenstill wurde. In ihrem Repertoire fanden sich auch etliche eigene Stücke von Mike Greene und Tomek Dziano, die neben Songs von Größen wie Robert Johnson, Jimmy Reed oder John Lee Hooker bestens bestehen konnten.
Nachdem Mike Greene im Laufe des Abends meinte, dass sich Französisch nicht wirklich gut zum Singen eignet, schnappte sich Alain Michel zur Zugabe eine Gitarre und bewies mit einem Song aus den Sümpfen Louisannas, wo noch heute französisch gesprochen wird, das Gegenteil. Im Singer-Songwriter-Stil endete nach rund drei Stunden ein weiterer gelungener Abend der Französischen Woche, der bei allen Beteiligten in bester Erinnerung bleiben wird, und der weitere freundschaftliche Bande zwischen den beiden Partnerstädten Valence und Biberach knüpfte und bestehende auffrischte.

Immigrants

Am 18.10.2013 um 20:30

Ort: Jazzclub Biberach
(c/o Bruno-Frey-Musikschule, Wielandstraße 27, 88400 Biberach an der Riß)

Beschreibung
«Immigrants» est un groupe dirigé par un Américain, Mike Greene (lead vocals, guitars, mandolin), et un Polonais, Tomek Dziano (lead vocals, electric & acoustic guitar). Déjà bien connu chacun pour de riches carrières respectives ils se rencontrent en 2011 et sont rejoints par l’harmoniciste français Alain Michel.

Rapidement l’idée prend forme d’un groupe à deux leaders qui se partagent vocals et compositions. [Quand le batteur Stéphane Ranaldi se joint, le trio devient un quatuor.]

Le style de Immigrants est très original, marqué par l’alternance des guitares acoustiques et des guitares électriques. Avec plusieurs compositions originales de Tomek et de Mike et des reprises aussi diverses de John Lee Hooker, Bill Wither, Moses Allison et bien d’autres mais toujours reproduites avec personnalité et bon goût. Delta Blues, puis Folk, ou bien Soul, ou jazzy – le répertoire de Immigrants reste néanmoins remarquablement cohérent.

[La batterie souple et précise de Stéphane donne un groove impeccable], les guitares très simples et efficaces de Mike soutiennent les riches mais toujours sobres interventions de Tomek. Les voix alternent, car Mike et Tomek se partagent les lead vocals et cela apporte encore une belle diversité. L’harmonica, discret le plus souvent, enrichit l’ensemble de quelques fulgurances ou de nappes rythmiques bien senties.

L’album éponyme (‘Namen gebend’), paru en octobre 2012 est une belle réussite, déjà salué par les spécialistes.

Les musiciens:
Mike Greene: vocals, guitars
Tomek Dziano: vocals, guitars
Alain Michel: harmonica

Kooperation mit dem Kulturamt und dem Partnerschaftsverein.

Eintritt: 15 EUR / ermäßigt 12 EUR
Karten & Platzreservierungen: kasse@jazzbiber.de
(Bitte bis spätestens 15:00 Uhr am Tag des Konzerts)