Cécile Verny Quartett mit Biberacher Drummer Matthias Daneck im Jazzkeller
Eine prall gefüllte musikalische Geschichtenkiste
Wer in dem ausgewogen besetzten Quartett die Hosen anhatte, war den Zuhörern schon nach wenigen Minuten klar. Drei komponierende Musiker, Andreas Eichinger am Piano, Matthias Daneck an Drums und Percussionsinstrumenten sowie Bernd Heitzler am Kontrabaß trugen die farbige Diva Cécile Verny auf Händen. Alle Kompositionen und Arrangements rückten die ebenso resolut wie sympathisch auftretende französische Sängerin und Bandchefin ins rechte Licht. Ihre modulationsfähige Stimme und noch mehr ihre sensible Musikalität gaben den Kompositionen Seele und Zusammenhalt, auch und gerade da wo einzelne Improvisationen in jungmännlicher Selbstverliebtheit zu versinken drohten. Ihre in der Conference immer wieder eingestreuten Neckereien gegen „ihre“ Männer inspirierten oder dämpften deren Aktivitäten, ganz der musikalischen Dramaturgie des jeweiligen Sets verpflichtet.
Mit erläuternden Worten nahm Cécile Verny auch ihr Publikum an die Hand, um es durch einen ganzen Kosmos musikalischer Geschichten zu geleiten. Die oft mit geschlossenen Augen agierenden Musiker und viele, ebenso lauschenden oder bereits davonschwebenden Zuhörer schienen ihr noch in die abgelegensten Gefilde folgen zu wollen. Ob Gedichte von Blake und Coleridge, ein französisches Kinderlied, afrikanische Memoiren oder auch ein Standard von Cole Porter das musikalische Sujet abgaben, das Resultat war niemals, wie in vielen anderen Fusionkompositionen, nur ein Konglomerat aus beliebig aufgereihten Versatzstücken. Selbst der in dieser Stilrichtung kaum zu vermeidende Anflug von Eklektizismus schien suspendiert, wenn die poetischen Ideen musikalisch zu greifen begannen und musikalische Einfälle auch in den Improvisationen subtil fortentwickelt wurden.
Besonders in den Balladen fand das Quartett zu einer reifen Schlichtheit in Struktur und Ausführung der musikalischen Diktion, zu einer Homogenität und Geschlossenheit des Stils, die nicht nur künstlerisch überzeugte sondern in besonders erfüllten Augenblicken transzendierende Wirkungen entfachen konnte. Die spezielle Besetzung des Quartetts erwies sich für das Bandkonzept als großer Glücksfall, Harmonie blieb keine äußerliche Erscheinungsform, Harmonie wurde inneres Prinzip. Eine Tendenz könnte freilich für die musikalische Weiterentwicklung problematisch werden, Cécile Verny hat sie wohl bereits erkannt: ohne Provokation, ohne Reibung, ohne Brüche könnte das Spannungsmoment der Musik irgendwann verloren gehen.
gez. Helmut Schönecker