23.12.2010: Rootbears – Jazzclub Biberach e.V.

23.12.2010: Rootbears

Bärige Bescherung nach Noten

Zum traditionellen Kult-Auftritt der smarten Doppel-Twens kam dieses Jahr Frischluft ins Programm. Nach 20 Jahren Jazzkeller-Enge ward die Schützenkeller-Halle adäquate Voliere für ihre dynamischen Töne und frei fliegenden Bonmots. Sie fasst gut zwei Jazzkellerfüllungen. Trotzdem waren noch Stehplätze gefragt.

Gespeist wird ihr unikater Stil durch ein „Vieltakt“-Gemisch aus mentaler Vernetzung, Gespür für Rampen-Appeal, Spielfreude, Spontaneität und musikalische Dialogfähigkeit. Selbst offensivem Jazz lassen sie eine Grundmenge Swing, sichern so der Abfolge stilgetreuen Fluss.

Rüdiger Przybilla (Saxophon), Hanspeter Schmid (Posaune), Magnus Schneider (Piano, Akkordeon), Christoph Reck (Gitarre), Martin Schmid (Bass), Peter Schmidt (Schlagzeug) sind die Akteure. Das Programm war eines ihrer besten. Markant akzentuiert: Experimentelles, Schmeichel-Sound, Latin-Würze. Harte Probenarbeit war erahnbar, wurde aber durch routinierte Lässigkeit süffig gemacht. In dichter Folge zeigten die Solisten Highlights. Das Saxophon glänzte durch eruptives Improvisationsfeuerwerk bei Solopassagen wie durch Akkuratesse im – oft synkopisierten – Paarlauf mit der Posaune, die ihrerseits sonore Wärme einbrachte, durch griffige Ansatztechnik, die Kunst des Diminuendo und füllige Soli bestach. In bläserfreien Stücken wie „Wave“ zeigte der Gitarrist, der seine Instrumente teils selbst baut, packende Gestaltungsideen und technische Brillanz, die das Akkordeon spielerisch leicht aufnahm, mit raumgreifenden Imrovisationsgirlanden die fast endlose Weite, filigrane Aussage und Dosierbarkeit dieses Klangtyps demonstrierte. Durch Pep, Drive und stringenten Schub sorgten die Rhythmus-Brüder Peter und Martin Schmid für das bärentypische Pulsieren der Stücke. Martin trat mit behänden Soli, wie in „My Romance“ akustisch an die Rampe und Peter überzeugte erneut durch die Beherrschung seiner Technik und deren Einsatz der nie in Dominanz ausuferte. Das Schützenfest-Stück stammt aus der Feder des Gitarristen und der Pianist schöpfte in „Waltz for Debby“ alle Dimensionen aus.

Gags wie Einschub von doubletime-Schlägen und die Umtopfung des Walzer-Mittelteils in den 4/4-Takt fehlten ebenso wenig wie die umlaufenden humorigen Sprüche. Selbst auf die Bären-Groteske war Verlass. Jeder musste bei „Tochter Zion“ ein Fremdinstrument spielen. Und es klang absolut singbar. Wohlhabend müssen sie geworden sein. Denn beim obligaten Rätsel gab es Preise diesmal „sackweise“. Nach drei Stunden und zwei Zugaben ging man rootbear-selig heim.

Dieter Schefold

Originaltext für die Schwäbische Zeitung