23.12.2007: Rootbears – Jazzclub Biberach e.V.

23.12.2007: Rootbears

Rootbears Weihnachtskonzert 2007

Fans gehen selig nach Hause

BIBERACH – Wenn sich Fans aus drei Generationen eine Stunde vor Be­ginn Plätze sichern, Treppenstufen besetzen, palisadengleich an Wände reihen, kann es nur das „Familienfest mit Musikeinlage“ sein, das seit 18 Jahren unter „Rootbears Weihnachtskonzert“ firmiert.

Die verwitterungsresistent scheinen­den Musiker verstehen es blendend, Swing, Jazz und Pop mit Nonchalance und Charme zu kredenzen, garniert mit Bonmots und Überzeichnungen. Berufsbedingt längst in alle Winde zerstreut, finden sie nur wenige Probentermine. Es ist erstaunlich, was sie daraus machen.

Christoph Reck, für H.U. Gallus jetzt fest im Team, brachte schon 2006 bereichernden Gitarrenklang in den Gruppensound, setzte damit aber nicht nur Akzente, sondern steuerte neben aufhorchenden Soli mit „Do not shoot“ und „What am I here for“ Eigenkompositionen bei.

Rüdiger Przybilla, Saxophon und Klarinette, empfahl sich diesmal zudem als Vocalist und brachte in bürstigem „Italienisch on the rocks“ mit Überzeugung Texte an die Rampe, von deren Inhalt er keine Ahnung hatte. Gelungenes Latin-Kolorit steuerten „Samba Tsigane“ und „Armandos Rumba“ bei. Letztere einem mysteriös entschwundenen Biberacher Gastwirt gewidmet und ihm ins Nirgendwo nachgeschickt.

Hans-Peter Schmid bestach erneut durch warme Klangfülle seiner Posaune, lockeren Ansatz, sensible Tonführung (vor allem im Piano) und stimmiges Zusammenspiel mit den anderen Instrumenten.

Sing-Schauspieler Wilhelm Kächele von der renommierten „Theaterei Herrlingen“ präsentierte als Gast kantig deklamierte Satiresongs wie „Gutes Tun im Kreisverkehr“ oder „Wenn alle Männer Mädchen wären“, nassforsch serviert mit professioneller Körpersprache und cleverem Einsatz seiner sängerischen Möglichkeiten, im Liebeslied „Let it be me“ aber auch mit stilgerechtem Feeling.

Erfreulich oft griff Magnus Schneider zum Akkordeon, absolut kein jazz­typisches Instrument, aber rootbear­obligat. Ebenso gekonnt zeigte er sich am Piano. Mit „Root Blues No. 5“ steuerte er eine Eigenkomposition bei.

Gangartbestimmend zündete Peter Schmid am Schlagzeug rhythmische Schlaglichter, wo immer sie passten, und überzeugte durch die Unaufdringlichkeit, mit der er sich dem klanglichen „Gemeinwohl“ verpflichtet hielt, unterstützt von Bruder Martin Schmid, der in bekannter Zuverlässigkeit per E-Bass die Pflöcke setzte. Prägnant ließ er wieder Soli aufleuchten, wie zum Beispiel in „Arman­dos Rumba“ oder „4 on 6“.

Den Pflicht­Slapstick lieferten die Sechs diesmal per Orgelpfeifen, mit denen sie „Oh du Fröhliche“ intonierten. Ohne das etablierte Posaunensolo von H.P. Schmid mit „Stille-Nacht“-Anmutungen als Zweitzugabe aber wäre wohl niemand rootbearselig nach Hause gegangen.

 

Dieter Schefold

Schwäbische Zeitung, 4. Januar 2008