23.06.2023: Isolde Werner’s Free Folk – Jazzclub Biberach e.V.

23.06.2023: Isolde Werner’s Free Folk

„Isolde Werner’s Free Folk“ – Quartett auf kreativer Sinnsuche

BIBERACH – Zum Nachholtermin des im März krankheitsbedingt ausgefallenen Konzertes fand sich eine durchaus überschaubare Besucherzahl im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschule ein. Diese bestand zu einem überwiegenden Teil aus erklärten Fans der Musikerinnen und Musiker aus Stuttgart und Ulm. Zeitgenössisch unkonventionell und in kreativer Offenheit gingen Isolde Werner (nebst Stimme und Gitarre mit einem bunten Sammelsurium an mehr oder weniger gewohnten Instrumenten) und ihre Stuttgarter Mitstreiterin Karo Höfler am Kontrabass, Günter Weiss an der Gitarre sowie der Wahlulmer Amerikaner Bill Elgart am Schlagzeug die stilistisch vielseitigen Stücke an. Der im Bandnamen implizierte „Free Folk“ erwies sich dabei allerdings als Stecknadel im Heuhaufen und die anvisierte, spielerische Interaktion erwies sich zumindest anfänglich noch als etwas zäh.

Diverse Blech- und Metallteile, Klappern, Rasseln, Kerzenständer, Stäbchen, Röhrchen, Schüsselchen und Schachteln, zusammengeknülltes Papier aber auch die heute obligatorischen elektronischen Helferlein, Synthi, Sampler und Loopmaschinen zur meist assoziativen Klangentfaltung boten für deren Protagonistin eine enorme logistische Herausforderung. Bei den erstaunten Zuhörern sorgten sie hingegen für manche überraschenden und unterhaltsamen Effekte sowie verbreitetes Schmunzeln, gelegentlich auch bei den Mitmusikern.

Mit einer „Unterwassermusik“ begann das kreative Spiel der farbigen Klänge. Aus einem diffusen, frei improvisierten Intro unter Vermeidung jeglicher Strukturen entwickelten sich nach und nach konkrete Akkordstrukturen, Grooves und Melodiefloskeln, die sich schließlich in einer kurzen, gesungenen Melodie wiederfanden. Assoziationen an die musikalische Darstellung der „Genesis“, etwa aus Haydns „Schöpfung“, wo die sanft brodelnde Finsternis über den Flächen der Tiefe lag, bevor Gott, der Herr, endlich in strahlendem Dur für Licht und Ordnung sorgte, waren wohl gewollt. Es folgten eine Reihe „gegen den Strich gebürstete“ Arrangements älteren und neueren Datums aus Jazz, Rock und Pop sowie Eigenkompositionen von Isolde Werner, bevor der unter anderem von Frank Sinatra und Ella Fitzgerald gesungene Song „Like Someone in Love“ in frischer Neuauflage den ersten Teil beschloss.

Mit Beginn des zweiten Sets trat dann aber schließlich der „Free Folk“, zunächst in Gestalt der „Musikanten aus dem Schwabenland“ in Erscheinung, vom Publikum allerdings erst nach etwas Hilfestellung durch die Bandleaderin erkannt. Der stimmungsvollen Vertonung von Emily Dickinsons Gedicht vom „Sunset in a Cup“ durch Isolde Werner folgte ein beziehungsvolles „Deja Vu“ und schließlich eine freie Paraphrase über den uramerikanischen Folksong „Home on the Range“. Zumindest Bill Elgart dürfte dabei heimatliche Gefühle entwickelt haben. Im zweiten Teil immer freier und überzeugender aufspielend beschloss das Quartett mit Günter Weiss‘ zupackend und beherzt groovender Komposition „Synergy“ schließlich den offiziellen Teil. Mehrere Zugaben, darunter Bill Evans „Time remembered“ wurden gerne gegeben und trösten hoffentlich das Publikum über die konzertante Sommerpause im Jazzkeller hinweg.

Text und Fotos: Dr. H. Schönecker