23.04.2016: Biberacher Jazzpreis 2016 (Konzert: Joo Kraus & Ralf Schmid) – Jazzclub Biberach e.V.

23.04.2016: Biberacher Jazzpreis 2016 (Konzert: Joo Kraus & Ralf Schmid)

Herzschlagfinale beim Biberacher Jazzpreis 2016

Junge Schweizer Band „Shane“ gewinnt den internationalen Jazzwettbewerb

BIBERACH – In einem mit über 40 Formationen aus neun europäischen Ländern selten so international und hochkarätig besetzten Bewerberfeld konnte sich beim diesjährigen Biberacher Jazzpreis für jugendliche Jazzmusiker/-innen mit „Shane“ aus Steffisburg erneut eine Formation aus der Schweizer Jazzschmiede in Bern durchsetzen. In einem Herzschlagfinale in der Biberacher Stadthalle schoben sich die jungen Schweizer im Juryurteil knapp vor die Publikumsfavoriten, das „Amaury Faye Trio“ aus Brüssel und konnten damit eine Urkunde sowie die Siegprämie in Höhe von 2000€ aus der Hand des Jury-Vorsitzenden Dieter Ilg entgegennehmen.

Zur Verkürzung der Wartezeit während der Jurybesprechung boten Echopreisträger Joo Kraus an Trompete und Loopgenerator im Duo mit dem mehrfach preisgekrönten Freiburger Professor für Jazzpiano Ralf Schmid in einem Kurzkonzert kurzweilige Kostproben aus ihrem umfangreichen Œvre.

Nach einem kurzen Blick in die Geschichte des Biberacher Jazzpreises durch Kulturamtsleiter Klaus Buchmann und den Vertreter des Jazzclubs in der Jury, Helmut Schönecker, begann die Preisverleihung. Dieter Ilg, der im kommenden Monat in Hamburg für „Mein Beethoven“ seinen dritten Echopreis in Folge als „Instrumentalist des Jahres“ entgegennehmen darf, würdigte „Shane“ insbesondere dafür, dass sie sich mit einer Quartett-Formation ohne Harmonieinstrument bereits einer besonderen Herausforderung stellten. Die damit verbundenen stilistischen und strukturellen Erfordernisse wurden jedoch hervorragend gemeistert. Ein druckvolles Kontrabassspiel (Jérémie Krüttli) und ein relaxt und filigran mit guter Strukturierung und feinsinnigen Akzentuierungen rhythmisch vielschichtig begleitendes Schlagzeug (Philipp Leibundgut) legten die Basis für transparente Strukturen innerhalb derer die beiden Saxophonisten Gabriel Wenger und Michael Gilsenan ihre plastischen Melodien und virtuosen Improvisationen entfalten konnten. Besonders Gilsenan, der auch für alle Kompositionen verantwortlich  zeichnete, entwickelte in seinem rhetorisch geprägten Spiel weite Spannungsbögen von großer Individualität und Tiefe.

Der direkt von der Fachmesse „jazzahead!“ aus Bremen angereiste Münchner Kulturjournalist und Kurator des BMW World Jazz Awards Oliver Hochkeppel überreichte den zweiten Preis mit launigen Worten im Fußball-Jargon an das Trio um den brillanten Jazzpianisten Amaury Faye aus Brüssel, welches bereits zuvor aus den Händen des Biberacher Kulturdezernenten Dr. Jörg Riedlbauer für seinen eindrucksvollen Auftritt den Publikumspreis in Empfang nehmen durfte. Den von ihm selbst gestifteten Kompositionspreis in Verbindung mit dem dritten Preis überreichte Professor Frank Sikora an das Jannis Wolff Quintett. In seiner aus Rücksicht auf die Musiker in Englisch gehaltenen Begründung verwies er auf die hohe kompositorische Komplexität der vorgestellten dreiteiligen Suite sowie auf die Experimentierfreudigkeit, Originalität und Expressivität der aus Ungarn, Equador und Slowenien stammenden Musiker um den deutschen Schlagzeuger Jannis Wolff, die sich in Rotterdam und Kopenhagen beim Studium kennengelernt hatten.

Der Mannheimer Hochschulprofessor Jürgen Seefelder bedankte sich bei der Überreichung des vierten Preises mit lobenden Worten für eine im perfekten Retrostil der 40er- und 50er-Jahre gebotene Vorstellung des „Pascal Bartoszak Quartetts“ aus Köln und Essen. Unter dem Motto „Back to Trad“ hatte die Gruppe, die aus dem Landesjugendjazzorchester NRW hervorging, 2015 ihre erste CD herausgebracht, mit dem Weg in die Vergangenheit nach Ansicht der Jury jedoch die falsche Richtung eingeschlagen. Der fünfte Preis ging schließlich an „moment’s concept“ aus Leipzig, deren hochinteressantes Konzept aus dem Reich der darstellenden Musik in der Wettbewerbssituation vielleicht etwas wenig Raum für die Spontaneität des Augenblickes ließ.