22.11.2024: Karoline Weidt Quartett – Jazzclub Biberach e.V.

22.11.2024: Karoline Weidt Quartett

„Ladies in Jazz“-Reihe #6 – Karoline Weidt Quartett

„Die mit den Engeln singt“

BIBERACH – Nicht nur der rege CD-Verkauf, auch die glockenhelle Stimme der Brandenburger Jazz-Sängerin, Komponistin und Bandleaderin Karoline Weidt sowie die Schneelandschaft vor der Haustüre ließen den Verdacht aufkommen, das Fest der Feste sei nicht mehr weit. Machte schon das bestens aufgelegte Quartett aus dem Umfeld der Dresdener Musikhochschule mit seinem musikalischen Rundum-Wohlfühlpaket gute Laune, so taten die feinsinnigen Interpretationen ausgesuchter Texte und die wandelbare Stimme der jungen Sängerin ihr Übriges. Gelegentlich durften sogar die zahlreichen Gäste als Background-Chor in Aktion treten.

Lediglich bei den ersten Stücken mit noch etwas gebremstem Schaum, fanden Band und Publikum dann doch schnell und umso enger zusammen. Stimulierende Beifallsrufe und Szenenapplaus, vor allem bei den stupenden Solo-Improvisationen des Pianisten Mikolaj Suchanek aber auch der engelslockigen Kontrabassistin Liza Stadnitska motivierten sicht- und hörbar auch die Musiker. Weidts Stimme erfüllte selbst in den Passagen mit Scatsilben ihren solitären Part souverän, ohne deswegen dominant oder gar penetrant zu wirken. Am offenkundigsten offenbarte sich ihre Meisterschaft sowie die klassisch geschulte und dennoch jazztypische Stimme in der einzigen Fremdkomposition des Abends, in Kurt Weills „Speak low“.

Selten war das durchaus anspruchsvolle Stück des vor allem durch seine „Dreigroschenoper“ mit dem Libretto von Berthold Brecht bekannten Komponisten, im Original für Singstimme und Klavier, in solch lyrischer Empfindsamkeit und Ausdruckstiefe zu hören, die einfühlsame Begleitung mit eingeschlossen. Weidts Interpretation braucht sich selbst hinter der etwas überarrangierten Version eines Frank Sinatra nicht zu verstecken. Ihr persönliches Vorbild Sarah Vaughan schimmert zwar durch, deren waberndes Vibrato hat sie jedoch, dem Jazz und dem Zeitgeschmack geschuldet, auf ein Minimum reduziert ohne dadurch jedoch an Intensität einzubüßen.

Auch ihre eigenen, tiefsinnigen Kompositionen sind durch eingängige, weitgespannte und plastische Melodien gekennzeichnet. Das innige Verhältnis zwischen Text und Musik erschließt sich nur bei intensivem und am besten wiederholtem Hören, so dass ein CD-Kauf sicher kein Fehler war. Die Fülle musikalischer Einfälle besonders in den Klavierimprovisationen, die organischen Übergänge zwischen den einzelnen Formabschnitten und immer wieder die sensible und filigrane Begleitung für deren dezenten Groove neben dem Kontrabass besonders auch der Drummer Felix Demeyre verantwortlich zeichnete, sprechen ebenfalls für wiederholtes Hören. Und so wie wahre, geistvolle Kunst auch bei wiederholter Betrachtung und Kontemplation immer neue Schätze und Einsichten offenbart, verliert auch Weidts Œuvre durch Wiederholung nichts von seiner Faszination.

Text und Fotos: Helmut Schönecker