21.04.2023: Jochen Feucht Quartett – Jazzclub Biberach e.V.

21.04.2023: Jochen Feucht Quartett

Jochen Feucht Quartett trifft Publikumsgeschmack

Empfindsame Weltmusik abseits „kultureller Aneignung“

BIBERACH – Die Erfolgsserie der Biberacher Jazzkonzerte im Rahmen der diesjährigen Heimattage Baden-Württemberg setzte sich mit dem begeisternden Auftritt des Jochen Feucht Quartetts im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschule ungebrochen fort. Das für feinsinnigen und unterhaltsamen modernen Kammerjazz gefeierte Trio um den in Biberach geborenen und aufgewachsenen Saxofonisten und Komponisten Jochen Feucht trat dabei erstmals zusammen mit einem Perkussionisten, dem international gefragten Hans Fickelscher aus Stuttgart, auf. Unterhaltsam gestaltete sich der Abend auch durch die entspannte Moderation und gelegentliche Anekdoten des Bandleaders aus seinen Biberacher Jugendjahren.

So erinnerte sich Jochen Feucht dankbar an den damaligen Direktor der Musikschule Peter Marx, der ihm vertrauensvoll einen Schlüssel zu den Bandproberäumen im damals noch auf dem Nachbargrundstück zur alten Musikschule stehenden „Weißen Haus“ aushändigte, obwohl er selbst gar nicht an der Musikschule unterrichtet wurde. Dies ermöglichte ihm erst – anders als dies in seinem begrenzten Zuhause möglich war – stundenlanges, ungestörtes Üben und legte damit die Basis für das spätere Musikstudium und eine steile Karriere als Komponist und Jazzmusiker.

Überwiegend mit den Eigenkompositionen seiner letzten CD „Light Play“, durch die erweiterte Percussion gewissermaßen ausgemalt und auf Hochglanz poliert, durchstieß das Quartett problemlos die Komfortzonen der Zuhörer und erreichte unmittelbar deren Innerstes. Harmonie und Ausgeglichenheit des Feng Shui, vielleicht auch der fernöstlichen Herkunft von Feuchts Ehefrau geschuldet, manifestierten sich in der, den Grenzen von Raum und Zeit enthobenen schwebenden Leichtigkeit, dem „Light Play“ seiner Musik. Die schwebenden Klänge von Dizzy Krischs Vibraphon, die Schwebungen der Doppelsaiten der 12saitigen Akustikgitarre von Günter Weiss, die schwebenden Cymbel- und Glöckchenklänge aber auch der Einsatz einer flaschenförmigen, variantenreich und volltönenden UDU- oder IBO-Drum sowie weiteren Instrumenten aus der afrikanischen Trommeltradition, erweiterten das traditionelle westliche Klangspektrum in Richtung einer offenen, dabei die Tradition und Würde des Originals achtenden und einbeziehenden „Weltmusik“, die selbstverständlich in keinster Weise mit „kultureller Aneignung“ zu tun hat. Hier trifft sich die „Weltmusik“ auch mit dem Jazz, dessen Kern ja in der Adaption unterschiedlicher Stile und deren individualisierter und vor allem improvisierter künstlerischen Umsetzung und Wiedergeburt besteht.

Wie weit der künstlerische Horizont sich mit und durch Jochen Feuchts Musik erweitert, wird exemplarisch an den Titeln „Mimas“ und „Gold Sun“ deutlich. Der innerste Saturnmond, benannt nach dem griechischen Giganten „Mimas“, ist ein graublauer Eismond mit einer Durchschnittstemperatur von knapp -200 °C und kommt musikalisch ebenfalls sehr unterkühlt des Weges. Einige tausend Grad heißer ist die gerne mit den Farben Gelb und Gold assoziierte Sonne. Mit deren temperamentvollen musikalischen Umsetzung zum Finale des Konzertes wurde es auch dem Publikum deutlich wärmer, und es belohnte das Quartett mit nicht enden wollendem Applaus.

Text und Fotos: Helmut Schönecker