20.11.2009: Ensemble DRAj – Jazzclub Biberach e.V.

20.11.2009: Ensemble DRAj

Ensemble DRAj im Jazzkeller

 

Klezmer der etwas anderen Art

 

Außerordentlich Spannendes war beim letzten Jazzclubkonzert mit dem Ensemble DRAj angesagt: Jiddischer Klezmer in rein deutscher Besetzung, ganz ohne jiddische oder israelische Wurzeln, im jahrtagsträchtig bedeutungsschweren November, in einem Tempel der Unterhaltungsmusik und des Jazz, nur Gesang, Akkordeon und Cello – sonst nichts. Das hätte auch schief gehen können. Gleich ein ganzer Zugabenblock bewies,  dass dem aber nicht so war.

Bereits die ersten anmutigen Celloklänge von Ludger Schmidt oder die zarten Töne aus der tiefsten Seele des schon etwas angejahrten Akkordeons von Ralf Kaupenjohann ließen bereits erahnen, dass es bei den konzertanten Angelegenheiten des Ensemble DRAj vor vollem Hause um hochsensible Emotionalität, um feinfühlige musikalische Annäherungen an das fragile Sujet in Respekt und Würde gehen würde. Bei diesem Klezmer wurde nicht einfach drauflos plagiiert und eine temperamentvolle, ja leidenschaftliche Musik zu bloßen Unterhaltungszwecken im kulturellen Niemandsland umfunktioniert. Spätestens als die Sängerin und agile Hauptakteurin des Abends, ihre Stimme erhob, waren alle Zweifel weggewischt, nichts kulturell Authentisches geboten zu bekommen. Durch den stiltypisch offenen Stimmsitz und die bei aller Virtuosität natürliche Stimmgebung, korrekte Aussprache und höchst überzeugenden Ausdruck in Verbindung mit einer souveränen Moderation und augenfälliger Bühnenpräsenz brachte die exzellente Manuela Weichenrieder den Klezmer als integeres Lebensgefühl einer großen Kultur auf den sprichwörtlichen Punkt.  Dies war allerdings auch zwingende Voraussetzung für die genreübergreifende künstlerische Auseinandersetzung, die sich vor allem in den komplementären Begleitstimmen von Cello und Akkordeon manifestierte. Immer wieder gelang es den beiden kongenialen Musikern Ludger Schmid und Ralf Kaupenjohann Kontraste zu setzen, zu verstärken, zu kommentieren, zu illustrieren, zu verdeutlichen und damit eine lebendige stilistische Auseinandersetzung herbeizuführen. Die bildhaften Texte der jiddischen Lieder, wie etwa den heimwehgeplagten Sänger, der sich auf den roten Strahlen der Abendsonne, die sich auf den Blättern einer Birke brachen, in die Heimat zurück tragen ließ,  waren dabei willkommene Inspirationsquelle für eine ganz und gar unkonventionelle Begleitung, die trotz aller genretypischen Anleihen im Klezmer und trotz aller Textausdeutung eine hohe künstlerische Eigenständigkeit unter Einbindung weiterer zeitgenössischer Musikrichtungen aufwies und dabei immer wieder große Nähe zum nach allen Seiten offenen europäischen Jazz der Gegenwart demonstrierte.  Ensemble-DRAj-Klezmer ist eine spannende Musik, die auch und gerade in ihren eher melancholischen und nachdenklichen Teilen zu schlagender Intensität findet, fesselt und rundum überzeugt.