19.02.2016: The Ropesh – Jazzclub Biberach e.V.

19.02.2016: The Ropesh

„The Ropesh“ bringen frischen Wind in den Jazzkeller

Deutsch-italienische Hochdruckreiniger für verstopfte Gehörgänge

BIBERACH – Die junge, international besetzte Band „The Ropesh“ um den Wahl-Berliner Schlagzeuger und Komponisten Mathis Grossmann blies bereits mit ihrem rund 15minütigen Opener „Slowrenzo“ den angenehm überraschten Besuchern im Biberacher Jazzkeller etwa vorhandenen Staub oder gar Spinnweben aus den Gehörgängen. Traditionelle Hörgewohnheiten und -schablonen führten in der Tat zunächst zu verblüfften oder verhaltenen Reaktionen. Die ungewohnten aber unmittelbar sinnfälligen neuen Strukturen fanden aber schnell Anklang und stießen schließlich im zweiten Set auf einhellige Begeisterung.

Die Gewinner des Jungen Deutschen Jazzpreises 2013 und Finalisten des „European Jazz Contest“ unterstrichen bereits mit ihrem skurrilen Equipment den besonderen Zugang zu den Sujets des modernen Jazz. Die Integrationskraft dieser avantgardistischen Musikrichtung, die seit ihren Anfängen Innovationen gegenüber immer aufgeschlossen war, bleibt ungebrochen. Sorgte der eigens aus Italien angereiste Filippo Macchiarelli mit seinen druckvollen und treibenden E-Bass-Grooves für funkiges Hiphop-Feeling im Untergrund, unterstützte Lorenzo Colocci mit elektronisch aufgepeppten Flötensounds in Kombination mit Apples bekannter Macbook Soundmaschine und weiteren DJ-Techniken wie „Cutting“, „Phasing“ oder „Scratching“. Den experimentellen Charakter unterstützte er auch durch die Kreation eines neuen Musikinstrumentes. Seine Querflöte, ohne Mundstück aber unter Verwendung eines Waschmaschinen-Abflussschlauches mit einem Klarinettenmundstück verbunden, erzeugte so völlig neuartige Klänge irgendwo zwischen Saxophon und Abflussrohr. Durch ein längeres, unbegleitetes und durchaus virtuoses Solo konnte sich auch das Publikum an die neue Klangästhetik gewöhnen. Ob er mit seinem neuen Sound allerdings viele Nachahmer finden wird, darf bezweifelt werden.

Neben dem Flötisten Lorenzo Colocci wirkte Marcus Franzke an der Posaune, mal als gewiefter Improvisator aber meistens beteiligt an der Gestaltung einprägsamer melodischer Begleitpatterns und Riffs, die mitunter chaconneartige Strukturen annahmen oder über die Technik des permanenten Atems zu schier endlosen Orgelpunkten verschmolzen. Auch Franzke verfremdete über ein elektronisches Effektgerät seine Klangfarben und verband natürliche Tonerzeugung und Spieltechnik organisch mit modernen Klangfarben. In dieselbe Kerbe schlug auch Apollonio Maiello an den Tasteninstrumenten. Sein Mo8-Synthesizer spielte neben den glitzernd perlenden Tonkaskaden auf dem Kawaiflügel jedoch nur eine dienende Rolle als gelegentlicher Sound- und Patternlieferant.

Neben Macchiarelli, der auch die meisten Kompositionen zum Programm beisteuerte, war es der Bandleader Mathis Grossmann am Schlagzeug, der rhythmisch und strukturell „den Laden zusammenhielt“ und wenigstens anfangs noch gelegentlich mit ordnender Hand in das Geschehen eingriff. Seine musikalisch-rhythmischen Qualitäten sind über alle Zweifel erhaben. Über seine klanglichen Ambitionen darf jedoch gerätselt werden. Sein, wie zusammengebastelt wirkendes Drumset schien direkt aus der Kinderstube zu kommen und konnte in klanglicher Hinsicht kaum überzeugen. Vielleicht wollte er dadurch aber auch nur einen Kontrapunkt zu den blinkenden Hightech-Welten von Apple und Yamaha setzen. Dem Gesamteindruck einer hochenergetischen, frischen, unkonventionellen Musik auf der Höhe unserer Zeit konnte dies jedoch keinen Abbruch tun.

gez. H. Schönecker