Gabriel Mbanda Quintett präsentiert neue CD im Jazzkeller
Begeisterte Aufbruchsstimmung mit „Iwiye“
BIBERACH – An Selbstvertrauen fehlte es dem umtriebigen Wahlbiberacher Gabriel Mbanda aus Kamerun sicher nicht. Vor ausverkauftem Haus – pandemiebedingt leider nur mit 60 Prozent der Kapazität, 3G-Regel und FFP2-Maske – erschien der afrikanische Bandleader des Quintetts ganz alleine mit seinem Kontrabass auf der mit reichlich technischem Equipment vollgestellten Bühne des Jazzkellers. Mit einem kontrapunktisch angelegten Vokalsolo interagierte er mit seiner eigenen Basslinie und schlug so unmittelbar eine Brücke zu dem erwartungsvollen Publikum bevor er noch die Band dazu holte.
In einem ausgewogenen, transparenten Soundkontext agierten – nach nur drei gemeinsamen Proben in Stuttgart – die fünf Musiker ohne merkliche Abstimmungsprobleme mit sichtlicher und hörbarer Begeisterung die Stücke aus der Feder von Gabriel Mbanda. Mit dem ebenfalls in Biberach lebenden Peruaner Cesar Gamero an diversen Perkussions-Instrumenten, dem Ulmer Jazzschlagzeuger Christian Krischkowsky, dem Münchner Trompeter Julian Hesse und dem vielfach preisgekrönten Stuttgarter Martin Sörös am Kawaiflügel hatte Mbanda eine erlesene Auswahl an Musikern zusammengestellt, die bestens harmonierte und keineswegs nur einen Pflichttermin absolvierte.
Gegenüber Mbandas aktueller während der Coronazeit entstandenen CD-Produktion „Iwiye“ waren die Livedarbietungen um eigentlich überflüssige Background-Sounds und bloße Klangteppiche entschlackt, ruhten aber dennoch in schwebender Leichtigkeit auf einem tragfähigen Gefüge aus perkussiven, hochenergetischen Stimulanzien der Schlagzeugabteilung und einem dezent mit Effekten angereicherten Wohlfühl-Sound. Iwiye – die Morgenröte – steht, wie der gleichnamige Titelsong, für eine hoffnungsvolle Aufbruchsstimmung, für einen optimistischen, persönlichen Stilmix ohne Berührungsängste und vielleicht auch für neue Hoffnung auf eine Zeit nach Corona.
Die spannende Polarisierung zwischen schlichten, meist pentatonisch oder repetitorisch angelegten, eingängigen Melodien sowie der samtig-einschmeichelnden Stimme Mbandas, griffigen, ostinaten Begleitformeln im E-Bass, einfühlsamen Flügelhornpatterns, brillanten und variantenreichen Klavier-Fill-Ins und einer hochkomplexen Rhythmussektion, die auch in ungeraden Taktarten wie 5/4- oder 7/8-Takten souverän groovte, hauchte den Texten Leben ein, gab ihnen Überzeugungskraft und Tiefe. In seiner Moderation versäumte es Mbanda glücklicherweise nicht, seinen Zuhörern Übersetzungen der Songtexte und weitere Hintergrundinformationen zu liefern.
So gestand er offen ein, dass der Kontakt zu karibischen Musikern, deren Musik sich ja ebenfalls aus afrikanischen Wurzeln speist, ihn in ein divergentes Spannungsfeld zur Musik des heutigen Kamerun versetzte. Es zeichnet ihn aus, dass er – nicht nur in dem Titel „Mu Samba“ – eine sensible Liaison zwischen den unterschiedlich interpretierten afrikanischen Wurzeln und weltmusikalischer Offenheit fand. Der Titel „Struggles of Joseph“ spiegelte die Auseinandersetzung mit biblischen Themen wieder, während er in Stücken wie „For You“ sich offen an sein Publikum wandte und dieses aktiv einbezog. Durfte dieses im Titel „Léyè Mbe“ bereits im Unisono mitsingen, brachte der als Zugabe erneut gespielte Titel noch eine weitere Steigerung. Zu einem dreistimmigen Kanon des kurzerhand eingelernten Publikums, aufgeteilt auf die Vokale „a“, „i“ und „o“, improvisierte Mbanda über der einprägsamen Melodie spontan noch eine Überstimme im Scatstil und erntete auch dazu langanhaltenden Applaus, der von den aufgekratzten Musikern mit einer weiteren Zugabe belohnt wurde.
Text und Fotos: Helmut Schönecker