17.10.2014: Paata Demurishvili – Jazzclub Biberach e.V.

17.10.2014: Paata Demurishvili

Georgischer Alleskönner im Pestalozzisaal

Musikalische Hommage auf eine Städtepartnerschaft

BIBERACH – In einer Kooperation zwischen Partnerschaftsverein und Jazzclub Biberach ist es gelungen, den georgischen Klaviervirtuosen Paata Demurishvili im Rahmen der georgischen Wochen erneut für ein Konzert in Biberach zu engagieren. Demurishvili, der in Heidelberg wohnt und lange Jahre an der Musikhochschule Mannheim „Classik & Jazz“ – Improvisation unterrichtete, betrachtet Biberach nach eigenem Bekunden als eine Art zweiter Heimat. Und das zahlreich angetretene Biberacher Publikum bringt ihm offenkundig auch bei seinem nunmehr vierten Biberacher Konzertauftritt größte Sympathien entgegen.

Das Eröffnungsstück, eine Uraufführung und Hommage auf die langjährige Partnerschaft zwischen der georgischen Stadt Telawi und Biberach war als freie Improvisation angelegt. Im feinsten Pianissimo – zuvor mussten allerdings wegen des Verkehrslärms erst noch die Fenster geschlossen werden – beginnt der Meister mit brillantem Anschlag in singendem Spiel seine Motive und Spielfiguren miteinander zu verweben. Zarten Keimen gleich sprießen immer neue Ideen, spüren in suchendem Kreisen der ästhetischen Essenz dieser ungewöhnlichen Partnerschaft nach. Kaukasische Folkloreeinflüsse und scharfe Jazzharmonien gehen eine fruchtbare Synthese ein, fein ausdifferenzierte Melodielinien tauchen aus spätromantisch anmutenden Wohlklängen und Arpeggien empor, glitzernd-perlende Tonkaskaden überspannen in weitem Bogen architektonische Zäsuren.

Das zweite Stück des Abends, eine Eigenkomposition mit dem Titel „Event“, gerät offenbar spontan ins Programm. Das Martinshorn vorbeifahrender Einsatzfahrzeuge findet sich wie zufällig zu Beginn und als Reminiszenz am Ende des Stückes in klangmalerischen Quartmotiven wieder. Dazwischen ist so richtig was geboten, die musikalischen Ereignisse überstürzen sich geradezu. Aber am allerbesten kommt Paata Demurishvili immer dann rüber, wenn sein rechter Fuß wie von selbst anfängt kräftig mitzuwippen, wenn rasende Beboplinien und rachmaninowmäßige, vollgriffig sich auftürmende, klangmächtige Akkordgebirge in jazztypischen Synkopierungen die klassische Zurückhaltung und kontrollierte Ausgewogenheit hinwegfegen. Natürlich darf seine berühmt gewordene Variante des Bach’schen C-Dur-Präludiums, garniert mit Versatzstücken der Gounod’schen Ave-Maria-Melodie, Einsprengseln aus Liszts „Liebestraum“ und weiteren klassischen Motiven ebenso wenig fehlen, wie die geistvollen Variationen über den wohl der Jahreszeit geschuldeten Jazzstandard „Autumn leaves“.

Im zweiten Programmteil zelebrierte Demurishvili sein beliebtes Wunschkonzert. Aus den abgegebenen Wunschzetteln resultierten fast schon zu erwartende Paraphrasen über allseits bekannte Titel wie „Take Five“ oder die obligatorische „Mondscheinsonate“. Von einem gut vorbereiteten Konzertbesucher wird diese vorhersehbare Auswahl jedoch um den – für Paata durchaus überraschenden – Wunsch nach einer Improvisation über das deutsche Volkslied „Sah ein Knab‘ ein Röslein steh’n“ erweitert. Einfach köstlich, mit welcher Eleganz sich der unerschrockene Tastenmagier auf diese Aufgabe einlässt und den Bogen vom traditionellen deutschen Volkslied zum modernen Jazz schlägt. Überschwänglicher Beifall wird durch zwei Zugaben und warme Worte vom Meister belohnt. Der Abend hat sich rundum gelohnt.

gez. Dr. H. Schönecker