Rekordverdächtige Besucherzahl beim Böhm-Huber-Daneck-Trio im Jazzkeller
Coolness und Leidenschaft weckten enthusiastische Begeisterung
Hinter seiner introvertierten Grundhaltung schlummerten Coolness und Leidenschaft gleichermaßen: Tony Lakatos, ungarischer Starsaxophonist der hr-Bigband wurde im Biberacher Jazzkeller vom Böhm-Huber-Daneck-Trio im Gedenken an Hoagy Carmichael auf Händen getragen. Am Ende musste man schließlich alle vier beinahe wegtragen, die Zugaben addierten sich zu einem vollen dritten Set.
In der Beschränkung liegt die echte künstlerische Herausforderung. Nicht unverbindliche ästhetische Vielfalt oder oberflächliche Unterhaltung, auch nicht leeres Virtuosengetue oder rührselige Sentimentalitäten bildeten die musikalische Kernsubstanz des ungewöhnlichen Konzertprogramms. Der Melodien-Altmeister Hoagy Carmichael, vor allem bekannt für seine langsamen Songs mit anmutigen Melodien zu hoch romantischen Texten, am berühmtesten sicherlich „Georgia on my mind“, hielt das Repertoire des Abends zusammen. Und vielleicht war es gerade diese Melange, die beim äußerlich meist unbewegten Tony Lakatos jenes tief innerliche Ausdruckspotential anzapfte, welches im ungehemmten Dahinströmen zum „erfüllten Augenblick“ führt, zum leider so seltenen „ästhetischen Zustand“ in dem alles auf den musikalischen Punkt gebracht werden kann. Kunstvolle Varianten der Originalthemen, exemplarisch etwa in „Stardust“ oder „Heart and Soul“ vorgeführt, umrahmten Improvisationen von ungewöhnlicher Virtuosität und Ausdruckstiefe. Was im einen Moment noch cool distanziert wirkte, konnte im nächsten Augenblick zur Ekstase explodieren. Bei all dem kam Lakatos, hier durch und durch der ausgebuffte Profi, trotz gestrickter Kopfbedeckung kaum ins Schwitzen.
Mit brillantem Anschlag, technisch ebenso perfekt und virtuos, vielseitig und emotional wie Tony Lakatos konnte der Ex-Ravensburger Ausnahmepianist und Wahl-Mannheimer Rainer Böhm ihm jedoch durchaus Paroli bieten. In glasklarer Präzision perlten seine Klangkaskaden, derweil seine linke Hand in den vertracktesten Rhythmen die grundlegenden Akkordstrukturen pointierte: modernes Jazzpiano vom Feinsten.
Über die in Biberach wohlbekannten Musiker Matthias Daneck (Drums) und Arne Huber (Kontrabass), die ihre beiden Stars gleichsam auf Händen trugen, viele Worte machen, hieße Eulen nach Athen tragen. Bei aller musikalischen Dienstbarkeit mussten sie sich gleichwohl nicht hinter den illustren Frontmännern verstecken.
Gez. Dr. H. Schönecker