„Essichessenz“ beschert Gute-Laune-Musik
Ravensburger Blues-Lady begeistert ihr Biberacher Publikum
BIBERACH – Auf Einladung des Biberacher Jazzclubs schenkte Sabine Essich, lebenserfahrene Jazz- und Blues-Ikone aus dem benachbarten Ravensburg, den ausgehungerten Jazzbibern und einem dankbaren, unter 3G-Regeln durchaus zahlreichen Publikum im Jazzkeller einen Konzertabend voll guter Laune. In entspannter Wohlfühlatmosphäre sprang bereits mit dem ersten Titel – Fats Wallers Honeysuckle Rose – der berühmte Funke über. Mit ihrer sonoren und wandlungsfähigen Altstimme und einer charismatischen und dabei unaufdringlichen Bühnenpräsenz rannten die Sängerin und ihr illustres Begleittrio offene Türen ein und durften erst nach weit über zwei Stunden und nicht ohne zwei Zugaben von der Bühne.
Mit einer ausgewogenen Mischung aus Blues, Swing, Latin Jazz, stimmungsvollen Balladen und sogar einigen jazzaffinen deutschsprachigen Titeln traf das Quartett auf begeisterungsfähige Zuhörer und offene Ohren. Da der reguläre Gitarrist krankheitsbedingt ausfiel, wurde die Begleitband kurzerhand umgestellt. Der Kontrabassist Klaus Füger wechselte auf die Gitarre, am Bass sprang Heiner Merk ein und am Schlagzeug werkelte sein Bruder Andieh Merk. Rundum überzeugend waren dabei nicht nur das jazztypische Timing, die heiße Intonation und breite Ausdruckspalette der Frontfrau. Auch der ebenso quirlig wie dezent groovende Drummer, der gediegen und banddienlich agierende Kontrabassist und vor allem der abwechslungsreich und eben gerade nicht mit standardisierten Patterns begleitende und improvisierende „Ersatz-Gitarrist“ trugen zum Erfolg der Veranstaltung bei. Die Spielfreude der Künstler war mit Händen greifbar, begeisterte Anfeuerungsrufe aus dem Parkett motivierten diese zu immer neuen Höchstleistungen.
Unter die Haut gingen neben den eindringlichen Bluestiteln, wie „Black Coffee“ oder „Fine and Mellow“ besonders auch die wenigen, feinsinnigen Eigenkompositionen von Sabine Essich, etwa über ihre derzeit vom Vulkanausbruch bedrohte zweite Heimat „La Palma“, den grünen Mond oder „Verde Luna“. Die lyrischen Improvisationen von Gitarrist Klaus Füger mit ihren überaus plastischen Motiven überzeugten ebenso wie die virtuosen rhythmischen Exerzitien in den Soloeinlagen des immer gut gelaunten Andieh Merk am Schlagzeug. Souverän und abgeklärt, nicht nur am Kontrabass sondern auch in den pianistischen Einlagen am Flügel wie in „Kauf dir einen bunten Luftballon“, erwies sich der im Verlauf des Abends sichtlich auftauende Heiner Merk. Authentisch wirkten auch die lateinamerikanischen Nummern wie „Besame Mucho“, auf Deutsch gesungen: „Tausend Mal möcht‘ ich dich küssen“ oder das brasilianisch lapidare „Masquenada“.
Pures Unterhaltungsfeeling atmeten die Swing-Nummern, darunter Duke Ellingtons weitgereister „Caravan“, der Evergreen „Fly Me To The Moon“ oder das als erste Zugabe gespielte „Mercy, Mercy, Mercy“. Zusammengehalten wurde all dies durch die informative und unaufgeregte Moderation von Sabine Essich, die im Verlauf des zweiten Sets, ob ihrer leidenschaftlichen und engagierten Interpretation dann doch auch noch den einen oder anderen Schweißtropfen vergoss. Warum denn in die Ferne schweifen, mag sich mancher Konzertbesucher gefragt haben, wenn doch ganz in der Nähe solche Talente auf ihre Neu- oder Wiederentdeckung lauern. Sabine Essichs erster Auftritt in Biberach dürfte jedenfalls noch nicht ihr letzter gewesen sein. Essichessenz war und ist essenziell.
Text: Helmut Schönecker
Fotos: Wolfgang Volz (Sabine Essich), Helmut Schönecker (Band)