13.01.2017: Julia Ehninger 4tet – Jazzclub Biberach e.V.

13.01.2017: Julia Ehninger 4tet

„Julia Ehninger 4tet“ eröffnet Konzertsaison

Konstanter Wandel als Bandkonzept

BIBERACH – „Im Wandel vergeht, im Wandel entsteht“ heißt es in dem selbstgetexteten Opener der jüngsten CD-Produktion des“ Julia Ehninger 4tets“, welche in einer höchst eindrucksvollen Live-Version den Reigen der Jazzclubkonzerte der neuen Saison niveauvoll eröffnete. La, la, la, la – la, La, la, la la. Diese schlichte Vokalise in einem eingängigen sequenzierten Dreitonmotiv kennzeichnet den Refrain, den Anfang und den Schluss des Titelsongs „Im Wandel“, in dem vom „Sein und Werden“ die Rede ist. Der verhinderte Lokalmatador Lukas Brenner aus Laupheim, Mitglied der Stammbesetzung, wurde vom Träger des baden-württembergischen Jazzpreises 2016, Volker Engelberth, vertreten. Soviel zum Thema Wandel.

Ist Jazz als Gestaltungskonzept seit seiner Entstehung grundsätzlich immer mit Wandel, Improvisation und Innovation verbunden, so war es doch auch immer wieder das Bestreben der Musiker, ihren Personalstil und damit festen Boden im endlosen Wandel der Gezeiten zu finden. Vielleicht auch so etwas wie eine Marke auszubilden um den Verkauf ihrer Musik zu fördern. Dieses Ansinnen aufzugeben und schon zum Karrierebeginn den permanenten Wandel zum Kernkonzept zu erheben, erfordert schon eine Menge Mut und Selbstbewusstsein. Julia Ehninger, vor zwei Jahren noch als Vorband von ZAZ zur Eröffnung der „Jazz Open“ in Stuttgart gefeatured, ließ seither nichts anbrennen. Ihre steile musikalische Karriere wurde durch ein DAAD-Stipendium an der Manhattan School of Music in New York befördert und führte jetzt zum sehr wohlwollend aufgenommenen transatlantischen Debutalbum.

Bleibenden Bestand in all dem Wandel hatte erfreulicherweise die deutsche Sprache in den Texten der feinsinnigen Jazzsängerin und Komponistin. Die Verbindung von deutscher Sprache mit dem internationalisierten Jazzidiom bildet dabei keine geringe Herausforderung. Wie ZAZ in ihren „Nouvelle Chansons“ bewies auch Julia Ehninger einmal mehr ihre sprachlich-musikalische Doppelbegabung. Nicht nur im Nebeneinander von eigenen Texten und durchaus anspruchsvoll vertonten Gedichten von Ringelnatz („Schenken“) und Hesse („Im Nebel“) sondern vor allem in der organischen Umsetzung deutscher Sprachmelodien und –rhythmen in eine stilsicher groovende Musik.

Die enorme stilistische Bandbreite und extreme Polarität zwischen hoher Textverständlichkeit einerseits und quasi instrumentaler Verschmelzung mit dem Gesamtklang im Scatgesang andererseits setzen eine große Transparenz und Wandelbarkeit der Bandbegleitung voraus. Verantwortlich dafür zeichnen seit einigen Jahren Nico Amrehn am Kontrabass und Martin Grünenwald am Schlagzeug. Hochkomplexe Rhythmen und solistische Höhenflüge in den improvisierten Instrumentalteilen und dezent zurückgenommene, sensible Begleitung in den Vokalteilen setzen wiederum ein hohes Maß an Präzision und Disziplin voraus. Beides stellte die hochkonzentrierte Begleitband nicht nur in dienender Funktion bereit. Besonders der pianistische „Ersatzmann“ Volker Engelberth, der neben zahlreichen eigenen Projekten sich auf diese Herausforderung einließ, zeigte hierbei eine Meisterleistung. Engelberth, im Mai mit seinem Quintett in einem eigenen Konzert bei den Jazzbibern vertreten, brillierte hier auch als empfindsamer Begleiter und würzte das Geschehen doch immer wieder mit aufblitzenden, perlenden Tonkaskaden ohne dabei effekthascherisch zu wirken.

gez. H. Schönecker