11.01.2013: Pöhlmann Rädle Hagenlocher – Jazzclub Biberach e.V.

11.01.2013: Pöhlmann Rädle Hagenlocher

Pöhlmann-Rädle-Hagenlocher Trio im Jazzkeller Biberach

Entschleunigungs-Jazz zum Jahresauftakt

BIBERACH [hs] – Wer es über die Feiertage und den Jahreswechsel hinweg nicht geschafft hatte, der konnte zum musikalischen Jahresauftakt des Jazzclubs Biberach das Versäumte noch reichlich nachholen. Eine musikalische Entschleunigungskur in Reinform bot das Pöhlmann-Rädle-Hagenlocher Trio dem treuen Biberacher Jazzclub-Publikum beim traditionellen Freitagabendkonzert.

Eine transparente Klangstruktur ergab sich bereits aus der Besetzung des Trios, das mit Saxophon, Klavier und Kontrabass bewusst auf Rhythmusinstrumente verzichtete und überdies unverstärkt zum Konzert antrat. Um dieser ungewöhnlichen Besetzung gerecht zu werden, komponierte der Kontrabassist Michael Pöhlmann alle Stücke für sein Freiburger Modern Jazz Trio selbst. Trotz einer erstaunlichen Bandbreite bei den gewählten Sujets, vom Wiener „Schmäh“ im ¾-Takt über die spanische Habanera „Barcelona“ hin zu einer elaborierten Schubertsonate und einem Tribut an Charles Mingus und Stevie Wonder, ließen der typische Grundklang und der gestalterische Zugriff doch immer die Handschrift des Komponisten erkennen. Resultat war ein gediegen-unterhaltsamer, gemäßigter Modern Jazz, dem man gelegentlich etwas mehr Temperament, weniger strukturelle Fesseln und weniger Ernsthaftigkeit gewünscht hätte. Hier ging es nicht um quirlig-lebendige, urbane Jazz-Avantgarde, die da und dort auch mal kratzt und beißt. Hier ging es auch nicht um leidenschaftlich-eruptive Improvisationen, gespeist aus zerrissenen Seelen globalisierter Großstadtmenschen. Und um intellektuelles Spiel mit kontrapunktisch gewirkten Stilaphorismen ging es eben auch nicht. Gut abgehangene romantisch-impressionistische Melancholie bot jedoch den Rahmen für die kollektive kontemplative Versenkung ins kammermusikalische Nirvana der ausgelassenen Töne: bodenständige Entspannung in ländlicher Idylle, erhabener Friede in edler Einfalt und stiller Größe, klassisch eben.

Als das wohlwollende Publikum die zweite Zugabe erklatschte, huschte das erste Lächeln über die Gesichter der erstaunten Musiker. Das erste auswendig gespielte Stück des Abends löste schließlich doch noch die Fesseln, die Improvisationen wurden freier, die Stimmung entspannter und freundlicher. Der Pianist Tobias Rädle und der Saxophonist Jörg Hagenlocher liefen „vom Eise befreit“ in fast schon „wild“ zu nennenden Improvisationen zur Hochform auf. Schade, dass der Abend hier bereits zu Ende ging.

 

gez. Dr. H. Schönecker