Gewinnerband des internationalen Biberacher Jazzpreises gibt Clubkonzert
„Shane! Shane on me“
BIBERACH – Keine leichte Kost für die Konzertbesucher bot die Schweizer Siegerformation „Shane“ des Biberacher Jazzpreises 2016 auf Einladung des Biberacher Jazzclubs im nicht ganz vollbesetzten Jazzkeller. In einer unverbrieften Tradition gewährt der als Initiator und Mitveranstalter des Biberacher Jazzpreises auftretende Club den jungen Newcomer-Bands seit 1990 ein Forum, ihre musikalischen Ideen binnen Jahresfrist auch im größeren Zusammenhang, in einem abendfüllenden Preisträgerkonzert zu präsentieren. So jetzt auch die vor einem knappen Jahr in einem Herzschlagfinale in der Biberacher Stadthalle auf Platz 1 gelandeten jungen Schweizer. Obwohl oder gerade weil die Herausforderung an die Zuhörer groß war, gab es am Ende kräftigen Beifall und eine gern gewährte Zugabe.
Michael Gilsenan, der Komponist aller Stücke des Abends und neben Gabriel Wenger einer der beiden bestens aufeinander eingespielten Tenorsaxophonisten, moderierte in knapper Form in unverkennbarem Schwyzerdütsch die Stücke, die seit kurzem auch auf einer eigenen CD vorliegen. Die vielfältigen Sujets sind dabei durchaus engagiert und ihre Umsetzung trotz innovativer Strukturen durchaus sinnfällig. So wurden in dem Titel „Sarajewo“ in musikalischer Brechung vorgestellte, rot eingefärbte Granateinschläge auf der Straße in bedrückender Weise lebendig, Trauer und Verzweiflung aber auch Wut wurden fast mit Händen greifbar und standen in ihrer Eindringlichkeit natürlich im drastischen Kontrast zur entspannten Clubatmosphäre. Dieser Jazz ist definitiv keine oberflächliche Unterhaltungsmusik.
Das Spiel mit Kontrasten und Kontrapunkten steht unverkennbar im Mittelpunkt des spezifischen Bandkonzeptes. Das Aufbrechen traditioneller Formen, der permanente Strukturwechsel, das Neben- und Ineinander unterschiedlicher Stile und Patterns wird dabei befördert durch die ungewöhnliche Besetzung aus zwei Saxophonen, Kontrabass (Jérémie Krüttli) und Schlagzeug (Philipp Leibundgut). In der resultierenden Transparenz des Klanges ist allerdings auch der Hörer ständig gefordert. So gab es auch im Jazzkeller kein Ausruhen in harmonisch geschlossenen, gleichförmig dahin plätschernden standardisierten Begleitmustern, kein Sich-Treiben-Lassen in rasanten, melodischen Unisonowellen. Es gab keine Wiedererkennungseffekte aus improvisierend variierten, altbekannten Melodielinien großer Meister. Und dennoch. Ausdrucksstarke, plastische Tonfolgen in Anlehnung an oder auch inspiriert durch rhetorische Vorbilder, das „Sprechen ohne Worte“ mit einer enormen klanglichen Vielfalt sowie höchst differenzierte Grooves von Schlagzeug und Bass erreichten als Teil einer durchaus neuartigen Musiksprache unverkennbar die Herzen des Publikums.
Die technische Präzision in der Umsetzung uniformer Strukturen, rasante Unisono-Sechzehntelketten zwischen den Saxophonen über gelegentlich sogar in Walking Bass – Manier swingendem Untergrund von Bass und Schlagzeug, etwa im Titel #14 der aktuellen CD, wirkt fast kammermusikalisch. Ebenso die Intensität und Ausdruckstiefe, der mittlerweile auch in ganz Deutschland konzertierenden Band. Von „Shane“ dürfte in Zukunft noch häufiger zu hören sein: „Shane! Shane on me“.