Gypsy Affair im Jazzkeller Biberach
Retardierend meditativer Zigeunerjazz zum Loslassen
Trotz aller gitarristischen Virtuosität der beiden renommierten Faltas aus Memmingen, Bobby – Mitbegründer des legendären „Schnuckenack Reinhard Quintetts“ mit seinem Sohn Lancy, stand das retardierend meditative Moment des modern swingenden Zigeunerjazz im Vordergrund. Zwischen Lagerfeuer-Romantik, Sentimental-Besinnlichem, allzu eingeschliffener Spielfiguren, flächig weichem, aber unspezifischem Klangbrei betagter Röhrenverstärker kam keine wirkliche Leidenschaft auf beim gut besuchten Jazzclubkonzert im Biberacher Jazzkeller.
Allbekannte Jazzstandards wie „Satin Doll“ oder, als Hommage an den großen Verwandten der Faltas, Django Reinhardt, dessen „Minor Swing“ oder „Troublant Bolero“ zu den Höhepunkten des Abends zählten, erklangen in überwiegend gefälliger Aufmachung, meist unterhaltsam plätschernd, oft meditativ, in einlullender Vorhersehbarkeit. Abgeklärter Zigeunerjazz zum Ausklang der Arbeitswoche, gewissermaßen zum Loslassen und Abhängen ließ manches müde Auge zufallen. In wenig abwechslungsreichen Arrangements und bereits nach wenigen Titeln bekannten Abläufen, resultierte die größte Spannung aus der Erwartung, ob die Übergänge zwischen den Improvisationsteilen denn auch reibungslos klappen würden.
Dennoch gelangen mit fortschreitendem Abend immer wieder inspirierte Interpretationen mit Reminiszenzen an temperamentvollere Zeiten. Mit zum Besten gehörten die Kontrabassimprovisationen von Peter Bockius, dessen Genius in variabel eingesetzter, vielseitiger Stilistik immer wieder aufblitzte. Dezent begleitend agierte der Ulmer Peter Gruber am Schlagzeug, mit Stöcken, Besen, oft auch nur mit Händen und Füßen übernahm Gruber auch die spritzig witzige Moderation.
Gez. Dr. Helmut Schönecker