04.03.2016: Daktarimba – Jazzclub Biberach e.V.

04.03.2016: Daktarimba

Daktarimba d‘ Afrique im überfüllten Jazzkeller

Mit augenzwinkernder Nostalgie zu lebendiger Avantgarde

BIBERACH – Von der schlichten Eindringlichkeit des sympathischen Kameruner Sängers und Perkussionisten Njamy Sitson zum intelligenten, wenn nicht gar intellektuellen Spiel mit den verschiedenen Genres und Sujets durch die beiden „European Jazzmasters“ Walter Lang (Klavier) und Wolfgang Lackerschmid (Marimbaphon), so Sitson in seiner Anmoderation, war es ein erstaunlich kurzer Weg. Ausstrahlung und Überzeugungskraft des in Augsburg lebenden Afrikaners, der nicht nur optisch im Mittelpunkt stand, vermittelten einen authentischen Weg in die Jazz-Avantgarde und faszinierten das Publikum in dem aus allen Nähten platzenden Jazzkeller.

Nicht als pittoreskes Alibi einer falsch verstandenen Exotik im Rahmen einer glattpolierten, massentauglichen „Weltmusik“, sondern als unerschöpfliche Kraftquelle in einer tiefsinnigen künstlerischen Auseinandersetzung der unterschiedlichen Kulturen geriet das Freitagskonzert des Jazzclubs zu einer überzeugenden Synthese, zur perfekten Integration, zur fruchtbaren Symbiose von Intellekt und Emotion. Standen auf der afrikanischen Seite die oft im entspannten Falsett in Medumba dargebotenen schlichten Melodien und einfachen formalen Strukturen innerhalb einer durchaus komplexen Rhythmik, fanden sich auf der mit starkem Jazzidiom aufgebrochenen klassisch geprägten Seite eine vielschichtige Harmonik und abwechslungsreiche, gestaltkräftige Melodien und einprägsame, ostinate Begleitpatterns mit teils hochchromatischen Einschüben vor allem in den oft hochvirtuosen, improvisierten Solopartien. Trotz einem transparenten Klangbild kam in den einfallsreichen Eigenkompositionen der drei Akteure nicht der Hauch minimalistischer Reduktion auf.

So macht etwa die Dekonstruktion von Jazzstandards oder Musicaltiteln („Mandela“) verbunden mit dem „Rückbau“ auf die afrikanischen Wurzeln in meisterlicher Form deutlich, dass ein echtes Miteinander nicht nur möglich ist, sondern auch außerhalb afroamerikanischer Historie allemal interessantere Ergebnisse zeitigt, als das bloße Zitieren und collageartige Übereinanderschichten unverbundener Musik-Schnipsel. Aber auch der umgekehrte Weg, die unverkrampfte Akzeptanz folkloristischer Wurzeln und deren sensible Aufbereitung und Aufwertung zu zeitgenössischen künstlerischen Preziosen unter gelegentlicher Einbindung von Zitaten („Daktarimba“, „Teno“) wirkt überaus überzeugend und sinnfällig.

Selten hat das Etikett einer Musik, „Daktarimba“, soviel mit deren Inhalt zu tun. Der ebenso treffende wie einprägsame Name der weitgereisten bayrischen Trio-Formation entstand als Kunstwort aus der Synthese von „Daktari“ und „Marimbaphon“. Mit „Daktari“, dem Titel einer Fernsehserie aus einer längst vergangenen Zeit, in der die Exotik der afrikanischen Wildnis noch verklärt und durch Einsatz eines warmherzigen Dschungeldoktors geschützt und erhalten werden sollte, assoziiert man unwillkürlich die ursprüngliche afrikanische Volksmusik, die hier nicht á la „Dschungel-Camp“ als bloße Kulisse plakativ vermarktet wird. Eines der afrikanischsten Melodieinstrumente, das aus gestimmten Holzplatten bestehenden „Marimbaphon“, liefert dazu die authentischen, gleichermaßen warmen und perkussiven Klangfarben. Das künstlerische Resultat verdient durchaus die Bezeichnung „magisch“ – ein euphorisiertes Publikum, mehrere Zugaben und der reißende Absatz der mitgebrachten CDs sprechen eine deutliche Sprache.

gez. H. Schönecker