Biberacher Jazzpreis 2004
„Ich will einen eigenen Sound kreieren“
Von unserer Mitarbeiterin Petra Flaischlen
BIBERACH – Das „Laia Genc Trio“ steht strahlend auf der Bühne in der Biberacher Stadthalle. Dave Bargeron und Michel Godard von der Jazzcombo „TubaTuba!“ überreichen der Band aus Köln den Biberacher Jazzpreis 2004. Das Trio musste sich am Samstagabend beim Preisträgerkonzert mit dem „Schultze Trio“ aus Braunschweig und den „Jujuphonics“ aus Graz messen. Die Gewinner wurden von Publikum und Jury gemeinsam bestimmt.
„Ich bin ziemlich überrascht. Ich habe überhaupt nicht mit dem ersten Preis gerechnet!“, sagt Friedrich Störmer, Bassist des „Laia Genc Trios“. Viel Zeit zum Proben haben die drei Musikstudenten aus Köln nicht gehabt. Für Drummer Nils Tegen, der kurzfristig abgesagt hatte, musste Mirek Pyschny, ein Freund von Bandleaderin Laia Genc, einspringen. Bassist Friedrich Störmer war erst am Vortag von einer USA-Reise zurückgekehrt. „Deswegen werde ich heute abend wahrscheinlich auch nicht mehr groß feiern gehen. Ich habe noch ziemlichen Jetlag …“, sagt er.
Der Biberacher Jazzpreis findet seit 1990 im Turnus von zwei Jahren statt. Jazzmusiker aus ganz Deutschland, aus Biberachs Partnerstätten, aus Österreich und aus der Schweiz können daran teilnehmen. Bedingung ist lediglich, dass die Bandmitglieder nicht älter als 25 Jahre sind.
Dr. Helmut Schönecker, Musiklehrer am Wieland Gymnasium Biberach und selbst ein „Jazzer“, hat den Biberacher Jazzpreis mit ins Leben gerufen. „Dieser Preis ist sozusagen mein Baby!“, erklärt er. „Die ersten Jahre mussten wir noch bangen, dass wir genügend Bewerbungen zusammenbekommen, dieses Jahr konnten wir aus über 30 Teilnehmern auswählen!“ Der Wettbewerb befinde sich auf einem ausgesprochen hohen Niveau und werde immer anspruchsvoller, so Schönecker. „Die deutschen Jazzer können auch auf internationaler Ebene mithalten. Bei den jungen Bands gibt es eine breite Spitze“, ist er sicher.
Preis in Jazzkreisen bekannt
Der erste Preis ist mit 1200 Euro dotiert. „Wir werden das Geld aufteilen und wieder in unsere Musik investieren“, sagt Laia Genc. Die Band hatte schon durch andere Musiker aus Köln vom Biberacher Jazzpreis gehört und auf gut Glück ihr Demoband eingeschickt. „Der Biberacher Preis ist bei Jazzmusikern sehr bekannt“, sagt Laia Genc. Mit 25 Jahren wurde sie gerade noch zum Wettbewerb zugelassen. Den Stil ihrer Musik möchte sie in keine Kategorie einordnen: „Ich wollte mit der klassischen Besetzung, Piano, Schlagzeug und Bass, einen eigenen Sound kreieren!“
„TubaTuba!“ begeistert
Zum Jazzpreis 2004 waren, laut Veranstalter, circa 100 Zuhörer gekommen. Die Preisverleihung fand in der Pause des Galakonzerts von „TubaTuba!“ statt, die ihr Publikum mit Variationen amerikanischer und europäischer Jazzstücke begeisterten. Die Demonstration der „Circular-BreathingMethode“ von Michel Godard sorgte für donnernden Applaus.
Andreas Winter, Biberacher Musikdirektor und Jurymitglied, unterstreicht die Bedeutung des Biberacher Jazzpreises: „Ein erster Preis hier bedeutet auch im Ausland viel. Aus allen Preisträgern der letzten Jahre ist etwas geworden und auch Laia Genc wird ihre Fußstapfen hinterlassen.“
Schwäbische Zeitung / Biberach – Stadt und Land
- April 2004
„Wir sind heute ganz vorne mit dabei!“
Interview von Petra Flaischlen
BIBERACH – Seit 1990 bekommen junge Talente den Biberacher Jazzpreis verliehen. Beim Preisträgerkonzert am vergangenen Samstag überzeugte die Kölner Musikstudentin Laia Genc mit ihren Klavierimprovisationen. SZ-Mitarbeiterin Petra Flaischlen sprach mit Dr. Helmut Schönecker, der den Jazzpreis mit ins Leben gerufen hat.
Wie hat sich der Jazzpreis seit 1990 entwickelt?
Das Niveau ist sicherlich um einiges gestiegen. Wir sind heute ganz vorne mit dabei! In den ersten Jahren waren noch viele Bands aus der Region dabei. Heute ist die Spitze so hochkarätig und international, dass die Biberacher ein wenig verdrängt werden. Man muss aber auch bedenken, dass sie sich hier mit Studenten von Musikhochschulen messen müssen.
Wie sieht die Jazzszene in Biberach aus?
Die Biberacher Szene sieht gut aus. Es gibt hier viele fantastische Musiker. In der aktuellen Big Band des Wieland Gymnasiums gibt es eventuell sogar Kandidaten für den nächsten Jazzpreis.
Wie schätzen Sie die Karrierechancen der diesjährigen Preisträgerin Laia Genc ein?
Ich kann natürlich nicht in die Zukunft, sondern nur in die Vergangenheit schauen: Cornelius Claudio Kreusch, der Gewinner von 1990, zählt heute auch in den USA zu den ganz Großen! Momentan lebt er in New York und hat zahlreiche CDs auf dem Markt.
Wollen Sie beim nächsten Jazzpreis Änderungen vornehmen?
Natürlich wäre es fürs Publikum attraktiver, wenn noch mehr Bands beim Preisträgerkonzert auftreten würden. Das ist aber aus Kostengründen momentan leider nicht möglich. Wir sind immer noch auf der Suche nach Sponsoren für den Jazzpreis.
Schwäbische Zeitung
- April 2004