Trio ELF im Jazzkeller Biberach
Neue Klangwelten in kraftvoller Andersartigkeit
BIBERACH – Jazztrios gibt es wie Sand am Meer. Die Besetzung Klavier, Bass, Schlagzeug gilt im Jazz schon fast als Standard. Umso schwerer ist es, in einer solchen Besetzung nicht nur musikalisch sondern auch klanglich neue Akzente zu setzen und sich originell von der Masse abzuheben. In seiner zehnjährigen Bandgeschichte ist das Trio ELF zu einer künstlerischen Einheit verwachsen, hat zu einem ausgereiften eigenen Stil gefunden und ist dabei dennoch offen für Neues geblieben. Und das Trio ELF um den Münchner Pianisten Walter Lang hat es, trotz der transparent-kammermusikalischen Besetzung, durch virtuosen Elektronik-Einsatz geschafft, den traditionellen Sound aufzubrechen und neue Klangwelten zu erschließen. Das Jazzclub-Publikum zeigte sich jedenfalls von dem Trio auf seiner Jubiläumstour begeistert, obwohl Jazz in der Bandkonzeption eher eine Randerscheinung blieb.
Eine der Inspirationsquellen bezog das Trio erklärtermaßen von der bekannten deutschen Gruppe „Kraftwerk“, deren ihrerseits von Karlheinz Stockhausen inspirierter Weg in die elektronische Rock- und Popmusik bereits in den 70er Jahren weltweit Beachtung fand und als Pionierleistung in Richtung Funk, Techno und HipHop gilt. Einer der wenigen Coversongs des kurzweiligen Abends, vielleicht sogar der faszinierendste überhaupt, war denn auch der Titel „Mensch-Maschine“ von „Kraftwerk“. Live, gespielt mit akustischen Instrumenten und geringfügig elektronischer Verfremdung der Natursounds wirkte die ELF-Version nicht nur menschlicher und ästhetisch differenzierter sondern überdies kraftvoller und spannender als das mittlerweile kultig verfestigte Original. Besonders der virtuose Schlagwerkpart von Gerwin Eisenhauer, nebenbei auch das rhythmische „Kraftwerk“ des Trios, konnte die opulenten Klangtürme der Originalversion locker kompensieren.
Sven Faller entlockte seinem Kontrabass mit elektronischer Hilfe überaus melodische Linien und lieferte somit dem Pianisten Walter Lang, immer wenn dieser in rhythmisch-harmonischen Patterns zu versinken drohte einen vortrefflichen Kontrapunkt. Umgekehrt bot er Lang bei dessen virtuosen Solopassagenen das harmonische Fundament aus dem dieser wiederum die Spannung für seine raumgreifenden Improvisationen bezog. Ein perfekt abgestimmtes Geben und Nehmen in einem eingespielten Team, fast wie bei einem alten Ehepaar, das sich ohne Worte versteht oder alte Geschichten in spontanem Wechsel erzählt.
Zu den herausragenden Stücken des Abends gehörte Sven Fallers „Adria“, im Gedenken an eine längst verflossene Freundin entstanden, hochkomplex, hypersensibel, launenhaft. Nach Fallers eigenem Bekunden nahezu unspielbar, gelang im Biberacher Jazzkeller eine beeindruckende Interpretation des Werkes über ein offenbar nicht ganz unproblematisches „Frauenzimmer“. Nach zwei Zugaben durften die Jubilare von der Bühne.
[gez. Dr. H. Schönecker]