05.05.2017: Franz von Chossy Quintett – Jazzclub Biberach e.V.

05.05.2017: Franz von Chossy Quintett

Niederländisches Crossover-Quintett begeistert im Jazzkeller

Kammermusikalische Transparenz mit Verve und Power

BIBERACH – Nahezu Unvereinbares überzeugend unter einen Hut gebracht hat Franz von Chossy mit seinem ungewöhnlich besetzten Quintett beim Freitagskonzert des Jazzclubs im gut besuchten Jazzkeller. Violine, Cello, Klarinette, dazu Klavier und Schlagzeug. Die Besetzung lässt Klassisches erwarten, Jazz eher nebenbei. Mit dem ersten Stück „Perpetual Lights“ von der prämierten CD „When the World Comes Home“ sprangen sofort Funken der Begeisterung auf das faszinierte Publikum über. Klassik wurde Jazz und umgekehrt. Anfängliche Skepsis über die Kombination Streicher im Jazz bei fehlendem Kontrabass wurde schlagartig gegenstandslos. Langanhaltender Beifall motivierte die Musiker zu weiteren Großtaten.

In kammermusikalischer Präzision und Transparenz sowie einem elektronisch modifizierten, angenehmen Wohlfühl-Sound gestaltete das Quintett Franz von Chossys stil-, grenz- und epochenüberschreitende Kompositionen über die „Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies“ ebenso eindringlich wie abwechslungsreich. Die wenigen ganz neuen Kompositionen, darunter nach der Pause ein ausladender „Full-Range-Titel“, derzeit noch ohne Namen, der auf der nächsten CD der Band erscheinen soll, ließen die Wogen der Begeisterung noch höher schlagen. Barocke polyphone Fugatoteile, quasi generalbaßbegleitete Homophonie, orchestrale Klangwirkungen und klassische thematisch-motivische Arbeit, rhapsodische Reihungen, aber auch formal rahmende Geschlossenheit um gelegentliche freiere Improvisationen ließen keine Langeweile aufkommen und hatten schon gar nichts gewaltsam Konstruiertes an sich. Organisch, leichtfüßig beschwingt, aber auch düster, bedrohlich und voller Dramatik erzählt Franz von Chossy in prallen Bildern eine epische Geschichte, die durchaus als Fortsetzung von „When the World Comes Home“ verstanden werden kann, den Staub der Jahrhunderte zu Diamanten verpresst.

„Steps of the Sun“ oder „Eternal Elephant“ waren weitere Highlights, die eine hell begeisterte Besucherin zu der Aussage verleiteten, es hier mit einer „galaktischen Musik“ zu tun zu haben. Auf ausdauernden Beifall gab es mit „Nocturne“ leider nur eine Zugabe, die jedoch das Programm so stimmig abrundete, dass sich alle Beteiligten damit zufrieden gaben.

Vom quirligen Yonga Sun (Schlagzeug), dem souveränen Jörg Brinkman (Cello), Klangtüftler Alex Simu („Spezial-B- und Double-Bass-Klarinette“), dem virtuosen und feinsinnigen Jeffrey Bruinsma (Violine) bis zum gestaltkräftigen Komponisten Franz von Chossy (Kawaiflügel) war es jedoch vor allem das homogene, fein ausziselierte Zusammenspiel des Quintetts, welches mit seiner Perfektion und Dichte die Zuhörer fesselte und die pittoresken Klangbilder überzeugend in Szene setzte. Der durch die Person Franz von Chossys vermittelte Crossover-Stil ist dabei auf einem guten Weg, zu einem weltoffenen, unverkrampften, perspektivisch neuartigen, eigenständigen Musikstil zu werden.

Text & Foto: Helmut Schönecker