28.11.2008: Arkady Shilkloper – Jazzclub Biberach e.V.

28.11.2008: Arkady Shilkloper

Konzert für Hornsolo und Live-Elektronik im Jazzkeller

Arkady Shilklopers „lustige Streiche“

Dass Arkady Shilkloper zu den musikalischen Ausnahmeerscheinungen der multilateralen Weltmusik unserer Tage zählt, zeigt schon sein langjähriges Mitwirken in den künstlerisch renommiertesten Ensembles unserer Zeit, dem „Moskau Art Trio“ oder auch dem „Vienna Art Orchestra“.  Dass er aber auch als Solist mit seinem Wald-  oder Flügelhorn – das angekündigte Alphorn musste aus logistischen Gründen leider in Russland verbleiben – gänzlich ohne musikalische Begleitung einen langen Konzertabend zu einem kurzweiligen Erlebnis höchster künstlerischer Erfüllung machen kann, haben die wenigen glücklichen Besucher beim Jazzkonzert am vergangenen Freitag erfahren dürfen.

Voller Verzückung lauschten sie den facettenreichen Klängen des unkomplizierten, sympathischen Kosmopoliten, der, halb Russe, halb Jude, mit seinem Lebensmittelpunkt in Wuppertal musikalische Eindrücke der unterschiedlichsten Strömungen und Genres in seinem Personalstil überzeugend und bruchlos integrierte.

In perfekter Symbiose mit seinen fußschalterbedienten Multieffektgeräten ließ Shilkloper faszinierende Klangwelten entstehen. Die oft kritisierte „Entmenschlichung“ der Musik durch ein Zuviel an elektronischem Schnickschnack wurde bei Shilkloper zu einer echten „Live-Elektronik“, zu einem sinnvoll genutzten musikalischen Werkzeug zur Erweiterung der spieltechnischen Möglichkeiten des eigentlichen Musikinstrumentes verwandelt.

Kurze, „coram publico“, mit perfektem Timing eingespielte bzw. digital aufgenommene „Samples“ wurden so zu ostinaten Begleitpatterns, oft auch mehrfach übereinander geschichtet, über deren rhythmisch groovenden Fundament sich schließlich als krönender Höhepunkt die virtuose Improvisation des Künstlers spannte.

Ergänzt um einen „Harmonizer“, der die einstimmigen Melodielinien in einen mehrchörigen Klang verwandelte sowie vielfältige digitale Hall- und Echoeffekte, die den Klangraum aufweiteten und in die Tiefe staffelten, gestaltete Shilkloper faszinierende Klanggemälde.

Ob – als Konzession an das „klassische“ Jazzpublikum – in Glenn Millers bekanntem „Chattanooga Choo Choo“ die Klangkulisse einer Dampflokomotive (für den Titel wurde 1942 die erste „Goldene Schallplatte“ der Musikgeschichte verliehen)  oder in einer surrealen Eigenkomposition unter dem Titel „Virgin Ocean“ das Wellenrauschen und die Walgesänge, Arkady Shilkloper war immer souveräner Meister des Geschehens. Seinen gestalterischen Zugriff innerhalb der mit elektronischer Hilfe errichteten Klangebäude demonstrierte er durch eine Zitiertechnik, die es ihm nicht nur erlaubte Brücken zwischen den verschiedenen Musikstilen zu schlagen, sondern vielfältige, oft auch humoristische Anspielungen zu setzen. Mit dem Zitat der berühmten Hornstelle aus Richard Strauss’ sinfonischer Dichtung „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ tat Shilkloper denn auch musikalisch offen kund, was seine Körpersprache schon lange vorher verraten hat: unverbrauchte Spielfreude, unverstellter, mitunter hintergründiger Spaß am eigenen Tun, lebendige Kommunikation und Interaktion mit einem aufgeschlossenen Publikum, höchste künstlerische Erfüllung. Mehrere, gern gewährte Zugaben rundeten einen Konzertabend ab, der mehr Publikumszuspruch verdient gehabt hätte.

Gez. Dr. Helmut Schönecker