28.04.2023: Steffen Dietze – Jazzclub Biberach e.V.

28.04.2023: Steffen Dietze

„Nocturne“ oder die „Ode an das Alleinsein“

Steffen Dietze – Piano Solo: Hallo Heimat – Hallo Jazz!

BIBERACH – Die während des Lockdowns entstandene und bei RoGo Music verlegte CD „Nocturne“ des Biberacher Pianisten und Multitalents Steffen Dietze nahm in einer Live-Präsentation den größten Teil des ersten Sets seines Solokonzertes beim Jazzclub Biberach im Rahmen der Konzertreihe zu den baden-württembergischen Heimattagen ein. Nach einer einleitenden, innigen Hommage an seine anwesende Frau entführte ein längeres Medley mit tiefsinnigen Titeln aus dieser jüngsten CD mit mehr oder weniger schönen Träumen, Albträumen und Nachtgedanken aller Art in eine ebenso facettenreiche wie hoch individualisierte Klangwelt. Eine Welt, in der das Alleinsein nicht gleichbedeutend mit einsam sein muss. Eine Welt, in der Alleinsein vor allem mit „bei sich selbst sein“ umschrieben ist.

Schwebende, impressionistische Passagen wechselten mit kernigen Bassfiguren, Akkordbrechungen und Arpeggien mit kurzen Melodiefloskeln, kurzen Fill-ins und rhythmisierten Voicings.  Immer wieder entfalteten sich auch gestaltkräftige Melodielinien, charakteristische Formabläufe wurden deutlich und strukturierten die vielschichtigen, oft aphoristischen Ideen des Komponisten. Besonders in den eher melancholisch entrückten Abschnitten ließ sich, nach Aussage einiger Besucher, die stressige Arbeitswoche entspannt zurückgelehnt optimal ausklingen. Viele der andächtig lauschenden Besucherinnen und Besucher taten dies auch mit geschlossenen Augen, was sie aber nicht davon abhielt, zwischen den Stücken lang anhaltenden Beifall zu spenden. Nach einem eher zupackenden „Blues für Rolf“, demselben auch zugeeignet, gab es eigens für die erst wenige Wochen alte und beim Konzert ebenfalls anwesende Enkeltochter, eine neue, liebevoll ausgestaltete Komposition mit dem Titel „Sophie“ zu hören. Für besonders empfindliche Ohren leicht getrübt durch den leider nicht ganz sauber gestimmten Kawaiflügel.

Kompositionen aus Dietzes erster CD “Tangram”, neben dem Titelsong besonders eindrucksvoll auch die Nummer „Rush Hour“, gab es im zweiten Set außerdem noch eine Reihe von Coverversionen zu hören. Im Pop oder im Laienbereich erklingen Coverversionen meist als wenig eigenständige Imitationen des Originals mit denen der Nachahmer ein Stück vom großen Kuchen abhaben möchte. „Moonriver” von Henry Mancini, „Love is a losing game“ von Amy Winehouse oder auch „My Valentine“ von Paul McCartney waren bei Dietze aber ganz jazztypisch nur die Ideenlieferanten für eigene kreative Exerzitien, stimmungsvolle Aphorismen, Motivbausteine oder strukturierende Akkordfolgen für eigenständige Improvisationen.

Text und Fotos: Helmut Schönecker