25.02.2005: Kölner Saxofon Mafia – Jazzclub Biberach e.V.

25.02.2005: Kölner Saxofon Mafia

Auftaktveranstaltung von „Brass Mission“ war ein „Knaller“

Kosmische Saxophonklänge Kölner Mafiosi

Verblüfftes Kopfschütteln war die vorherrschende Reaktion der zahlreichen Gäste im rappelvollen Jazzkeller als die vier international renommierten Kölner Saxophon-Mafiosi am Freitagabend machtvoll in ihr Horn stießen um die „Brass Mission“ – Veranstaltungsreihe der Stadt Biberach zu eröffnen. Doch alsbald ersetzte eine beständig zunehmende Begeisterung die anfängliche Verwunderung. Immer häufiger blitzte das Erkennen auf, wenn skurrile, oftmals hintergründige Arrangements auf humorvolle Art das musikalische Sein und Werden abseits der ausgetretenen Pfade von ungewohnten und unerwarteten Seiten beleuchtete.

 

Dass die Ausdruckspalette des Saxophons diejenige der meisten arrivierten Vertreter des klassischen Instrumentariums in vielerlei Hinsicht übertrifft demonstrierten die vier Kölner Ausnahmemusiker in rundum überzeugender Weise. Vom zarten Lufthauch über den sonoren klassischen Schönklang bis zum geräuschhaft-urgewaltigen Schiffssirenenklang, von den dunkel-weichen, einschmeichelnden Tönen der Bassklarinette oder den kernigen Tiefen des Basssaxophones bis in die höchsten, glasklaren oder gar schrillen Höhen des kleinsten Instrumentes der Saxophonfamilie, dem Sopranino, erklangen alle denkbaren – und manche undenkbaren – Klangfarben. Höchste Virtuosität und perfekte Beherrschung auch ausgefallener Spieltechniken schienen wie selbstverständlich. Bemerkenswert etwa die höchst perfektionierte Zirkularatmung von Steffen Schorn, mittels derer ihm auf dem Baritonsaxophon fast unendlich lange Töne, etwa nach Art des australischen Didgeridoos, gelangen. All dies diente jedoch keinem Selbstzweck oder wurde gar für ein falsches virtuoses Imponiergehabe missbraucht. Die seit den frühen 1980er Jahren bestehende „Kölner Saxophon Mafia“, der neben Steffen Schorn noch Roger Hanschel, Wollie Kaiser und Joachim Ullrich angehören, zeigte in ausgereiften Eigenkompositionen und mit perfektem Zusammenspiel, dass künstlerischer Anspruch und kurzweilige, amüsante Unterhaltung keinen unauflösbaren Gegensatz darstellen müssen.

 

Die meisten Titel des Programmes entstammten der wiederholt angepriesenen neuesten CD-Produktion „spaceplayer“  – man muss ja schließlich von etwas leben – und ließen gegenüber manchen frühen Titeln Versöhnliches erklingen. Auch nach der wildesten Hatz durch ostinate oder polyphone Strukturen, wie etwa in den „Klingonenträumen“ von Wolli Kaiser oder in Hanschels „The disappearance of space and time“, stand am Ende dissonanter Schichtungen häufig die demonstrativ choralartig harmonische Schlusskadenz. Im Ullrichs Titel „Letzten Donnerstag in der Zeitschleife“ fanden sich etwa auffällig gesetzte programmatische Anklänge an den Stundenschlag vom Londoner Big Ben als Assoziation zur Zeit. Hier gelang vielleicht die sinnfälligste Anspielung auf den tieferen Sinn dieser Musik: Hineintauchen und dabei jedes Gefühl für Raum und Zeit verlieren.

 

Gez. Dr. Helmut Schönecker