23.09.2016: Offshore – Jazzclub Biberach e.V.

23.09.2016: Offshore

Preisgekrönte Kölner Band begeistert im Jazzkeller

Offshore – Ein Name wird Programm

BIBERACH – Die mehrfach preisgekrönte Gruppe „Offshore“ aus der Kölner Jazzschmiede spielte zur Eröffnung der Herbstsaison des Biberacher Jazzclubs im gut besuchten Jazzkeller ausschließlich Eigenkompositionen abseits ausgetretener Pfade. Kein einziger Coversong war dabei zu hören. Es gab keine noch so versteckten bekannten Motive oder gar Melodien, denen es nachzuspüren lohnte. Es erklangen keine eingängigen sich permanent wiederholende Rhythmuspatterns und die stark erweiterte Tonalität zerfloss an ihren Grenzen. Die reichhaltige Harmonik hatte sich ihrer Fesseln entledigt und das musikalische Standardvokabular schien nicht mehr zu greifen. Die erfrischend andersartige Musik stieß trotz oder gerade wegen ihrer Unbestimmtheit und Andersartigkeit bereits nach dem ersten Titel auf überraschte und zustimmende Begeisterungsäußerungen im Publikum.

Mit einem feinen Gespür für das richtige Maß an musikalisch Neuartigem und der ausgeprägten Fähigkeit zum Schaffen nachvollziehbarer formaler Strukturen, einer plastischen Textur der inneren Grammatik, an der jeder der fünf jungen Musiker in souveräner Eigenständigkeit beteiligt war und gleichermaßen gestalterische Verantwortung im interaktiven Geflecht konträr aufeinander bezogener Kontrapunkte übernahm, gelang „Offshore“ zuweilen das ganz Besondere. Die Gegensätze hoben sich auf, die polyphone Autonomie des Einzelnen verschmolz zu einem hin- und mitreißenden Ganzen, die Stücke entwickelten einen straffen, packenden Groove und in die von allen zuckersüßen Leckereien befreiten Gehörgänge strömte mit kraftvoller Opulenz eine sauerstoffreiche, erfrischende und belebende Prise „Offshore-Jazz“ voller Fantasie und Spontanität.

Die etwas ungewöhnliche Besetzung aus Sopran- bzw. Tenorsaxophon (Christoph Möckel), Vibraphon (Dierk Peters), Klavier (Constantin Krahmer), Kontrabass (Oliver Lutz) und Schlagzeug (Fabian Rösch) steht für klangliche Vielfalt und Transparenz gleichermaßen. Dierk Peters zeichnete, neben dem sensibel agierenden Pianisten Constantin Krahmer, auch für die meisten Kompositionen verantwortlich. Er spielte sein Vibraphon, abgesehen von einem einzigen manuell fabrizierten solitären Vibratoeffekt, ganz untypisch völlig ohne Vibrato, was der Transparenz des Gesamtklanges durchaus guttat. Auch von Bass und Schlagzeug kamen stimulierende, mitunter überraschende aber niemals dominierende Beiträge, die sich wie Christoph Möckels Saxophon organisch in den Bandsound integrierten. Hätte in klassischen Bandkonzepten fast schon naturgesetzlich das Saxophon als einziges echtes Melodieinstrument das musikalische Geschehen überstrahlt, so ist Möckel hoch anzurechnen, dass er bei aller Virtuosität und Expressivität den „primus inter pares“ verkörperte und sich dienend dem Bandkonzept unterordnete.

Nach der das offizielle Programm beschließenden Komposition „Copland“, als Hommage an den vom Saxophonisten zum Pianisten mutierten amerikanischen Jazzmusiker Marc Copland geschrieben, erklatschte sich das begeisterte Publikum gleich zwei Zugaben.

 

gez. Dr. H. Schönecker