Konzert im Jazzkeller
BHS Organ Trio eröffnet neue Konzertsaison des Jazzclubs
BIBERACH – Original Hammond Orgel und Leslie-Tonkabinett stehen nicht nur bei Klangfetischisten auch heute noch hoch im Kurs. Der damit verbundene Kult erinnert schon an die legendären historischen Instrumente der Cremoneser Geigenbauschule eines Amati, Guarneri oder Stradivari. Guterhaltene Instrumente erzielen auf dem Gebrauchtmarkt Preise im Bereich eines neuen PKW der gehobenen Mittelklasse. Wenig verwunderlich also, dass sich im Publikum des letzten Jazzclubkonzertes mit dem „BHS Organ Trio“ neben erklärten Jazzfans auch eine ganze Reihe von Hammondfans einfanden um dem legendären Sound der Kultorgel zu lauschen und zu huldigen.
Anders als die international gefeierte Jazzmusikerin Barbara Dennerlein, die ihre voll aufgerüstete und mit Hightech vollgestopfte Hammond in ihren Auftritten virtuos und solitär zelebriert, ist die Hammond beim Schweizer BHS Trio im authentischen Originalsound integraler Klangbaustein im musikalischen Konzept des Trios. Thomas Bauser an der Hammond B3 und Franz Hellmüller an der E-Gitarre zeichnen verantwortlich für die Kompositionen des Trios, die besonders durch eine fein aufeinander abgestimmte Klanglichkeit gleichberechtigter und gleichwertiger Stimmen in einer dichten, oft polyphonen Struktur beeindrucken. Hauptverantwortlich für den raffinierten Groove der Stücke zeichnet der Schlagzeuger Michi Stulz, der sich aber trotz ständiger Präsenz nie in den Vordergrund drängte.
Die Stücke des Trios, besonders das schwungvolle „Waltz for Sophie“ zu Ehren der Frau des Organisten und das bunt schillernde „La Capitale“ in Würdigung der französischen Hauptstadt Paris, wirken gleichermaßen modern und doch der Tradition verbunden. Modern vor allem bezüglich ihrer Rhythmik und Struktur sowie der Einbindung neuerer stilistischer Trends in Richtung des „New Pop“ oder „Modern Funk“, traditionell bezüglich der Sounds und Patterns, die ihre psychedelischen Wurzeln und stilistischen Anklänge u.a. an die deutsche Gruppe „Kraftwerk“ nicht verleugnen konnten. Dass der traditionelle Hammond-Sound und die technischen Möglichkeiten einer zweimanualigen Orgel mit Vollpedal ihre musikalischen Möglichkeiten noch lange nicht ausgereizt haben, stellte Bause eindrucksvoll unter Beweis. Auf drei musikalischen Ebenen sowie mit ständigem umregistrieren der zahlreichen Schieberegler vielbeschäftigt und voll multitaskingfähig saß er im Zentrum des homogenen musikalischen Bandgeschehens als „primus inter pares“.
Kontemplative Versenkung in den klanglichen Untiefen der tiefsinnigen Kompositionen war ebenso möglich, wie federndes Mitschwingen und Mitwippen bei den zupackenden, modernen Grooves. Fetzig ist jedoch anders. Trotz schweizerisch-dezenter Zurückhaltung der Musiker kam mancher Anfeuerungsruf aus dem interessierten Publikum, welches sich auch eine kurze Einführung in die Geheimnisse der B3 und des Leslie-Tonkabinetts wünschte. Die Erklärung durch Thomas Bauser fiel dann allerdings eher nüchtern aus: Hammond B3 im neuen transportablen Gehäuse („im Originalgehäuse wäre das 250kg Instrument nicht so reisetauglich gewesen“) und ein früher Vorläufer des Leslie-Tonkabinetts mit den rotierenden Lautsprechern aus dem Jahr 1952 mit stillgelegtem Bass-Rotor „weil die tiefen Töne nicht wummern sollten.“ Enthusiasmus klingt anders. Ähnlich zurückhaltend erwiesen sich die Schweizer in ihren Zugaben. Nach langem Betteln gab es schließlich einen „Gute Nacht – Choral“. Das Publikum hätte sich durchaus mehr gewünscht.
gez. Dr. H. Schönecker