19.09.2003: NuNu!  – Jazzclub Biberach e.V.

19.09.2003: NuNu! 

Launiges Konzert zwischen Klezmer und Weltmusik

NUNU! – Skurrile transsilvanische Waldgeister im Biberacher Unterholz

NUNU erneut im Biberacher Jazzkeller! Wer den vielumjubelten ersten Biberacher Auftritt der Münchner Klezmertruppe vor einigen Jahren miterlebt hat, der wusste noch, was das bedeutet: heftig strapazierte Lachmuskeln bei verblüffenden Nonsens-Dialogen mit leeren Sprachhülsen, überschäumende Affekte pur in freier stilistischer Anlehnung an den amerikanischen Scatgesang, überzeugende und beeindruckende Mimik und Gestik, kurzweilige komödiantische Unterhaltung mit einer brillanten Performance, musikalische Genrestücke in jiddischer, balkanischer, südosteuropäischer Tradition, skurrile musikalische Parodien und Karikaturen zuhauf, eine musikalische Melange irgendwo zwischen Klezmer und Weltmusik.

Die Erwartungen wurden denn auch nicht enttäuscht. Das jeweilige Idiom der dargestellten Genres wurde treffsicher erfasst. Viele Stücke hatten in alter Klezmertradition eine intensive melancholische Ausstrahlung und intimen Charakter. In besonders inspirierten Nummern, etwa in dem skurrilen „Lied von den transsilvanischen Waldgeistern“, stimmte alles zusammen. Da zirpte, röchelte, stöhnte und ächzte alles was auf der Bühne stand. Scharrende, schabende, pochende Geräusche von Marika Falk an diversen Trommeln, undefinierbare elektronische Spezialeffekte des Überlinger Gitarristen Uli Graner und die unnachahmlichen akustischen Emanationen des virtuosen Passauer Posaunisten, Tubisten und Stimmakrobaten Leo Gmelch erzeugten eine Gruselstimmung, die jeder Geisterbahn Ehre gemacht hätte. Leadsänger Willi Jakob lieferte den beseelenden Gesangspart und stand Leo Gmelch als Dialogpartner zur Verfügung.

Den Jazzfans unter den zahlreichen Besuchern wurde jedoch leider – trotz einem in Chicago geborenen Saxophonisten und Klarinettisten, der als Ersatz für den langjährigen Violinisten Mic Oechsner antrat – keine ernstzunehmende Jazz-Improvisationen geboten, wie überhaupt die Jazzeinflüsse erstaunlich nebensächlich wirkten. Gegenüber der außergewöhnlich vitalen und expressiven Musik der Anfangsjahre, die ein außerordentlich hohes innovatives Potential aufwies und große Experimentierfreude bezeugte, gab es heuer leider wenig Neues, kaum Tiefschürfendes. Der unzweifelhaft hohe Unterhaltungswert von NUNU ließ sich offenbar mit einem gewissen Kunstanspruch über die Jahre hinweg nicht immer leicht versöhnen. Dieser Versuch in Permanenz öffnet jedoch die Pforten zu wahrhaft bedeutender Musik.

 

Gez. Dr. Helmut Schönecker