Jazzkeller: Verena-Nübel-Quartett zum Halbjahresabschluss
Verena Nübel macht Laune
BIBERACH – Mit leichtfüßig-urbanem Jazz ins Wochenende driften ist für viele Biberacher Jazzfans schon eine lieb gewordenen Gewohnheit. So lauschten zum Abschluss des Halbjahresprogrammes des Biberacher Jazzclubs beim Freitagabendkonzert im Jazzkeller wieder zahlreiche Gäste dem aus der Landeshauptstadt angereisten Jazz-Quartett, das im Rahmen des vom Deutschen Musikrates ausgerufenen „Tags der Musik 2015“ die aktuelle CD „Beat my Dog“ vorstellte.
Bandleaderin, Komponistin und Sängerin Verena Nübel moderierte sympathisch unprätentiös durch den Abend, wies gleich auf eine Besetzungsänderung und die möglichen Konsequenzen hin – der verhinderte Stammpianist musste kurzfristig durch Christoph Heckeler ersetzt werden – und stürzte sich dann beherzt ins musikalische Abenteuer. Jazz lebt von der Improvisation und die neue Konstellation sollte also eine kreative Neudefinition der CD-Titel mit sich bringen. Vor allem auch, weil dem Pianisten in einer Quartettformation mit Sängerin, Kontrabass und Schlagzeug in der Regel die Hauptgestaltungsaufgaben obliegen. Erleichtert wurden Heckeler diese Aufgaben allerdings durch einprägsame, gestaltkräftige Melodien in eingängigen Harmoniefolgen in durchaus konventionellen Strukturen sowie den – im Jazz nicht immer selbstverständlich – sorgfältig ausnotierten Kompositionen von Verena Nübel. Heckelers stupende Technik, sein variantenreiches Spiel und seine pianistische Erfahrung ließen jedoch schnell vergessen, dass hier einer von der „Reservebank“ spielte.
Dass sich die mal skurrilen, mal ernsten, mal verträumten musikalischen Geschichten aus der Feder Nübels nicht ganz ohne Reibungsverluste ins neue Outfit übertragen ließen, kommt vielleicht am ehesten in einer Rückfrage eines Besuchers in der Pause zum Ausdruck, „wann denn nun endlich die leidenschaftlichen, temperamentvollen, frechen Stücke mit den im Vorbericht angekündigten Emotionen kommen“. In der Tat schienen die musikalisch reflektierten Lebenserfahrungen Nübels anfangs noch etwas verhalten rüber zu kommen. Eine gewisse Anspannung war unverkennbar. Am Beifall und am Mienenspiel der Musiker war dann jedoch zunehmend die wachsende Spielfreude abzulesen. Vor allem die souligen oder auch leicht funkigen Stücke, die facettenreichen Scatimprovisationen Nübels, die brillanten Klavierimprovisationen, die sicht- und hörbare Spielfreude von Roberto Volse am voll tönenden Kontrabass und dem verlässlich groovenden Felix Schrack am Schlagzeug, vor allem aber auch ein inspirierter „Red Cherry Blues“ über einen Kirschbaum aus Nübels Kindheit, ließen schnell vergessen, was anfänglich wohl die Leidenschaften etwas bremste.
Spätestens als die Zugaben ausgingen und eine Rumba aus dem ersten Set wiederholt werden musste, war auch den freudestrahlenden Interpreten des Abends klar, dass ihr Experiment gelungen war. Lediglich die Geschichte mit dem Hund blieb eigentümlich farblos.
Gez. Helmut Schönecker