19.04.2013: Katharina Maschmeyer Quartett – Jazzclub Biberach e.V.

19.04.2013: Katharina Maschmeyer Quartett

Katharina Maschmeyer-Quartett im Biberacher Jazzkeller

Kraftvolle Rhetorik und ungekünstelte Natürlichkeit

BIBERACH – Erfrischend andersartig erwies sich der groovige Stilmix des Katharina Maschmeyer-Quartetts im Programm des Biberacher Jazzclubs. Vor einer stattlichen Publikumskulisse kam die offen-kreative Suche der Formation nach neuen Wegen im Jazz durchaus an. Ohne Scheu gestand die sympathische Frontfrau an Sopran- und Tenorsaxophon in ihren knappen An- oder Abmoderationen, welche Stücke im Biberacher Jazzkeller ihren ersten Bühnenauftritt hatten und damit noch nicht ganz so rund und geschliffen daherkamen, wie die bereits auf CD eingespielten. Dabei waren es gerade die neuen Stücke, die den Weg der musikalischen Sinnsuche nachvollziehbar machten.

Die etwas ungewöhnliche Besetzung der Formation aus Saxophon, Gitarre, Keyboard und Schlagzeug, mithin also das Fehlen von E- oder Kontrabass, verriet noch nicht unbedingt das Neue in Maschmeyers Quartett. Immerhin übernahm Philipp Rüttgers mit flinker linker Hand den fehlenden Basspart und erweiterte damit die Band de facto zum Quintett. Der variable Sound seines digitalen Nord Star E-Piano-, Orgel-, Synthesizer-Samplers und die multieffektgesteuerte E-Gitarre von Jens Pollheide ließen schon eher erkennen, wo es hingehen sollte. Zusammen mit dem klanglich transparent und differenziert aber dennoch unaufdringlich groovenden Drummer Jens Otto entstand eine nicht nur modern anmutende Klanglichkeit, die in den zupackenderen Passagen mitunter an „Kraftwerk“ erinnerte, sondern auch eine jeweils instrumententypische, vielseitige und hochvariable Patternstruktur, die von polyphonen Kollektivimprovisationen, rock-, funk- und fusiontypisch markanten Rhythmen und vom Neobebop inspirierten, rasenden Unisonopassagen sowie Blues-Anklängen im blitzschnellen Wechsel durchzogen war.

Der explizit nicht lyrische oder gar süßliche Wohlfühl-Saxophonsound von Katharina Maschmeyer bot hierbei eine willkommene Mittlerfunktion. Die kraftvolle Rhetorik ihrer Improvisationen, oft auch im engen Dialog mit der Gitarre, ließ an Deutlichkeit in der Aussage nichts zu wünschen übrig. Hier gab es kein vorsichtiges Herantasten an Stimmungen und Gefühle, kein hypersensibles „um den heißen Brei herum spielen“. Selbst die wenigen balladenhaften oder leiseren Stücke strahlten noch eine immense Kraft und ungekünstelte Natürlichkeit aus, die von der eher zurückhaltenden Körpersprache der Bandmitglieder allerdings nicht immer wiedergespiegelt wurden. Und auch in den teils hochvirtuosen Improvisationen, vor allem des Gitarristen, verschwand nie ganz der Eindruck absichtsvoll gebremster Expressivität. Selbst die heftigsten Eruptionen verliefen völlig kontrolliert, fest eingespannt in die vorgegebenen architektonischen Strukturen der innovativen Eigenkompositionen von Maschmeyer und Pollheide. Vielleicht war Rüttgers durch seine Doppelfunktion in konzentrierter Kontemplation versunken, vielleicht war Pollheide durch seine üppige Batterie an Fußschaltern und Effektgeräten etwas vom Spiel abgelenkt, vielleicht steckten dem Quartett aber auch nur die acht Stunden Autobahnfahrt, direkt vor Konzertbeginn in den Knochen. Jedenfalls hätte eine expressivere Bühnenpräsenz sicher noch mehr Feuer und Spannung unter das gleichwohl sichtlich begeisterte Publikum gebracht.

 

[gez. H. Schönecker]