Andor’s Jazzband in der Theaterkneipe „Applaus“
Gepflegt, Gediegen, Gelungen!
Der Biberacher Jazzclub hatte mit seiner jüngsten Bandverpflichtung den musikalischen Weg zurück zu den Anfängen gewählt. Traditional Jazz von seiner gepflegtesten Seite, dargeboten von der niederländischen Formation „Andor’s Jazzband“ in der Theaterkneipe „Applaus“ versetzte das Publikum zurück in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts.
Neun würdevolle ältere Herren mit Fliege, schwarzem Anzug und Lackschuhen machten sich, nicht ohne einen Schuss Selbstironie, auf der kleinen Bühne pünktlich ans Werk. Mit souveräner Professionalität und wenigstens in den ersten beiden Sets auch mit gedrosselter Leistung gingen die Musiker ihren Job an. Informative Moderationen durch den ansonsten unauffällig am Piano agierenden Bandleader unterbrachen den unterhaltsamen Fluss der gediegenen Salon-Musik. Die gewählten Titel legten Zeugnis ab von dem Bemühen der Holländer, die ausgetretenen Pfade der Wiederholung des immer Gleichen zu verlassen und eben gerade nicht den Tiger Rag, Ice Cream oder den Basin Street Blues als profane Stimmungsmacher einzusetzen.
In subtilen Arrangements eher unbekannter Stücke, eine gewisse Vorliebe für den jungen Duke Ellington war nicht zu überhören, kam der historische Wechsel von der, nur mit drei Melodieinstrumenten besetzten New Orleans Combo zu den Bigbands der 30er Jahre exemplarisch zum Ausdruck. Den fünf Multi-Instrumentalisten der Frontline: Klarinetten, Saxophonen, Trompeten und Posaune, gelang es in immer wieder neuen Konstellationen das saubere Satzspiel der Bigband-Ära mit den improvisatorischen Freiheiten der Frühzeit zu verbinden. Dabei spielten der Tenor- und Es-Altsaxophonist jeweils auch Klarinette, das zweite Altsaxophon ertönte im Wechsel mit Klarinette oder gar Trompete (!), Trompete und Posaune ergänzten den variablen Bläsersatz, der mitunter gar geschlossen auf Sopranino-Blockflöten wechselte. Klanglich wohl am eindrucksvollsten trat der dreistimmige Klarinettensatz in Erscheinung. In sauberer Intonation traten vor allem in mittlerer und hoher Lage, für den originären Jazz nicht unbedingt typische, dabei jedoch harmonisch besonders wohlklingende Partien in Erscheinung, die dem Ganzen einen sehr edlen Charakter verliehen.
Im dritten Set drehten die Herren dann richtig auf. Mit dem legendären „Sing, Sing, Sing“ von Benny Goodman trat der polnische Schlagzeuger der Band in die Fußstapfen von Gene Krupa. Sein 10minütiges Schlagzeugsolo lockte das Publikum aus der Reserve und animierte das Publikum zu stürmischem Applaus. Kurzweilig verging der Rest des Abends bis kurz vor zwölf, nicht ohne eine herbeigeklatschte Zugabe, der unterhaltsame Jazzabend zu Ende ging.