Gereifte Coolness der internationalen Spitzenklasse
Altmeister Dusko Goykovich (Trompete), trotz seiner 81 Lenze in einer Topverfassung, und Jürgen Seefelder (Saxophon), Jazzprofessor aus Mannheim, jazzten am Freitagabend im Jazzkeller das überaus zahlreiche Biberacher Jazzpublikum in Ekstase. Das „Drei-Generationen-Quintett“ hatte mit Christian Gall (Klavier) aus Rosenheim, Rocky Knauer (Bass) aus Augsburg und Michael Keul (Schlagzeug) aus München auch in der Abteilung Akkompagnement eine illustre Zusammensetzung auf Weltklasseniveau zu bieten.
Dass mit Dusko Goykovich einer der ganz großen Jazzer den Weg in den Jazzkeller gefunden hatte, war nicht zuletzt Jürgen Seefelder zu verdanken, der als Juror beim internationalen Biberacher Jazzpreis im Frühjahr 2012 sein Debut gegeben hat. Dass sich die beiden auch musikalisch gut verstehen, war ab dem ersten Titel bereits offenkundig. Souverän und inspiriert interagierten die beiden in ihren Soli. Besonders die Dialogimprovisationen boten neben dem augenzwinkernd spielerischen Moment manche inspirierte Kostbarkeit.
Der Rahmen für die Improvisationen bestand fast ausschließlich aus Eigenkompositionen von Goykovich, der in seiner langen Karriere nicht nur Max Greger, Kurt Edelhagen, Albert Mangelsdorff, Maynard Ferguson oder Woody Hermann und Kenny Clarke mit seiner Trompete und seinen musikalischen Ideen inspiriert hat. Selbst den Hohepriester des modernen Jazz, Miles Davis, nannte er seinen guten Freund, mit dem er nach dem Konzert manche Nacht, oft bis zum Morgengrauen zusammengesessen hatte. Darauf Bezug nimmt auch eine der eindringlichsten Kompositionen Goykovichs: „Five o´clock in the morning“, Miles Davis gewidmet. Der Song geriet in abgrundtiefer Melancholie und genialer Spiritualität zu einem der erfülltesten Momente eines an Highlights überreichen musikalischen Abends.
Ob mit Latineinflüssen, wie in dem seiner Frau gewidmeten Titel „Inga“ oder im Samba „Tsigane“, ob in Blues-, Soul- oder Balladenfeeling (Ballad for Miles) Dusko klingt immer nach Dusko. Nicht grundlos beginnen die ersten seiner Kompositionen zu Standards zu werden. Wie verwachsen mit seiner Trompete, die auch in hohen Lagen noch präzise und brillant und dennoch relaxt klingt, versteht er in unnachahmlicher Weise gerade so viele Töne wie nötig zu spielen. Kein unnötiges Beiwerk oder virtuoses Gehabe verstellen den Weg zu den musikalischen Ideen. Jürgen Seefelder war Goykovich ein kongenialer Partner, griff Ideen auf, steuerte Ideen bei oder verschaffte dem Altmeister ab und zu auch mal eine „Verrauchpause“ im Hinterzimmer um sich derweil entsprechend in Szene zu setzen. Ein echter Wohlfühlabend in Sachen Jazz ging – dank der ungebremsten Spiel- und Zugabenfreude des Quintetts erst nach fast 3 Stunden zu Ende.
gez. H. Schönecker