„Triano Gyptano“ im Jazzkeller Biberach
Von der erträglichen Leichtigkeit des Seins
Ein angenehmerer Weg ins Wochenende ist für Liebhaber unterhaltsamer Livemusik kaum vorstellbar. Der federleichte Gipsy-Swing des Sinti-Jazztrios „Triano Gyptano“ in entspannter Wohlfühlatmosphäre bei Kerzenlicht und einem guten Gläschen Irgendwas verhalfen den Gästen im gut besetzten Jazzkeller zu einem gelösten Ausklang der Arbeitswoche, zur finalen „After-Work-Party“. Auf Einladung des Jazzclubs wandelten Herbie Tusek und David Klüttig ganz in den Fußstapfen ihres Vorbildes Django Reinhardt, souverän begleitet von Uli Kuhn aus Ulm am Kontrabass. Gut ein Drittel des Programmes war dem legendären Gitarristen des „Quintette du Hot Club de France“ gewidmet, der zusammen mit Stéphane Grappelli als Erfinder des Gypsy Swing und Begründer eines eigenständigen europäischen Jazz gilt.
In einer Beiläufigkeit abseits der häufig anzutreffenden Bedeutungsschwere virtuosen Konzertgebarens erklangen die Höhepunkte des Genres im lockeren Wechsel der beiden Gitarreros zwischen Solo- und Rhythmusgitarre. In eloquent verbindenden Worten moderierte der Laupheimer Gitarrenlehrer Herbie Tusek durch den Abend, nicht ohne – gefühlt etwa 30 Mal – auf die Möglichkeit eines Erwerbs der mitgebrachten CDs des Trios hinzuweisen, schließlich stehe ja Weihnachten vor der Tür.
Zu den besten Kompositionen des Abends gehörten, neben den Django-Titeln, ein norwegischer Tanz von Edvard Grieg, Duke Ellingtons Traumnummer „Caravan“ und Charlie Chaplins berühmtes „Smile“ aus dem Film „Moderne Zeiten“ im ersten Set. Viel zu schnell ging das kurzweilige Programm seinem Ende entgegen und gipfelte schließlich mit der ersten Zugabe im wohl bekanntesten Django Reinhardt Stück, dem „Minor Swing“. Die augenzwinkernde Einflechtung von Kurzzitaten aus der klassischen Musik, Motive aus Beethovens „Für Elise“ oder Mozarts „g-Moll-Symphonie“ und weiteren Versatzstücken, bezeugten eine hohe improvisatorische Meisterschaft und Sinn für musikalischen Humor. Vor allem aber zeigte dies, dass Berührungsängste zu anderen Stilen und Genres nicht angebracht sind, dass diese Musik Brücken zwischen den Kulturen schlägt und offene Toleranz lebt. Mit „Sweet Georgia Brown“ und „Gypsy Groovin‘“ folgten zwei weitere Zugaben bevor der begeisterte Applaus schließlich verebbte, der CD-Koffer-Laden seinen Deckel öffnete und gefühlte 50 Cds den Besitzer wechselten um die von vielen als durchaus erträglich empfundene Leichtigkeit des Seins auch mit nach Hause zu tragen.
gez. Dr. H. Schönecker