11.04.2014: Tango Transit – Jazzclub Biberach e.V.

11.04.2014: Tango Transit

„Tango Transit“ im Biberacher Jazzkeller

Durch Tango zu Jazz und guter Laune

BIBERACH – Der Dreiklang „Tango, Jazz und Piazzolla“ dominiert nicht mehr das musikalische Geschehen des Frankfurter Trios „Tango Transit“. Segelten die smarten Jungs bei ihrem letzten Biberacher Auftritt 2010 noch ganz im Fahrwasser der argentinischen Tango-Legende, so haben sie mit ihrer neuen CD-Produktion „Acrobat“ , die sie beim Freitagskonzert im Biberacher Jazzkeller präsentierten, selbstbewusst und auf hohem künstlerischen Niveau einen eigenen Dreiklang angestimmt: „Tango, Jazz und Gute Laune“.

Überwiegend unter Verwendung von Eigenkompositionen aus der neuen CD mit viel Esprit und hohem Unterhaltungswert, gelegentlich gar durch theatralische Einlagen aufgelockert, überraschten „Tango Transit“ nicht wenige ihrer erklärten Fans im gut besetzten Biberacher Konzert Publikum mit konsequenter Eigenständigkeit bei gewohnt hoher Virtuosität und unbändiger Leidenschaft. Piazollas Weg in die Nische zwischen dem straff rhythmisierten Tango als Gesellschaftstanz mit prallem Lebensgefühl, dem Jazz als spontanen Weg mit großen individuellen Freiheiten sowie der auskomponierten Strenge der experimentell-intellektuellen Avantgarde komplexer moderner Musik wird von Martin Wagner und seinen akrobatischen Mitstreitern (Hanns Höhn am Kontrabass und Andreas Neubauer am Schlagzeug) so überzeugend fortentwickelt, dass im Auditorium rundum nur helle Begeisterung verzeichnet wurde.

Die thematisch breit gestreuten Kompositionen von Martin Wagner und Hanns Höhn (Transsylvan Tango, Fat Cat, Night in Egypt, Vienna April, Zeitauge, Schlaf, etc.) bewegen sich dabei virtuos auf jenem schmalen Grat zwischen künstlerischem Anspruch und gehobener Unterhaltung, zwischen erfüllter Erwartung und gelungener Überraschung. Besonders Wagners beseeltes Spiel auf dem exquisiten Victoria- Massivholz-Akkordeon aus der Hochburg des italienischen Akkordeonbaus Castelfidardo ging buchstäblich unter die Haut. Seine sensible Balgführung ließ die Töne atmen und pulsieren, die subtile Binnendynamik modellierte melodische Linien zur charaktervollen Plastizität eindrucksvoller Wesenheiten, die weiten Spannungsbögen öffneten wundervolle Klangräume in ungeahnte Dimensionen. Der Tango umfasst nur eine davon, bildet aber gewissermaßen die Transitstrecke zwischen Konvention und Moderne. Jazz heißt dabei, alles wegzulassen, was ästhetisch nicht unbedingt notwendig ist. Dabei führt das immer wieder aufblitzende parodistische Element zur augenzwinkernden inneren Distanz einer glücklicherweise nicht abgehobenen Intellektualität.

Zwei temperamentvolle Zugaben rundeten das Programm des bestens aufeinander eingespielten hessischen Trios ab. Zur ans Konzert anschließenden Milonga fanden sich rund 10 Tanzpaare des Tanzsportvereins „Risstino“ e.V. zusammen, um dem Tango in klassisch gediegener Form zu huldigen. Für die verbliebenen Konzertbesucher ein weiterer ästhetischer Genuss.

 

gez. Schönecker