26.06.2009: Etna – Jazzclub Biberach e.V.

26.06.2009: Etna

Fetziges Konzert im Jazzkeller

ETNA aus München packen kraftvoll zu

Die drei Jungs um Bandleader Vlado Grizelj aus München hatten am Freitagabend im Biberacher Jazzkeller buchstäblich den Tiger im Tank. Die im Programm angekündigte „Dompteuse“, Komponistin, Pianistin und Sängerin Andrea Hermenau war zwar wegen einer wichtigen Prüfung nicht mit nach Biberach gekommen und nur in Form ihrer Kompositionen präsent, der mehrfach preisgekrönte „Ersatzmann“ Jan Eschke am Steinwayflügel, „einer der großen Klaviervirtuosen Deutschlands“ (Süddt. Zeitung) hatte es jedoch ebenfalls so richtig in sich. Und alle vier Musiker der Multikultitruppe ETNA zusammen bildeten einen Ausbund an Energie, der es mit dem höchsten europäischen Vulkan, in italienischer Schreibeweise „Etna“, mühelos aufnehmen konnte.

Hin- und her gerissen zwischen stilistischen Affinitäten zu den Jazzikonen Pat Metheney bei Vlado Grizelj oder Keith Jarrett bei Jan Eschke fand sich, vermittelt durch den kernig groovenden Drummer Manuel da Coll und den aus Ruanda stammenden Kontra- und E-Bassisten Yvo Fischer in den Kompositionen des bosnischen Gitarristen Vlado Grizelj musikalische Vollwertkost, deren kalorienreiche Zutaten aus Modern Jazz, Rock und Funk, melodisch gewürzt durch balkanische Spezialitäten und freche Zitate für das begeisterte Publikum zu einer ebenso herzhaften wie erlesenen Delikatesse wurde. Eben noch satt und druckvoll unter federnder Hochspannung verloren in virtuos spielerischer Ekstase, etwa in „Jumping Bug“ („Springmücke“), fanden die vier Wahlbajuwaren bruchlos ihren Weg zurück in unverstellt romantische Balladen („Lullaby“) mit weltvergessener Klangsinnlichkeit und entrückter Transzendenz – ein kreislaufstimulierendes Wechselbad intensivster Emotionalität.

Seit ETNA beim Biberacher Jazzpreis 2006 den Publikumspreis erringen konnte, hat sich die Formation musikalisch noch mal beträchtlich steigern können. Die Komposition „Tauwetter“ aus der Feder von Andrea Hermenau, gleichzeitig auch Titel der neuesten ETNA-CD, widerspiegelt wie kaum ein anderer Titel des Abends einen frischen, bereits voll ausgereiften modernen Jazzstil, der bei allen Anklängen an große Vorbilder ein hohes Maß an musikalischer Eigenständigkeit aufweist, mit großer gestalterischer Kraft neue Klangräume öffnet und bestimmt noch viele Fans finden wird.

Trotz später Stunde – wegen „höherer Gewalt“ konnte das Konzert leider erst mit einer halben Stunde Verspätung beginnen – gewährten die Münchner Vollblutjazzer gerne noch zwei Zugaben für die enthusiastischen Fans.

 

Gez. H. Schönecker