„Rootbears“ verbreiten musikalische Festfreude
Jazzkonzert im Schützenkeller-Saal bietet weihnachtliche Klänge der besonderen Art
Das Jazzkonzert der sechs „Rootbears“ am Tag vor Heiligabend hat in Biberach inzwischen fast Kult-Status. Selbst der Schützenkeller-Saal war am Freitag schon wieder zu klein. Schon gehen Planungsgedanken Richtung Stadt-, dann Donauhalle.
Die Kennung ihrer Unverwechselbarkeit: eine Föderation ausgeprägter Individualisten zu deren Schließanlage der Notenschlüssel passt. Stilsicherheit, Spielwitz, pulsierende Spontaneität, Qualität die mit souveräner Beiläufigkeit kredenzt wird. Nichts konnten 22 Jahre der Vitalität ihrer pulsierenden Boygroup-Dynamik anhaben. Würze durch Bonmot-Einwürfe in Leckerli-Qualität sind die Sahnehäubchen ihrer profilierten Bühnenpräsenz.
Ulrich Kuhn, mit ausgewachsenem Holzinstrument, vertrat diesmal Stammbassist Martin Schmid und begeisterte auf Anhieb. Perfekter Stallgeruch, kongeniale Vernetzung mit dem Habitus der Meute und Spielfreude brachte seine aufhorchenswerte Qualität zur Geltung. Christoph Reck (Gitarre), Hans-Peter Schmid (Posaune). Peter Schmidt (Schlagzeug), Magnus Schneider (Piano und Akkordeon) und Rüdiger Przybilla (Saxofon) schufen wieder ein packendes Programm, das trotz teils weihnachtsferner Thematik (Berlusconi) gediegenes Festgefühl nicht störte; schmackhaft angerichtet mit Schmiss, Latinwürze, einer Prise Elegie, Happening und dem bekanntem Gag-Pingpong nebst unvermeidlicher und unlösbarer Rätselfrage.
Profilstarke Arrangements, duo-, trio-, oder quartett-akzentuierte Präsentationen formten aparte Klangbilder. Dann wieder verströmte die Vollbesetzung ihr mitreißendes Sprühpotenzial. Bekannte Stücke wurden bärentypisch umgeschneidert: „Ihr Kinderlein kommet“ zum Beispiel durch Mollpassagen reizvoll „verschwermütigt“.
Das Bläserduo bestach im „Paarlauf“ durch Akkuratesse im Dialog, dann durch temporeiche Echoeffekte. Die Posaune zeigte strömende Wärme, gespürvollen Ansatz und gekonntes Pianissimo. Mit eruptiven Improvisationen und fetzigen Kapriolen riss der Saxofonist vom Hocker und brillierte als verruchter Barsänger.
Exakter Einsatz von Synkopen zog sich wie ein liebgewordener Sprachstil durch viele Passagen. Erneut zeigten die Bären mit „Oh des wär schee“ choreographie-verstärkt ihre Vokalisten-Qualitäitm Stil von „Rißtal-Harmonists“.
Bei „Tochter Zion“ spielte jeder tapfer ein ihm fremdes Instrument als ob er es könne. Der Gitarist heizte seine selbst gebauten Instrumente zu voller Klangblüte hoch, griff bestechende Harmonien, ließ Läufe funkeln. Piano und Akkordeon zeigten per Könnerhand bestechende Klangflüsse, quirlende Girlanden, rhythmisches Klangbett. Das von Haus aus brave Akkordeon hörte man hemmungslos swingen. Freude kam auf, wenn der Gast Bassist Zupf-Orgien zelebrierte und das Funkeln seiner Augen die Finger begleitete.
Der Schlagzeuger konnte zu einem temperamentvollen Solo überredet werden und gab dem Team mit unaufdringlicher aber bestimmender Technik sichere Tempi und packenden Drive. Erst nach der zweiten Zugabe, der einkerzig flambierten, piano unterplätscherten „Stille Nacht-Paraphrase“ der Posaune ging man „bärenbeschwingt“ nach Hause.
Dieter Schefold